Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
Sie ihm, dass Kamal al-Saud ihn sprechen möchte.«
»Kamal al-Saud, ja?«
»Genau.«
Nora betrat Fredos Büro und gab ihm ein Zeichen, das Telefon aufzulegen.
»Der Araber ist hier!«
»Wer?«
»Francescas Araber.«
»Al-Saud?«
»Genau der.«
»Er soll reinkommen«, sagte Fredo und ging ihm entgegen, um ihn zu begrüßen.
Kamal begrüßte ihn auf Englisch und reichte ihm die Hand. Fredo antwortete auf Französisch.
»Bitte verzeihen Sie, Monsieur al-Saud, aber ich spreche kein Englisch.«
»Dann lassen Sie uns Französisch sprechen.«
Fredo deutete auf die Sitzecke neben seinem Schreibtisch. Er nahm Kamal gegenüber Platz. Dann bat er Nora, Kaffee zu bringen und keine Anrufe durchzustellen.
»Ich muss gestehen, Monsieur al-Saud«, begann Fredo, »dass Sie die letzte Person sind, mit der ich hier gerechnet hätte. Ich bin äußerst überrascht.«
»Ich verstehe das und bitte um Verzeihung, dass ich mich nicht vorher angemeldet habe. Aber ich bin gerade erst in Córdoba angekommen und musste Sie unbedingt sehen. Sie können sich denken, dass ich wegen Francesca hier bin.«
»Hat sie Sie schon gesehen?«
»Nein. Ich wollte zuerst mit Ihnen reden.«
»Mit mir?«
»Sie sind wie ein Vater für Francesca, und ich fühle mich verpflichtet, bei Ihnen um ihre Hand anzuhalten. Außerdem wollte ich Ihnen persönlich versichern, dass Francescas Sicherheit nach den furchtbaren Ereignissen der Vergangenheit garantiert ist.«
Fredo lehnte sich im Sessel zurück und vermied es, den Araber anzusehen. Ihm war bereits aufgefallen, welche Macht diese grünen Augen auf andere ausübten. Nora kam herein und servierte den Kaffee. Bevor Fredo sie wieder hinausschickte, erkundigte er sich bei ihr, ob Francesca in ihrem Büro war.
»Nein«, sagte die Sekretärin. »Sie ist wegen einer Auskunft zum italienischen Konsulat gegangen. Aber sie wird bald zurück sein«, setzte sie rasch hinzu.
»Wenn sie zurückkommt, sag ihr nicht, dass Monsieur al-Saud bei mir ist. Aber sie soll an ihrem Platz bleiben, ich muss mit ihr reden.«
»Ja, in Ordnung«, antwortete Nora und verließ das Büro.
Fredo sah auf und begegnete dem unergründlichen Blick des Arabers. Es war ihm nur selten zuvor passiert, dass ihn ein Mann so beeindruckt und zugleich eingeschüchtert hatte wie al-Saud in diesem Moment.
»Ich weiß, von welchen furchtbaren Ereignissen Sie reden«, sagte er nach einer Pause. »Aber ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Francescas Mutter nicht weiß, was vorgefallen ist. Und so soll es auch bleiben.« Kamal nickte. »Ich habe auch von dem Baby gehört«, setzte er, jetzt milder, hinzu.
»Es war sehr schlimm für uns beide«, gab Kamal zu. »Aber für mich ganz besonders, weil ich mir die Schuld daran gab. Ich fühle mich immer noch schuldig.«
»Sie sagten, Francescas Sicherheit sei garantiert. Ich möchte Ihnen ungern widersprechen, Monsieur al-Saud, aber in Anbetracht der Tatsache, dass Ihr Land zur Zeit ein Pulverfass ist und Sie im Zentrum der Ereignisse stehen, fürchte ich, dass Francesca genauso gefährdet ist wie zuvor.«
»Wir werden nicht in Riad leben, sondern in Paris«, erklärte Kamal, und Fredo hob überrascht die Augenbrauen.
»Es heißt, Ihr Bruder, der derzeitige König, werde abdanken, und Sie würden seinen Platz einnehmen.«
»Mein Bruder, König Saud, wird abdanken, wie Sie richtig sagen, aber nicht ich, sondern mein Bruder Faisal wird seine Nachfolge antreten. Ich danke ab, bevor ich überhaupt König war«, sagte er mit einem Lächeln.
»Unterstützt Ihre Familie Ihren Amtsantritt nicht?«
»Im Gegenteil. Meine ganze Familie, Faisal inbegriffen, möchte, dass ich König werde.«
»Was ist es dann?«, fragte Fredo ungeduldig.
»Ich kann nicht den Thron und Francesca gleichzeitig haben. Und ohne sie kann ich nicht leben.«
Ein solches Geständnis von einem Mann wie Kamal machte Fredo sprachlos. Er war sich nun völlig sicher über den guten Charakter und die lauteren Absichten dieses Arabers, der ihm im ersten Moment so viel Argwohn eingeflößt hatte. Aber er wollte noch nicht klein beigeben.
»Ich stelle fest, dass die Liebe, die Sie Francesca entgegenbringen, aufrichtig ist. Aber mir ist auch bewusst, dass eine westlich erzogene Frau für einen Mann in Ihrer Position völlig inakzeptabel wäre.«
»Ich verstehe Ihre Bedenken«, beteuerte Kamal. »Ich bin um einiges älter als Ihre Nichte und entstamme einer anderen Kultur und einer anderen Religion. Es ist verständlich, dass Sie
Weitere Kostenlose Bücher