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Was der Winter verschwieg (German Edition)

Was der Winter verschwieg (German Edition)

Titel: Was der Winter verschwieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Frühstück. Es war köstlich.“
    „Gern geschehen.“
    „Ich wollte jetzt zum Haus der Wilsons hinuntergehen“, schlug sie vor. „Um mich schon einmal ein wenig einzurichten.“
    „Sie gehen bei diesem Wetter nirgendwo alleine hin.“
    „Ich habe schon Schlimmeres überlebt“, murmelte sie.
    „Ach ja? Was denn?“
    „Unter Waffengewalt als Geisel genommen zu werden und mit einem Lieferwagen von einer Brücke zu stürzen.“
    Er lachte herzhaft. „Dann sollte ich wohl besser anfangen, Sie Xena zu nennen.“
    Gut. Sie wollte, dass er dachte, sie würde Witze machen. Hier in dem gemütlichen Farmhaus mitten im Nirgendwo klang die Geschichte ja auch zu absurd.
    „Ich habe eine Idee. Ich muss hier noch ein paar Arbeiten erledigen, aber danach kann ich Sie zu Ihrem Haus begleiten.“
    „Ich fühle mich, als sollte ich Sie bezahlen“, erwiderte Sophie. „Ich habe Ihnen so viele Umstände bereitet. Mir scheint, ich habe dem Wort ‚pflegeintensiv‘ eine ganz neue Bedeutung gegeben.“
    „Sie wissen, dass ich Ihr Geld nicht nehmen würde.“
    Ja, das hatte sie sich schon gedacht. „Dann finde ich einen anderen Weg, Ihnen all das zurückzuzahlen, was Sie für mich getan haben.“
    „Einverstanden.“ Er lächelte. „Ich bin in einer halben Stunde zurück.“
    Er verließ das Haus, um seine Arbeiten zu erledigen. Sophie hatte noch nie an einem Ort gelebt, an dem die Menschen Arbeiten erledigen mussten. Oder vor acht Uhr am Morgen ihre Nachbarn besuchten. Oder Welpen mit der Flasche aufzogen. Oder Fremde bei sich übernachten ließen.
    Und sie war eine Fremde. Eine Fremde in einem fremden Land. Sogar sich selbst war sie fremd. Sie erkannte ihr eigenes Leben nicht mehr. Die urbane, in einer Wohnung lebende, auf ihre Karriere konzentrierte Sophie hatte sich über Nacht in eine arbeitslose, eingeschneite Frau in geliehenen Stiefeln verwandelt, die liebevoll von Dr. Doolittle umsorgt wurde. Ihre Kollegen in Den Haag würden ihren Augen nicht trauen, wenn sie sie jetzt sehen könnten.

9. KAPITEL
    D aisy Bellamy plante ihren Tag, wie ein Feldherr eine Belagerung planen würde. Das schlechte Wetter und ihr Baby sorgten dafür, dass sie jede Kleinigkeit im Voraus bedenken musste. Sie trat ans Fenster und schaute hinaus. Es schneite immer noch, aber nicht mehr so stark. Die breite, von Bäumen gesäumte Straße mit den Holzhäusern war ganz in Weiß gehüllt und sah aus wie eine Märchenlandschaft. Ohne den üblichen Verkehr wirkte sie, als würde sie aus früheren Zeiten stammen, als die Menschen noch ohne Hast und Eile gelebt hatten und es völlig normal gewesen war, mit achtzehn ein Baby zu bekommen.
    Natürlich hätte man ihr in den „guten alten Zeiten“ keine Wahl gelassen. Sie hätte den Vater des Kindes heiraten müssen.
    Daher war sie sehr froh, in der heutigen Zeit zu leben und eine Wahl zu haben.
    Ein paar Minuten lang betrachtete sie die malerische Szenerie draußen. Ganz eindeutig war sie nicht die Einzige in der Straße, die unter einem Hüttenkoller litt. Überall sah sie Menschen – Männer, die ihre Gehwege freischaufelten, Kinder in Schneeanzügen, die Burgen bauten oder ihre Schlitten hinter sich herzogen, Langläufer, die auf ihren dünnen Skiern dahinglitten, Pärchen, die mit über die Schulter geschlungenen Schlittschuhen auf dem Weg zum Willow Lake waren, andere, die einfach nur spazieren gingen, weil der Schnee trotz der Kälte unglaublich schön war.
    Daisy wollte ebenfalls raus, zumal sie einen handfesten Grund hatte, das Haus zu verlassen. Sie und Charlie trafen sich mit einer möglichen Tagesmutter. Irmas Haus war nur ein paar Blocks entfernt, und der Spaziergang würde ihnen beiden guttun. Sie fing langsam an, sich in dem kleinen, unordentlichen und überheizten Haus gefangen zu fühlen. Es wäre vollkommen in Ordnung gewesen, Irma anzurufen und den Termin aufgrund des Wetters zu verschieben, aber Daisy wollte, dass Charlie ein wenig Zeit dort blieb, bevor er seine Tage regelmäßig bei einer Tagesmutter verbrachte. Sobald das Wintersemester am staatlichen College anfing, würde Charlie drei Tage die Woche vier Stunden am Tag bei Irma bleiben.
    In der Theorie klang das nicht so schlimm. Doch jetzt kamen Daisy die Stunden auf einmal ewig lang vor.
    Kopf hoch, Daisy, sprach sie sich selbst Mut zu. Niemand hatte gesagt, dass es einfach würde. Aber sie hatte schon wesentlich schwerere Dinge überlebt.
    Sie steckte Charlie in seinen Schneeanzug und fädelte seine Beine dann vorsichtig in

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