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Was der Nachtwind verspricht

Was der Nachtwind verspricht

Titel: Was der Nachtwind verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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entgegenstreckte, ignorierte er diese und griff nach der Hand, in der sie das gebutterte Brot hielt. Mit zwei spitzen Fingern und undurchdringlichem Gesichtsausdruck, hinter dem er sicher seinen Abscheu verbarg, nahm er ihr das Brot aus der Hand und legte es beiseite. Dann, bevor sie ihre Hand zurückziehen konnte, streifte er ihr einen Ring über den Finger.
    Er war etwas zu eng und wäre wahrscheinlich gar nicht über ihren Finger gegangen, wenn nicht alle ihre Finger völlig mit Butter beschmiert gewesen wären. Sie starrte einen Moment lang auf den Ring und war ganz verwirrt darüber, dass sie ihn so wunderschön fand. Es war ein riesiger Diamant, umgeben von einer Reihe funkelnder Saphire, Smaragde und Rubine.
    »Da ich jetzt meine Pflicht erfüllt habe, könnt Ihr wieder gehen und Euch dem Packen widmen«, sagte Wassili. »Ich gebe zu, dass es eine Zumutung ist, für die ich Euch um Entschuldigung bitte, aber wir müssen morgen früh unbedingt abreisen. Ich hoffe jedoch, Ihr werdet heute nacht zumindest ein wenig Schlaf abbekommen. Ihr solltet Euch also beeilen.«
    Seine Entschuldigung klang - zumindest in ihren Ohren - so falsch wie sein Wunsch, sie möge ein wenig Schlaf erhaschen. Für die anderen hörte es sich wahrscheinlich aufrichtig an. Sie war jetzt noch viel wütender auf diesen Mann - wegen seiner Falschheit und seiner Schauspielerei in Gegenwart ihres Vaters, wo sie doch seine wahren Gefühle kannte. Dass sie selbst hierhergekommen war, um den Anwesenden etwas vorzuspielen, war egal. Sie hatte offensichtlich ihre Zeit verschwendet.
    Da sie hungrig war, griff sie wieder nach dem Stück Brot. Dann ging sie zur Tür.
     

11
    Wassili war schon bei Anbruch der Dämmerung wach. Der Grund lag nicht darin, dass er vorhatte, zu einer derart unwirtlichen Stunde abzureisen. Er hatte vielmehr eine rastlose Nacht mit wenig Schlaf hinter sich, aus dem er häufig hochgeschreckt war. Als die Sonne am Horizont aufging, war er hellwach. Er konnte sich nicht erinnern, jemals eine derart höllische Nacht erlebt zu haben.
    Zum Teil war Alexandras Bemerkung schuld, er solle über das nachdenken, was sie ihm gesagt hatte, und ihre Worte Es wird wahrscheinlich Eure letzte friedliche Nacht sein. Was zum Teufel hatte sie damit nur gemeint? Ihre Worte hatten ihn um den Schlaf bringen sollen, aber sie hatte ihm noch weitaus schlimmere Nächte versprochen.
    Der andere Grund für seine Schlaflosigkeit war merkwürdigerweise Alexandra selbst. Wassili hatte selten eine Frau getroffen, die mit derart zerzausten Haaren herumlief, es sei denn, sie kam gerade aus seinem Bett. Dazu diese verdammte rote Schärpe, die sich so eng um ihre Taille wand und enthüllte, was für eine wohlproportionierte Figur sie hatte. Und erst dieses weiße Leinen, das sich über ihre großen, schweren Brüste spannte.
    Ihr Anblick hatte ihn erregt. Und trotz der hitzigen Worte, die sie in seinem Zimmer gewechselt hatten, und des unangenehmen Themas war er immer noch erregt gewesen, als sie wieder gegangen war. Und dann wieder, als sie kurz beim Essen erschienen war und genauso zerzaust ausgesehen hatte.
    Er hätte etwas dagegen unternehmen, sich vielleicht eine der kichernden Mägde holen sollen, die ihn gestern umschwirrt und ständig gefragt hatten, ob er einen Wunsch habe. Die Mädchen hätten ihm jede gewünschte Gefälligkeit erwiesen, das hatten sie ihm deutlich zu verstehen gegeben. Aber um Konstantin Rubliows willen wollte er sich von seiner besten Seite zeigen, und deshalb verbot es sich von selbst, dass er mit einer der Dienerinnen ins Bett ging, während seine Verlobte ein paar Türen weiter schlief.
    Zum Glück würde sie der Baron auf der Rückreise nicht begleiten. Er - Wassili - konnte also sein korrektes Benehmen abstreifen, sobald er und seine Männer sich von Rubliow verabschiedet hatten. Er muss te an das Mädchen denken - ihren Namen hatte er schon vergessen -, das neulich nachts in der Poststation sein Bett geteilt hatte. Sie würden in der kommenden Nacht wieder dort Station machen, und ganz gewiss würde ihn die Kleine wieder mit ihren Reizen beglücken. Und dieses Mal würde er dafür sorgen, dass Alexandra es mitbekam. Je eher sie Anstoß an seinem Benehmen nahm und verlangte, er solle sie zu ihrem Vater zurückbringen, desto eher konnte er sich von dem Gefühl befreien, in der Falle zu sitzen.
    Da Wassili sowieso nicht mehr schlafen konnte und hellwach war, be schloss er, dass sie genauso gut zu dieser frühen Stunde aufbrechen

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