Was der Nachtwind verspricht
Vielleicht hätte er sie zuerst verführen und dann ignorieren sollen? Dieses verdammte Frauenzimmer, konnte sie denn nicht einmal richtig reagieren? Muss te sie denn in jeder Beziehung anders sein?
Selbst bei den wenigen Malen, als sie zufällig einige Worte miteinander gewechselt hatten und er seine Verachtung überdeutlich gezeigt hatte, schien das einfach an ihr abzuprallen. Wassili vermutete inzwischen sogar, dass sie seine zur Schau gestellte Herablassung irgendwie amüsant fand. Natürlich gab es nichts, worauf er den Finger hätte legen können. Sie verzog ihre Lippen kein bisschen , und in ihren hübschen blauen Augen regte sich nichts. Dieser ganz und gar nichtssagende Blick, mit dem sie ihn ansah, war so völlig ohne Ausdruck, dass er einfach verdächtig sein muss te.
Tatsache war, dass er bei seiner Verlobten nicht wusste , was er tun sollte. Er war einfach zu sehr daran gewöhnt, mit Frauen nur auf eine mögliche Art und Weise umzugehen - mit gezielt eingesetztem Charme und seinen Verführungskünsten. Keines von beiden würde funktionieren, wenn er erreichen wollte, dass Alexandra ihn verabscheute.
Es war ein Fehler gewesen, sie zu küssen und sie beinahe noch einmal zu küssen, auch wenn er damit nur hatte erreichen wollen, dass sie von ihrer Drohung abließ, in aller Öffentlichkeit peinliche Szenen zu machen. Dieser Fehler hatte schwerwiegende Folgen für ihn selbst, da er lieber nicht herausgefunden hätte, wie perfekt ihr Körper zu dem seinen passte . Und er hätte voll und ganz auf das Wissen verzichten können, dass sie nach Ambrosia schmeckte, Haar wie gesponnene Seide besaß und ihre Haut sich wie warme Seide anfühlte. Und dieses Gefühl, wenn sich ihre wundervollen Brüste an ihn drückten ...
Es war ein noch größerer Fehler gewesen, diese Brüste nicht gründlich zu erforschen, als er die Chance dazu hatte, denn jetzt träumte er davon, wie er sie liebkoste, daran sog und in sie biss . Er träumte davon, wie sie unter ihm lag und vor Lust stöhnte. Wie kam er eigentlich dazu, überhaupt von ihr zu träumen?
»Ich kann dir nicht sagen, ob sie nun versuchen, dir weitere Szenen von Alexandra in der Öffentlichkeit zu ersparen«, bemerkte Lazar leichthin, »oder ob sie ihr helfen, sämtliche Frauenzimmer von dir fernzuhalten.«
Auf Wassilis Anordnung hin saßen sie heute Abend in einem eigenen Esszimmer , bei dem es sich allerdings nur um einen kleinen Alkoven handelte, der sich auf einer Seite zur Wirtsstube hin öffnete, in dem der Rest ihrer Reisegesellschaft saß. Wassili blickte hinüber, um zu sehen, was Lazar meinte, und bemerkte, dass die Zwillinge Stenka und Timofee um die Aufmerksamkeit der Küchenhilfe konkurrierten. Und auf der anderen Seite des Raumes tuschelte Konrad, ihr älterer Bruder, mit der Köchin.
Sie waren in einer kleinen Poststation, wo es keine Serviermädchen gab. Und doch waren die einzigen beiden Frauen, die hier arbeiteten, bereits in ein Gespräch verwickelt. So war es schon die ganze Woche gewesen. Sämtliche anwesenden Frauen wurden sofort von den Kosaken in Beschlag genommen. Wassili war viel zu sehr in Grübeleien versunken, um es zu bemerken oder sich groß darum zu kümmern.
»Was immer sie auch tun, du kannst sicher sein, dass es nicht zu meinem Vorteil ist«, murmelte Wassili.
»Warum reitest du morgen nicht zur nächsten Stadt voraus und amüsierst dich dort ein bisschen ?« schlug Lazar vor. »Vielleicht komme ich ja auch mit.«
»Eine ausgezeichnete Idee, aber ich traue Alexandra nicht. Sie bringt es fertig und taucht in der nächsten Stadt auf, wenn ich so etwas vorhabe.«
Und außerdem würde er sie nicht im Freien übernachten lassen, wenn er nicht da war, um sie zu beschützen. Er war schließlich dazu verpflichtet, ob ihm das nun passte oder nicht.
Voller Empörung fügte Wassili hinzu: »Entweder das - oder sie kommt in die Stadt und nimmt sie auseinander, bis sie das Frauenzimmer gefunden hat, mit dem ich geschlafen habe. Und dann wird sie ihr die Ohren abschneiden.«
Lazar brach in lautes Gelächter aus. Wassili warf ihm einen finsteren Blick zu, da er das überhaupt nicht lustig fand.
»Also«, sagte Lazar, »ich habe gehört, dass sie mit der Reitpeitsche viel besser umgehen kann als mit dem Messer.«
»Wer hat dir das erzählt?«
»Einer von den Stallburschen. Ein junger Leutnant hatte eines ihrer Pferde misshandelt .«
Wassili stöhnte. »Sie ist also wirklich gewalttätig.«
»Nur wenn sie verteidigt, was ihr gehört.«
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