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Was der Nachtwind verspricht

Was der Nachtwind verspricht

Titel: Was der Nachtwind verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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einem feineren Rock, der mit schwarzem Pelz besetzt war und zu der Pelzmütze passte , unter der sie ihr Haar verborgen hatte.
    Innerlich kochte er immer noch wegen ihres jüngsten Affronts, und zugleich ärgerte er sich noch aus einem anderen, unerklärlichen Grund schon wieder über sie. War es ihre Kleidung? Er hatte sich tatsächlich darauf gefreut, sie in einem Kleid zu sehen. Selbst wenn sie Reitkleidung getragen hätte, wäre es doch ein Reitkostüm für Frauen gewesen. Er hatte erwartet, dass sie wie eine Frau gekleidet sein würde, da man ihm gesagt hatte, die Reithosen seien ihre Arbeitskleidung. Und da sie auf der Reise nicht arbeiten würde, hätte sie die Reithose auch nicht tragen sollen. Und doch saß sie in Männerkleidung auf ihrem Pferd. Sie sah ungeduldig aus - und wunderschön im Licht des frühen Morgens.
    Er sah auf ihre linke Hand und bemerkte, dass sie den Ring nicht trug. Warum überraschte ihn das nicht? Sie wartete zweifellos auf den richtigen Moment, um ihm den Ring ins Gesicht zu werfen.
    Die Karren fielen ihm erst nach einer Weile auf, aber sofort wurde er misstrauisch . Unter dem Segeltuch der Abdeckung türmten sich Gegenstände. Sie sahen extrem schwerfällig aus und waren ganz gewiss zu schwer für die vier Pferde, die vor jeden Karren gespannt waren.
    Er sagte kein Wort zu seiner Verlobten, die ihn stumm beobachtete. Er lenkte sein Pferd zu den Karren hinüber und besah sich deren Ladung. Einer der Karren war mit mindestens einem Dutzend Reisekoffern vollgestopft. Der andere enthielt noch ein paar weitere Koffer, außerdem Saumzeug, Sättel und jede Menge Säcke mit Getreide. Glaubte sie etwa, er würde ihr nichts zu essen geben?
    Alexandra lenkte ihr Pferd zu ihm hinüber und blieb hinter ihm stehen. Sie sagte immer noch nichts, sondern beobachtete ihn nur und wartete auf den Moment, in dem er begreifen würde, was sie vorhatte. Er brauchte gar nicht so lange.
    Er drehte sich um, sah sie an und sagte nur ein Wort: »Nein.«
    Sie versuchte nicht einmal, über sein Nein zu diskutieren, sondern zog nur die Augenbrauen hoch und sagte zu ihm: »Wir sind noch nicht verheiratet, Petroff. Ihr glaubt doch wohl nicht, dass Ihr mir Vorschriften machen könnt, oder etwa doch?«
    Er verlor weder die Beherrschung, noch ließ er durch seinen Gesichtsausdruck erkennen, wie wütend ihn ihre Worte machten. Statt dessen zog er ebenfalls die Augenbrauen hoch - das konnte er viel besser als sie - und entgegnete ihr: »Ihr glaubt doch wohl nicht, dass ich das nicht kann, oder etwa doch?«
    Sie sah ihn mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen an. »Ihr versucht es zumindest. Aber in diesem Fall verschwendet Ihr nur Eure Zeit. Es handelt sich hier nicht um einen kurzen Besuch, zu dem Ihr mich mitschleift, sondern um ein neues Leben. Ich werde doch meinen Besitz nicht einfach zurücklassen. Wenn Ihr das gedacht habt, dann habt Ihr Euch getäuscht.«
    »Das verlangt doch auch niemand von Euch«, erwiderte er.
    »Dann gibt es nichts mehr zu sagen.«
    »Ganz im Gegenteil. Ich gebe Euch fünfzehn Minuten, um das Notwendigste, das Ihr für die Reise benötigt, zusammenzupacken - dazu gehören übrigens keine Säcke mit Getreide. Und dann ...«
    Sie unterbrach ihn mit einer Erklärung. »Das Getreide ist von bester Qualität und für meine Babys bestimmt. Ich traue dem Futter nicht, das von den Poststationen angeboten wird.«
    Da ihre Worte überhaupt keinen Sinn für ihn ergaben und ihn auf das Äußerste verwirrten, konnte er gerade noch herausbringen: »Babys?«
    Sie brauchte ihm nicht zu antworten, denn in diesem Moment führte ein Stallknecht drei weiße Vollblüter aus dem Stall. Hinter ihm kam noch ein Stallknecht mit drei weiteren Pferden, dann noch einmal drei, dann ... Als Wassili aufhörte zu zählen, standen sechzehn der herrlichen Tiere auf dem Hof.
    »Eure?« fragte er nur.
    »Jedes einzelne davon«, erwiderte sie mit unverkennbarem Stolz in der Stimme.
    Er konnte nicht widerstehen zu sagen: »Euer Vater ist wirklich außergewöhnlich großzügig.«
    »Mein Vater hat mir Sultan zu meinem sechzehnten Geburtstag geschenkt.« Sie klopfte dem Tier, auf dem sie saß, liebevoll auf die Flanke, damit er wusste , wer Sultan war. »Alle meine anderen Babys habe ich selbst gekauft, eingetauscht oder gezüchtet.«
    Was für eine Leistung, hätte er am liebsten gesagt. Aber er tat es nicht. Momentan sah er nur, dass sie die Pferde über die Berge bringen wollte, trotz des nahenden Winters und trotz der vielen

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