Was der Nachtwind verspricht
und stieg so schnell auf, dass sie fast in den Sattel des weißen Hengstes zu springen schien. Pferd und Reiterin verschwanden hinter einer Ecke des Hauses, ein Kosake folgte ihnen.
Es geschah nicht oft, dass Wassili Petroff sprachlos war. Und noch seltener, dass eine Frau ihm die Fassung raubte. Die hier blickte nicht einmal zurück. Sie hatte ihre kleine Rede vorgetragen, und dann hatte sie ihn offenbar aus ihren Gedanken gestrichen. Noch nie zuvor hatte sich eine Frau ihm gegenüber so verhalten.
Lazar stellte sich neben Wassili und blickte ebenfalls dorthin, wo Alexandra Rubliow verschwunden war. Ohne ihn anzusehen, sagte Wassili: »Wenn du lachst, wirst du meine Faust zu spüren bekommen.«
Lazar lachte zwar nicht, aber sein Grinsen war nicht zu übersehen. »Glaubst du, das würde mich davon abhalten?«
Die beiden Freunde waren bekannt dafür, dass sie ohne großen Grund aneinandergerieten. Stefan hatte Lazar gebeten, Wassili zu begleiten, um ihn aus Schwierigkeiten herauszuhalten. Aber er hatte sie scherzend ermahnt, sich nicht gegenseitig umzubringen, bevor sie nach Kardinien zurückkehren konnten. Die sechs Wachen, die auf Stefans Befehl die beiden Freunde begleiteten, hatten die Aufgabe, eben dafür zu sorgen. Außerdem sollten sie ihnen auf den Bergpässen, die von Banditen nur so wimmelten, den Rücken freihalten.
»Du hättest Schwierigkeiten weiter zu lachen«, versprach Wassili.
»Stimmt... aber worüber beklagst du dich eigentlich? Du solltest dich freuen. Jetzt brauchst du ihr nicht mehr zu zeigen, was für ein ekliger Kerl du sein kannst. Sie hat dir genau das gesagt, was du hören wolltest, du muss test nicht einmal nachhelfen.«
»Genau das, was ich hören wollte?« wiederholte Wassili verärgert. »Du hast wohl nicht richtig zugehört, Lazar. Diese kleine Bäuerin will mich nicht heiraten, aber sie erwartet, dass ich die Verlobung auflöse. So gerne ich das auch tun würde, du weißt, dass ich es nicht kann.«
»Ja, aber du bist doch jetzt dank ihrer unerwarteten Enthüllung deinem Ziel sehr viel näher gekommen. Du hast schon die halbe Schlacht gewonnen, ohne auch nur einen Schuss abzufeuern. Es kann doch nicht so schwer sein, sie dazu zu bewegen, die Verlobung aufzulösen, wenn du ihr erklärst, dass du es nicht tun kannst. Sie ist auf deiner Seite, mein Freund. Sie will dich nicht.«
Nachdem er das gesagt hatte, konnte Lazar sich nicht mehr beherrschen: Er fing an zu lachen. Es war wirklich unglaublich komisch. Und Wassilis finsterer Blick war noch viel komischer. Wer hätte gedacht, dass die einzige Frau, die wirklich die Möglichkeit hatte, Wassili zu heiraten - oder es zumindest annahm -, ihn nicht wollte, während Hunderte anderer Frauen sich gegenseitig umgebracht hätten, um an ihrer Stelle zu sein?
»Übrigens«, fügte Lazar hinzu, nur um es Wassili unter die Nase zu reiben, »ich glaube nicht, dass du sie auch nur im geringsten mit deiner großartigen Zurschaustellung von Verachtung beeindrucken konntest. Ich kann es ihr nicht verübeln, schließlich habe ich den Blick gesehen, den du ihr zugeworfen hast, bevor du wusste st, wer sie ist.« Er brach ab, weil er von einem Lachanfall geschüttelt wurde. »Ich kann es nicht erwarten, Stefan und Serge alles zu erzählen. Sie werden mir kein Wort glauben!«
8
»Setzt Euch, Wassili - Ihr gestattet doch, dass ich Euch so nenne?«
Konstantin wartete seine Antwort nicht ab, sondern setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Sein Arbeitszimmer sah so aus, wie man es bei einem Mann in seinen Jahren erwarten konnte, einfach und schlicht. Es erinnerte Wassili an das Arbeitszimmer seines Vaters, bevor Maria nach seinem Tod ein Nähzimmer daraus gemacht hatte.
»Obwohl wir uns nie kennengelernt haben, kommt es mir so vor, als ob ich Euch schon Euer ganzes Leben lang kennen würde«, sagte Konstantin zu ihm. »Euer Vater hat nur von Euch geredet. Er war so stolz auf Euch. Am liebsten hätte er Euch überall herumgezeigt und auf seine Reisen und Jagdausflüge mitgenommen, aber er war der Meinung, Euer Unterricht sei wichtiger, besonders, da Ihr die gleichen Lehrer wie der Kronprinz hattet. Auch darauf war er ungeheuer stolz, da er selbst nie solche Möglichkeiten hatte. Er hatte ja keinerlei Verbindung zur Königsfamilie, bevor er Eure Mutter heiratete. Aber ich weiß, dass er Euch nach Eurem achtzehnten Geburtstag mit nach Russland nehmen wollte. Ich kann mich noch erinnern, wie er ...«
Konstantin schwelgte über eine Stunde lang in
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