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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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aufmerksam.
    »Mekka ist die heilige Stadt.« Malik sprach zum ersten Mal. »Ungläubigen ist der Zutritt verboten.«
    Francesca sah zu Dubois herüber, der sich verärgert über die unausgesprochene Warnung des Chauffeurs räusperte.
    »Das wissen wir, Malik«, stellte er dann klar. »Wir würden es nie wagen, heiligen Boden zu entweihen.«
    Die Stimmung war angespannt, und alle fühlten sich unwohl, mit Ausnahme von Malik, der unerschütterlich hinterm Steuer saß und wieder in Schweigen versank. Barrenechea, stets gutgelaunt und zum Lachen aufgelegt, verwickelte den Botschafter in ein Gespräch über Dienstliches, und bald lösten sich die Anspannung und der Ärger.
    In der Nähe von Dschidda wurde die Luft kühler und die Landschaft grün. Die Wüste war zu Ende. Die Zufahrtsstraße, die an Armenvierteln und Industrieanlagen entlangführte, bot einen ungewohnten Ausblick auf Bäume, blühende Sträucher und weite Grasflächen, bei deren Anblick man sich gar nicht vorstellen konnte, dass sich nicht weit entfernt davon die glutheiße Wüste ausdehnte.
    »Prinz Kamals Anwesen liegt außerhalb«, sagte der Botschafter. »Wir kommen jetzt nicht in die Stadt. Nicht enttäuscht sein, Francesca. Wir werden noch Zeit haben, sie uns anzusehen.«
    Auf dem Gelände von Kamal al-Sauds Anwesen fuhr der Wagen noch ein ganzes Stück über gepflasterte Wege, die von Palmen und wildwucherndem Grün gesäumt waren, bevor sie das Haus erreichten, das inmitten eines gepflegten Gartens stand. Das strahlend weiße, dreistöckige Gebäude war schlicht und nicht sonderlich prunkvoll. Große Fenster aus dunklem, fast schwarzem Holz hoben sich von den Mauern ab, als schwebten sie in der Luft. Einige waren quadratisch, andere besaßen Rundbögen und waren über und über mit Schnitzereien und arabischen Inschriften geschmückt. Das Flachdach, bekrönt von dreieckigen Zinnen, verlieh dem Haus das Aussehen einer Festung.
    Die Eingangstür öffnete sich, und es erschien ein etwa fünfzigjähriger Mann in einer langen, makellos weißen Dishdasha und mit einem bunten Fes. Mauricio ging ihm entgegen, und sie umarmten sich innig. Francesca und der Militärattaché hielten sich im Hintergrund. Drei Burschen kümmerten sich um das Gepäck und wiesen Malik den Weg zu den Garagen.
    Mauricio stellte ihnen Kamals Hausverwalter Sadun vor, den er seit vielen Jahren kannte. Der Mann nahm den Fes ab und sprach ein paar Worte zur Begrüßung. Dann wandte er sich auf Arabisch wieder an den Botschafter.
    »Wir haben euch nicht vor dem späten Nachmittag erwartet. Der Herr Kamal wird erstaunt sein.«
    »Wir sind früher als vorgesehen aus Riad weggefahren«, entschuldigte sich Mauricio.
    »Heute Morgen gab es hier eine wunderbare Überraschung: Fadila und die Mädchen sind aus Taif gekommen. Sie werden einige Tage bei uns verbringen.«
    »Sind sie im Haus?«
    »Ja, und sie können es kaum erwarten, dich zu sehen«, setzte Sadun hinzu und bat sie mit einer Handbewegung hinein.
    Drinnen verbargen sich hinter der schlichten Fassade Überfluss und orientalischer Luxus. Der weitläufige, gewölbte Eingangsbereich, dessen roséfarbene Marmorwände mit farbenfrohen Teppichen geschmückt waren, ging in einen großen Raum über, der an ein Beduinenzelt erinnerte. Von der Mitte der Decke fiel ein weißer Stoff herab, der in üppigen Falten zu zahlreichen Befestigungspunkten an den Wänden geführt wurde, die wiederum mit dicken, schweren Taftbahnen verkleidet waren. Der Boden war vollständig mit Perserteppichen ausgelegt. In der Mitte stand ein niedriges, langes Palisandertischchen mit Einlegearbeiten aus Marmor, umgeben von dicken Kissen, Wasserpfeifen und kleinen Hockern. Das Sandelholz, das in einer kupfernen Räucherpfanne verbrannte, verbreitete einen angenehmen Duft.
    Ein Diener führte Militärattaché Barrenechea zu seinem Zimmer, während Francesca und Mauricio Sadun zum Harem folgten. Unterwegs erklärte ihr der Botschafter, dass der Begriff Harem auf das Wort haram zurückgehe, was so viel bedeute wie ›verboten‹. In diesem abgetrennten Bereich des Hauses, der in der Regel hinter einem Garten versteckt liege, hielten sich die Frauen ohne abaya auf. Deshalb dürfe er nur von anderen Frauen oder mahrans besucht werden, männlichen Verwandten, mit denen die Heirat für eine Muslimin ausgeschlossen sei: Väter, Brüder, Onkel, Großväter.
    »Und Sie dürfen rein?«, wunderte sich Francesca.
    »Abdul Aziz, Kamals Vater, hat mich als seinen Sohn angesehen und

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