Was der Hund sah
Kleidung eines anderen Menschen kopiere): »Wer eine Idee von mir erhält, erhält Wissen, ohne meines zu schmälern - genau wie jemand, der seine Kerze an meiner entzündet, Licht erhält, ohne meines zu verdunkeln.«
Lessig vertritt die Auffassung, bei der Wahrung des Gleichgewichts zwischen privaten und öffentlichen Interessen hätten der Kongress und die Gerichte das Gewicht in den letzten Jahren zu sehr in Richtung der privaten Interessen verschoben. Als Beispiel führt Lessig den Kampf einiger Entwicklungsländer an, die eine Öffnung des Generikamarktes fordern und verlangen, Medikamente aus anderen Entwicklungsländern einführen zu dürfen, die eine Lizenz zur Herstellung dieser Medikamente erhalten haben. Mit dieser Maßnahme könnten unzählige Menschenleben gerettet werden. Trotzdem lehnen die Vereinigten Staaten diesen Schritt ab, nicht weil sie damit die Gewinne der Pharmakonzerne gefährden würden (die ohnehin kaum patentierte Medikamente in Entwicklungsländer exportieren), sondern weil dies die Unantastbarkeit des geistigen Eigentums verletzen würde. »Unsere Prioritäten sind aus dem Lot geraten«, schreibt Lessig. »Unsere Kultur wird heute von einem Eigentumsfanatismus beherrscht, der unserer Tradition fremd ist.«
Doch selbst die Vertreter dieses Fundamentalismus räumen ein, dass geistiges Eigentum seine Grenzen hat. Die Vereinigten Staaten wollen den Entwicklungsländern den Zugang zu preisgünstigen Versionen von amerikanischen Medikamenten nicht für alle Zeiten verwehren. Sie müssen nur warten, bis die Patente für diese Medikamente erloschen sind. Lessig ist sich mit den extremen Vertretern der Urheberrechte lediglich uneins, wo die Grenze zwischen dem Recht auf geistiges Eigentum und dem Recht auf freie Nutzung einer Idee gezogen werden soll, aber nicht ob .
Ein Plagiat ist jedoch etwas vollkommen anderes, und das ist das Seltsame. Die ethischen Regeln, die festlegen, was Autoren von anderen kopieren dürfen, sind sehr viel strenger als die extremste Position der Gralshüter des geistigen Eigentums. Im Falle der Literatur sind Plagiate beispielsweise in keinem Fall hinnehmbar. Vor einiger Zeit wurde Laurence Tribe, Juraprofessor an der Universität Harvard, beschuldigt, sich für sein Buch God Save This Honorable Court aus dem Jahr 1985 bei dem Historiker Henry Abraham bedient zu haben. Die konservative Zeitschrift The Weekly Standard listete eine Reihe ähnlicher Formulierungen auf, doch der Stein des Anstoßes war der folgende Satz: »Präsident Taft erklärte in der Öffentlichkeit, Pitney sei ›ein schwacher Vertreter‹ des Gerichts, dem er keine Fälle übertragen könne.« Das war’s. Neunzehn Wörter.
Kurz nachdem ich von Frozen erfahren hatte, besuchte ich einen Freund, der in der Musikbranche tätig ist. In seinem Wohnzimmer in der Upper East Side spielte er mir stapelweise CDs vor. Zuerst legte er »Angel« von Reggaesänger Shaggy auf, dann »The Joker« von der Steve Miller Band, und bat mich, auf die Basszeile zu achten. Er spielte »Whole Lotta Love« von Led Zeppelin und danach »You Need Love« von Muddy Waters, um mir nur ein Beispiel dafür zu geben, wie stark sich Led Zeppelin beim Blues bedient hatte. Er spielte »Twice My Age« von Shabba Ranks and Krystal und den süßlichen Popklassiker »Seasons in the Sun«, bis ich den zweiten im ersten erkannte. Er legte »Last Christmas« von Wham! auf, gefolgt von Barry Manilows »Can’t Smile Without You«, um mir zu demonstrieren, warum Manilow vermutlich stutzte, als der den Song zum ersten Mal hörte. Dann spielte er »Joanna« von Kool and the Gang, denn »Last Christmas« war ebenso eine Hommage an Kool and the Gang. »Dieser Nirvana- Sound, erst leise, dann laut und explosiv, der stammt zum Teil von den Pixies«, erklärte mir mein Freund. »Aber Kurt Cobain« - der Frontmann und Sänger von Nirvana - »hat es geschafft, etwas ganz Eigenes daraus zu machen. ›Smells Like Teen Spirit‹« - der vermutlich bekannteste Song von Nirvana - »das ist ›More Than a Feeling‹ von Boston.« Er summte die Melodie des Boston-Hits. »Als ich ›Teen Spirit‹ zum ersten Mal gehört habe, wusste ich sofort, das ist der Gitarrenriff von ›More Than a Feeling‹. Aber es war anders, genial, eindringlich und neu.«
Er legte eine andere CD auf, »Do Ya Think I’m Sexy« von Rod Stewart, das in den Siebzigern ein Riesenhit war. Der Refrain ist ein Ohrwurm, den vermutlich schon Millionen Amerikaner unter der Dusche
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