Was der Winter verschwieg (German Edition)
sehr gut, was wir wollen.“ Der blonde Holländer überprüfte das Magazin der Pistole, die er einem Agenten weggenommen hatte.
„Dann seid euch auch darüber im Klaren, wie ihr es kriegen wollt“, entgegnete Sophie. War das tatsächlich sie, die da sprach und mit Terroristen verhandelte? „Ihr seid nicht dumm und schon so weit gekommen. Ihr könnt jetzt ohne weitere Zwischenfälle abhauen.“
Der Mann starrte sie an. Dann blitzten seine Augen auf, und er lächelte Sophie kalt an. „Madame Bellamy. Wir kennen Sie.“
Guter Gott. Sie wussten, wer sie war. Vermutlich war ihnen dann auch nicht entgangen, dass sie zum Team der Anklage gehört hatte. Sie spürte, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich, auch wenn sie versuchte, keine Reaktion zu zeigen. „So gut, wie wir den Fall der Kuumba Mine kennen“, fügte er hinzu. „Und die Voraussetzungen, um Konten in Ländern zu eröffnen, die kein Auslieferungsabkommen haben.“
Schwach, wie aus großer Entfernung, drang der Klang von Sirenen in den Raum. Sophie dachte kurz an die Zwickmühle, in der die Geiselnehmer sich befanden. Wenn sie hierblieben, gäbe es eine Pattsituation – die irgendwann unweigerlich in einem wilden Schusswechsel enden würde.
„Nichts davon wird euch nützen“, sagte sie, „wenn ihr zulasst, hier umzingelt zu werden.“
Das Klingeln eines Handys sorgte dafür, dass Sophies Entführer sich anspannte und ihr damit in Erinnerung rief, dass sie nur einen Abzug weit vom Tod entfernt war. Einer der Männer, der ihr vorher schon aufgefallen war – auf seine Cateringjacke war der Name Karl gestickt –, durchwühlte die Taschen eines gefallenen Agenten und holte ein Handy heraus. Er warf dem Holländer einen Blick zu und ging dann ran. Sophie versuchte zu hören, was gesagt wurde, doch er sprach zu leise und außerdem auf Holländisch.
„Ihr braucht keine Gruppe von Geiseln“, sagte sie zu den Männern, die um sie herumstanden. „Ehrlich gesagt, solltet ihr jetzt gehen, solange es noch möglich ist. Wenn ihr versucht, hierzubleiben und um eurer Vermögen zu feilschen, werdet ihr verlieren.“ Sie schaute von einem Mann zum anderen. „Solche Situationen wie diese hier enden immer tödlich.“
Der nächste schnelle Wortwechsel wurde in einem umojanischen Dialekt geführt. Sophie verfügte zwar über gewisse Grundkenntnisse der Sprache, verstand jedoch nicht, was gesagt wurde. Der Afrikaner gab einen Befehl, und die Männer, die wie Kellner angezogen waren, gingen zur Tür. Der Holländer trat zu dem Attaché und reichte ihm ein Handy. Der Junge, der Sophie die ganze Zeit über bewacht hatte, packte ihren Arm und zog sie mit sich.
Sie versuchte, sich zu wehren, doch sein Griff war wie eine eiserne Klammer. Der Afrikaner wandte sich ihr zu. „
Madame
, Sie müssen mit mir kommen.“
Sie schaute ihm ins Gesicht und entdeckte nicht das kleinste bisschen Menschlichkeit. Nur eiskalte Entschlossenheit. Sophie dämmerte, dass sie die ideale Geisel war. Sie war einfach zu überwältigen, unbewaffnet und wehrlos. Aber sie sprach auch mehrere Sprachen und war in diplomatischen Kreisen bekannt, was ihren Wert als Tauschobjekt steigerte.
Kurz überlegte sie, sich heftig zur Wehr zu setzen. Sie spürte, dass der Attaché sie mit Blicken dazu bringen wollte, und wusste, dass er ihr helfen würde. Doch sie wusste auch, dass das sein Todesurteil wäre.
Wie betäubt nahm sie wenige Sekunden später wahr, wie sie in einen Lieferwagen der Cateringfirma gestoßen wurde. Es tut mir so leid, dachte sie und wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, diese stumme Nachricht an ihre Kinder zu schicken. Sie war in der Hand von Mördern. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Max und Daisy nie wiedersehen würde, war groß. Doch die beiden würden es überleben. Trotz all ihrer Fehler als Mutter wusste Sophie, dass ihre Kinder klug und robust waren. Vielleicht war sie keine gute Mutter gewesen, aber wenigstens das hatte sie ihnen mitgegeben.
Es schneite immer noch. Sie saß eingeklemmt zwischen dem Holländer und dem afrikanischen Jungen auf der vorderen Sitzbank des Lieferwagens, die Beine in einem seltsamen Winkel neben den Schaltknüppel gequetscht. Ihre Entführer machten sich nicht die Mühe, sie zu fesseln. Sie gingen richtigerweise davon aus, dass sie keine Gefahr für sie darstellte.
Vier weitere Verschwörer hockten im hinteren Bereich des Wagens und protestierten wild auf Französisch und Holländisch. Die ganze Operation war schiefgelaufen, weil Sophie
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