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Was der Hund sah

Was der Hund sah

Titel: Was der Hund sah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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ihren beiden Töchtern und ihrem Freund, einem 37-jährigen Schlosser, in der Popeil-Villa in Newport Beach. Als S. J. während des Prozesses zu dem Schlosser befragt wurde, antwortete er: »Ich war froh, dass er sie mir abgenommen hat.« Das war typisch S. J. Doch als Eloise elf Monate später aus dem Gefängnis entlassen wurde, heiratete S. J. sie ein zweites Mal. Auch das war typisch S. J. Wie ein früherer Kollege meinte: »Er war ein komischer Vogel.«
    S. J. Popeil war ein Bastler. Mitten in der Nacht wachte er auf und kritzelte hektisch einige Entwürfe auf einen Block, den er neben dem Bett liegen hatte. Stundenlang schloss er sich in seiner Küche ein, hinterließ ein Chaos und kam mit glasigen Augen wieder heraus. Er liebte es, hinter seinen Technikern zu stehen und ihnen dabei zuzusehen, wie sie einen seiner Prototypen zusammensetzten. Ende der vierziger und Anfang der fünfziger Jahre arbeitete er fast ausschließlich mit Plastik und interpretierte die Küchenklassiker in einem subtilen, modernistischen Gewand neu. »Popeil Brothers hat damals diese schönen Mehlsiebe hergestellt«, erinnert sich Tim Samuelson, Museumsdirektor der Chicago Historical Society und Popeil-Kenner. »Sie benutzten Kunststoffe in kontrastierenden Farben oder rührten Farbwirbel in durchsichtiges Plastik.« Samuelson wurde zum Popeil-Fan, nachdem er eine original Doughnut-Maschine aus rotem und weißem Kunststoff erworben hatte; noch heute benutzt er einen Chop-O-Matic, wenn er zu Hause Salate zubereitet. »Ihre Sachen hatten immer einen besonderen Touch. Nehmen Sie den automatischen Eierwender. Auf den ersten Blick sieht er aus wie eine ganz normale Kelle, aber wenn Sie den Griff zusammendrücken, dreht sie sich und wendet das Spiegelei ganz automatisch.«
    Der Designer Walter Herbst, dessen Unternehmen lange für Popeil Brothers gearbeitet hat, berichtet, dass S. J. »immer ganzheitlich dachte. Er kam immer morgens damit an.« Herbst imitiert S. J.s barschen Tonfall. »›Wir brauchen eine bessere Methode, um Kraut zu hobeln.‹ Das war Leidenschaft, absolute Leidenschaft. Einmal, da hat er morgens wahrscheinlich Grapefruit gegessen. Er kommt an, ruft mich zu sich und sagt: ›Wir brauchen eine bessere Methode, um Grapefruit zu zerteilen!‹« Am Ende stand ein Messer mit zwei Schneiden im Abstand von einem Millimeter, mit denen sich die beiden Seiten der Haut zwischen zwei Grapefruitschnitzen gleichzeitig durchschneiden ließen. »Ein paar Ecken weiter war ein kleiner Gemüseladen. Also schickt S. J. seinen Chauffeur los, um Grapefruit zu kaufen. Wie viele? Sechs. In den nächsten zwei Wochen sind aus sechs zwölf geworden, und aus zwölf zwanzig. Irgendwann haben wir am Tag dreißig, vierzig Grapefruits geschnitten. Die in dem Laden hatten wahrscheinlich keine Ahnung, was wir mit den ganzen Grapefruits angestellt haben.«
    S. J. Popeils genialste Erfindung war ohne jeden Zweifel der Veg-O- Matic, der 1960 auf den Markt kam und im Grunde nichts anderes war als eine Küchenmaschine, nur ohne Motor. Das Herzstück des Geräts war eine Reihe von schmalen, scharfen Messerchen, die wie Gitarrenseiten über zwei mit Teflon beschichtete Metallringe gespannt waren. Die Ringe selbst wurden speziell in einem Werk in Illinois gefertigt und bestanden aus 364 Alcoa, einer besonderen Aluminiumlegierung. Wenn die beiden Ringe so eingestellt waren, dass die Messer parallel verliefen, dann kam eine Kartoffel, die auf der einen Seite hineingedrückt wurde, auf der anderen in feinen Scheiben wieder heraus. Und wenn der Ring gedreht wurde, sodass die Messer ein Gitter bildeten, dann kam sie gestiftelt heraus. Die Ringe befanden sich in einem edlen Plastikgehäuse, und zu dem Gerät gehörte außerdem ein Stößel, mit dem das Gemüse durch die Messer gedrückt wurde.
    Technisch gesehen war der Veg-O-Matic ein Triumph: Die Methode zur Herstellung von Klingen, die stabil genug waren, um dem Gemüse standzuhalten, wurde patentiert. Doch im Verkauf stellte er eine Herausforderung dar. S. J.s Produkte waren bis dahin von Straßenhändlern vertrieben worden, die genug Gemüse mitbrachten, um die Vorführungen eines ganzen Tages zu bestreiten. Doch der Veg-O- Matic war einfach zu gut. Nach Berechnungen von Popeil Brothers konnte er in nur einer Minute 120 Eierviertel, 300 Gurkenscheiben, 1 150 Kartoffelstifte oder 3 000 Zwiebelwürfel schnippeln. Damit wären die Gemüsemengen, die üblicherweise für einen ganzen Tag ausreichten, in wenigen Minuten

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