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Was der Hund sah

Was der Hund sah

Titel: Was der Hund sah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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mit dem Hammer gegen die Tür des Showtime, um seine Robustheit zu demonstrieren. Geschickt bereitet er ein Hähnchen vor, schiebt es auf den patentierten, zweizackigen Bratspieß und hängt diesen in den Ofen. Dann wiederholt er den Prozess mit zwei weiteren Hähnchen, mit marinierten Lachssteaks und einem Braten. Die ganze Zeit hält die Kamera auf seine Hände, die dauernd in Bewegung sind und elegant den Showtime bedienen, während seine beruhigende Stimme den Zuschauern jeden einzelnen Schritt erklärt. »Ich schiebe es einfach nur hier durch. Es ist ganz einfach. Dann mache ich es hier drüben fest. Jetzt will ich noch mit ein paar Kräutern nachwürzen. Ich schiebe es einfach nur zurück. Ich mache die Glastür auf. Ich stelle den Ofen auf eine Stunde ... Einstellen und vergessen.«
    Warum ist diese Vorführung so wirkungsvoll? Weil der Showtime, genau wie der Veg-O-Matic vor ihm, so entworfen wurde, dass er der Star ist. Von Anfang an wusste Ron, dass die Tür vollständig aus Glas sein und schräg angebracht werden musste, um so viel Licht wie möglich in den Ofen zu lassen. Auf diese Weise waren das Hähnchen, der Truthahn oder der Braten, die sich im Innern drehten, ständig sichtbar. Alan Backus erinnert sich, dass Ron nach der ersten Version des Showtime besessen war von der Qualität und Gleichmäßigkeit der Bräune und zu dem Schluss kam, dass die Rotationsgeschwindigkeit des Spießes noch nicht optimal war. Ursprünglich drehte sich der Spieß mit vier Umdrehungen pro Minute. Ron machte in seiner Küche einen Vergleichstest und grillte ein Hähnchen nach dem anderen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, bis er überzeugt war, dass er bei sechs Umdrehungen pro Minute die optimale Bräune erzielte. Ein Marketingexperte hätte vermutlich Fokusgruppen organisiert. Dann hätte er erklärt, dass Ron mit seinem Grillofen Lebensstil und Gesundheit verkaufte, und davon abgeraten, Hunderttausende Dollar auszugeben, um die Produktion umzustellen und eine noch goldenere Bräune zu erzielen. Doch Ron wusste, dass die perfekte Bräune entscheidend war, genau wie die schräge Glastür: Jeder Aspekt des Designs musste die Transparenz und Effizienz des Geräts während der Vorführung sichtbar machen - je besser es auf der Bühne aussieht, um so einfacher ist es für den Verkäufer am Ende, die Kurve zu kriegen und zu kassieren.
    Wenn Ron der Erfinder des Videorekorders gewesen wäre, dann hätte er das Gerät also nicht einfach in einem Werbefilm verkauft. Er hätte den Videorekorder selbst schon so entworfen, dass er der Hauptdarsteller eines Werbefilms wäre. Er hätte beispielsweise niemals eine Digitaluhr eingebaut. (Nicht umsonst ist das unselige Blinken der zurückgesetzten Uhr zu einem Symbol der Frustration geworden.) Das Band würde nicht in einen verborgenen Schacht verschwinden, sondern wäre gut sichtbar wie das Hähnchen im Grillofen, damit man zusehen könnte, wie sich während der Aufnahme die Spulen drehen. Die Bedienelemente wären keine diskreten Knöpfchen, sondern sie wären groß und würden beim Drücken beruhigend laut klicken. Jeder Schritt der Programmierung wäre mit einer großen Nummer versehen, und Sie könnten Ihren Videorekorder einfach einstellen und vergessen. Rons Videorekorder wäre aus rotem und weißem Kunststoff mit durchsichtigen Wirbeln, oder aus 364 Alcoa-Aluminium in einer kräftigen Primärfarbe, und er würde oben auf dem Fernseher stehen, damit ihn Freunde und Nachbarn beim Besuch sofort sehen könnten und staunen würden: »Wow, Sie haben ja einen Ronco Tape-O-Matic!«
7.
    Ron Popeil hatte keine glückliche Kindheit. »Ich erinnere mich daran, wie ich mir eine Ofenkartoffel gemacht habe. Ich glaube, ich war damals vier oder fünf«, erzählt er mir. Wir sitzen in seiner Küche und haben gerade ein paar Spare Ribs aus seinem Showtime probiert. Es ist nicht einfach, ihm einige Erinnerungen zu entlocken, denn er hält sich nicht gern mit der Vergangenheit auf. »Ich konnte die Kartoffel gar nicht schnell genug hinunterschlingen, so einen Hunger hatte ich.« Normalerweise ist Ron dauernd in Bewegung, er gestikuliert mit den Händen, schnippelt Gemüse und läuft hin und her. Doch nun hält er inne. Seine Eltern trennten sich, als er noch ein kleiner Junge war. S. J. zog nach Chicago. Rons Mutter verschwand. Er und sein älterer Bruder Jerry wurden in ein Internat im Bundesstaat New York gesteckt. »Meine Mutter habe ich nur ein einziges Mal gesehen. Meinen Vater habe ich

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