Was der Hund sah
da, komprimiert. Also habe ich mich spontan sehr wohl gefühlt da.« Er unternahm mehrere Reisen nach Haiti und blieb mal eine, mal zwei Wochen. Er lernte Leute kennen und lud einige von ihnen nach Dallas ein. »Es hat mich gepackt und nicht mehr losgelassen. Das Ganze hat eine nicht-rationale, nicht-lineare Seite. Ich wollte über eine bestimmte Epoche schreiben und ganz bestimmte Dinge wissen. Aber es gab eine Menge, was ich nicht unbedingt wissen musste. Ich habe zum Beispiel einen Typen von ›Save the Children‹ kennen gelernt, der war auf dem Central Plateau. Das ist mit dem Bus gut zwölf Stunden entfernt. Ich hatte eigentlich keinen Grund, dorthin zu fahren, aber ich bin einfach mal hin. Was hab ich in dem Bus gelitten. Es war eine harte Tour, aber genial. Es hatte nichts mit dem Buch zu tun, aber es war kein vergeudetes Wissen.«
Vier Geschichten aus Brief Encounters with Che Guevara spielen in Haiti - es sind die stärksten des Buchs. Man kann das Land spüren und meint, sie seien aus der Innensicht geschrieben und nicht von einem Außenstehenden. »Nachdem der Roman fertig war, hatte ich einfach das Gefühl, da ist noch viel mehr. Also bin ich immer wieder hin«, erzählt Fountain weiter. »Ich finde immer irgendwas. Wie oft war ich da? Bestimmt dreißig Mal.«
Wunderkinder wie Picasso begeben sich selten auf unbestimmte Suchen wie diese. Sie arbeiteten »konzeptionell«, so Galenson, das heißt, sie haben zu Beginn eine klare Vorstellung von dem, was sie wollen, und setzten es dann um. »Ich verstehe die Bedeutung nicht, die man dem Wort ›Recherche‹ gibt««, sagte Picasso einmal in einem Interview mit dem Künstler Marius de Zayas. »Meiner Ansicht nach hat Suchen nichts mit Malen zu tun. Ich suche nicht, ich finde.« Und er fuhr fort: »Die unterschiedlichen Stile meiner Kunst stellen keine Entwicklung oder Schritte auf ein unbekanntes Ideal hin dar. .. Ich habe nie experimentiert.« Spätzünder arbeiten oft genau andersherum, behauptet Galenson. Sie experimentieren. »Sie haben keine klaren Ziele, also gehen sie tastend und Schritt für Schritt vor«, schreibt er.
Diese unklare Zielsetzung hat zur Folge, dass diese Künstler selten das Gefühl haben, etwas erreicht zu haben, und in ihrer Arbeit oft ein einziges Thema verfolgen. Diese Künstler wiederholen sich, sie malen immer wieder dasselbe Motiv und verändern ihren Stil in einem experimentellen Trial-and-Error-Verfahren. Jede Arbeit führt zur nächsten und hat an sich keine hat besondere Bedeutung, weshalb experimentelle Künstler ein Bild selten mit Skizzen oder Plänen vorbereiten. Der Malprozess ist für sie eine Suche, sie entdecken das Motiv im Verlauf der Arbeit und sind in der Regel überzeugt, dass der Lernprozess wichtiger ist als das fertige Bild. Experimentelle Künstler entwickeln ihre Fähigkeiten allmählich im Fortgang ihrer Karriere und verbessern ihre Arbeiten langsam und über lange Zeiträume hinweg. Diese Künstler sind Perfektionisten und werden in der Regel von Frustrationen heimgesucht, weil sie nicht in der Lage sind, ihr Ziel zu erreichen.
Anders als Picasso, der finden wollte, erklärte Cezanne: »Ich suche beim Malen.«
Ein experimenteller Autor ist jemand, der dreißig Mal nach Haiti reist, denn nur so findet er heraus, was er schaffen will. Als Cezanne das Porträt des Kritikers Gustave Geffroy malte, zitierte er diesen über drei Monate hinweg achtzig Mal zu Sitzungen in sein Atelier, ehe er das Projekt für gescheitert erklärte. (Das Ergebnis ist eines der Meisterwerke im Musee d’Orsay.) Als er seinen Händler Ambrose Vollard malte, ließ er diesen 150 Mal um acht Uhr morgens in sein Studio kommen und bis halb zwölf auf einem klapprigen Podest Platz nehmen, ehe er das Porträt schließlich verwarf. Er malte Szenen, änderte sie und malte sie wieder. Cezanne war bekannt dafür, in einem Anfall von Frustration seine Gemälde zu zerschneiden.
Mark Twain war ein ähnlicher Fall. Galenson zitiert den Literaturwissenschaftler Franklin Rogers zu der Trial-and-Error-Methode des Vaters von Tom Sawyer. »Er fing einen Roman mit einer groben Struktur im Kopf an, doch diese Struktur erwies sich meist als unzureichend. Also suchte er nach einer neuen Handlung, die das Problem löste, schrieb alles um, was er bis dahin geschrieben hatte, und arbeitete weiter, bis sich ein neues Problem auftat und ihn zwang, das Spiel wieder von vorn anzufangen.« Mark Twain bastelte und verzweifelte und revidierte und verwarf
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