Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
Anwesen erwarte.
11. Kapitel
Mauricio legte die Abreise auf den 2. Februar fest. Sie würden von Militärattaché Barrenechea, der an einem Waffengeschäft interessiert war, und Malik als Chauffeur der Delegation begleitet werden. Francesca wäre Kasem lieber gewesen, aber dem hatte Dubois die Sicherheit der Botschaft anvertraut.
Sara bedrängte sie, in Riad zu bleiben. Sie dürfe auf keinen Fall Kamal al-Saud begegnen oder gar unter seinem Dach leben. Die Algerierin war fassungslos über Francescas Fügsamkeit und hielt ihr eine ernste Standpauke über die Durchtriebenheit und Wollust der Araber.
»Er wird dich rumkriegen«, behauptete sie. »So sicher, wie es keinen Gott gibt außer Allah und Mohammed sein Prophet ist! Ich werde mit dem Botschafter sprechen und ihm meine Befürchtungen mitteilen, dann wird er dir erlauben, in Riad zu bleiben.«
»Gar nichts wirst du tun«, sagte Francesca bestimmt. »Außerdem wissen wir gar nicht, ob sich der Prinz in Dschidda aufhält. Sicher stellt er uns nur sein Haus zur Verfügung, während er in Europa unterwegs ist. Du entfachst einen Sturm im Wasserglas.«
»Er wird dort sein und dich erwarten«, prophezeite Sara. »Bist du nicht Frau genug, um zu merken, dass er dich begehrt?«
Francesca schob den Koffer zur Seite und setzte sich auf die Bettkante. Sie spürte, dass Kamal in Dschidda war. Bei dem Gedanken durchlief ein sehnsüchtiger Schauder ihren Körper. Es machte sie stolz, sich vorzustellen, dass er tatsächlich nur auf sie wartete. Saras Unkereien ärgerten sie nicht, im Gegenteil – sie wünschte, dass sie wahr wären. Im gleichen Moment bereute sie ihre Unbesonnenheit. Ich bin ein Flittchen, warf sie sich vor, denn was sie für den Araber empfand, entsprach in nichts dem reinen Gefühl, das sie Aldo entgegengebracht hatte. Es war eine sinnliche, körperliche Anziehung, das Verlangen, erobert zu werden, ihm zu gehören.
»Mal angenommen, er wäre dort«, fuhr Francesca fort. »Und nehmen wir außerdem an, dass er tatsächlich auf mich wartet. Glaubst du, ich habe keine moralischen Prinzipien?«
»Du hast keine Ahnung, mit wem du dich da einlässt. Wenn dieser Mann beschlossen hat, dass er dich will, werden ihn weder dein Wille noch deine Prinzipien davon abhalten. Er wird dich verführen und dich dann verlassen. Verwechsle diesen Mann nicht mit dem unerfahrenen Jungen, den du in Argentinien zurückgelassen hast, Francesca.«
Sie brachen zeitiger als geplant nach Dschidda auf. Es war eine Strecke von ungefähr achthundert Kilometern, die Malik in höchstens acht Stunden schaffen wollte. Am späten Nachmittag würden sie da sein.
Als sie Riad verließen, wurde die Landschaft unwirtlich. Die Einsamkeit und die Stille übertrugen sich auf die Autoinsassen. Kilometer um Kilometer gelber Sand säumte die Strecke. In der Ferne unterbrachen rötliche Felserhebungen, in eine ewige Staubwolke gehüllt, die einförmige Umgebung. Hin und wieder entdeckten sie eine Ansammlung von Zelten, Kamelen und Beduinen, die bald hinter den flirrenden Reflexen der Sonne auf dem Sand verschwanden.
Barrenechea, der Militärattaché, brach das Schweigen und befragte den Botschafter nach der momentanen Situation der Beduinen. Mauricio antwortete lang und ausführlich. Er erklärte auch, dass die Wüste, die sie gerade durchquerten, Hedschas heiße, und dass sie bald in die zweite große Region Saudi-Arabiens kämen, den Nadschd, der entlang des Roten Meeres verlaufe und die fruchtbarste Gegend des Landes sei, insbesondere der Süden, an der Grenze zum Jemen. Mauricio erzählte auch von den Kämpfen, die König Abdul Aziz geführt hatte, um das Gebiet zurückzuerobern, das sein Erzfeind Ali bin Hussein seinem Vater abgenommen hatte.
Es war fast Mittag, als sie in der Nähe des kleinen Hirten- und Töpferdorfs Zalim an einer heruntergekommenen Raststätte anhielten, um zu tanken und den Imbiss zu sich zu nehmen, den Sara vorbereitet hatte. Die Männer unterhielten sich, während sie aßen. Francesca, die wegen der Hitze und der Aufregung keinen Appetit hatte, ging ein Stückchen und beschattete ihr Gesicht mit der Hand, während sie sich in der Gegend umsah. Seit sie Riad verlassen hatte, hatte sich die Landschaft nicht verändert: Sand, Staub, verdorrte Sträucher und ein lästiger Wind. Doch als sie nun dieser beeindruckenden Aussicht gegenüberstand, fühlte sie sich klein und unbedeutend.
Gegen zwei Uhr nachmittags machte sie der Botschafter auf die Abzweigung nach Mekka
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