Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
Anstalten machte, sich ihr zu nähern, stürzte sich Francesca auf ihn und hämmerte mit den Fäusten gegen seine Brust. Es war ein erbitterter, stummer Kampf, bis Kamal sie schließlich überwältigte. Unfähig, sich zu bewegen, weinte Francesca schließlich vor Wut in seinen Armen. Dann löste sie sich langsam von ihm und sah ihn fassungslos an.
»Weshalb haben Sie mich hierhergebracht?«, fragte sie noch einmal. »Weshalb haben Sie mich aus Genf weggeholt?«
»Weil ich dich für mich haben will.«
Francesca kehrte ihm den Rücken zu und schlug verwirrt die Hände vors Gesicht, überwältigt von der Realität, die ihr plötzlich so deutlich vor Augen geführt worden war. Tausend Dinge gingen ihr durch den Kopf, aber sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Als Kamal ihre Schultern berührte, zuckte sie zusammen.
»Hab keine Angst vor mir«, bat er.
Ja, sie hatte Angst vor ihm. Vor seiner magnetischen Anziehungskraft, seiner Macht. Er war ein Araber, ein harter, launischer Tyrann, und doch begehrte sie ihn so sehr! Wie sehnte sie sich danach, erneut von ihm geküsst zu werden und sich durch seine Leidenschaft lebendig zu fühlen!
»Das ist völlig verrückt«, dachte sie laut.
»Ja, das ist es!«, bestätigte er und drehte sie zu sich herum. »Es macht mich wahnsinnig, dich zu sehen, deine Stimme zu hören, deinen Duft zu riechen, dich zu berühren so wie jetzt. Ich verliere den Verstand vor Leidenschaft und Verlangen. Küss mich!«, befahl er, während er ihr Gesicht festhielt und ihre Lippen suchte.
Kamals Ungestüm ließ sie erschaudern. Sie gab jeden Widerstand auf, umschlang seinen Rücken und erwiderte seinen Kuss, seine Umarmungen mit derselben Leidenschaft, die von ihm ausging und sie unweigerlich mitriss. Es erschien ihr unsinnig zu versuchen, ihn nicht zu begehren. Sein Körper, sein Lächeln, seine Gesten, seine Augen, die sie verzaubert hatten – alles, was zuvor eine Qual für sie gewesen war, genoss sie nun rückhaltlos und ohne Gewissensbisse. Der Kampf zwischen dem, was sie tun sollte, und dem, was ihr Herz ihr sagte, war in diesem Augenblick ausgefochten.
»Was wird jetzt aus mir?«, fragte sie sich.
»Du gehörst zu mir«, antwortete Kamal.
»Wir sind so verschieden«, wandte sie ein. »Unsere beiden Welten haben sich immer bekämpft. Jahrhunderte voller Hass und Krieg stehen zwischen uns. Ach, Kamal, ich habe solche Angst!«
»Vergiss die Welt, die Religion, die Vergangenheit! Das Einzige, was zählt, ist die Leidenschaft, die wir füreinander empfinden. Hab keine Angst. Ich werde dich beschützen und nicht zulassen, dass dir jemand wehtut. Sag, dass du mir gehörst. Sag es!«
»Ja, ich gehöre dir!«
***
An diesem Abend erschien Valerie unter dem Vorwand, an Kopfschmerzen zu leiden, nicht beim Abendessen. Am nächsten Morgen reisten sie und ihr Vater sehr früh nach Paris ab. In den nächsten Tagen verging Francesca vor Glück. Morgens sprang sie voller Tatendrang aus dem Bett, und der Tag erschien ihr zu kurz, um das Gefühl auszukosten, das sie empfand, wenn Kamal in der Nähe war oder wenn er sie leidenschaftlich küsste.
Trotzdem machte sie sich Gedanken und wurde von Zweifeln geplagt. Vor allem fragte sie sich, was ihre Mutter und Fredo sagen würden, wenn sie davon erfuhren, und was Fadila und die restliche Familie al-Saud denken würden, die so sehr den Traditionen und dem Islam verbunden waren. Francesca wollte diese Zeit in Dschidda genießen, ohne sich Sorgen um die Zukunft zu machen, und gab sich damit zufrieden, dass Kamal sich um alles kümmern würde. Es gab Nächte, in denen sie nicht schlafen konnte, wenn sie darüber nachdachte, was es bedeutete, sich mit einem saudischen Prinzen einzulassen. Doch wenn Kamal am nächsten Morgen im Speisesaal mit dem Frühstück auf sie wartete und seine Augen vor Liebe leuchteten, wenn er sie sah, zählte das alles nichts mehr. Francesca brauchte nur seine Stimme zu hören oder ihn einen Raum betreten zu sehen, und ihre Befürchtungen waren wie weggeblasen und sie strahlte wieder vor Glück. Ihre Erfahrung mit Aldo erschien ihr nun, im Rückblick, kindisch und unreif. Sie hatte nur den einen Sinn gehabt, sie nach Riad, zu Kamal zu führen. Obwohl sie sich bemühte, es nicht zu tun, verglich sie die beiden miteinander, und dann kam ihr Aldo wie ein ängstlicher kleiner Junge vor, der nicht imstande gewesen war, den Vorurteilen einer konservativen Gesellschaft und Familie die Stirn zu bieten.
Wenn Kamal sich in sein
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