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Was der Winter verschwieg (German Edition)

Was der Winter verschwieg (German Edition)

Titel: Was der Winter verschwieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Sophie hatte darauf bestanden. Er ging wieder nicht ran, also hinterließ sie ihm eine kurze Nachricht und sagte, dass sie es später noch einmal versuchen würde. Vorsichtshalber schickte sie ihm auch noch eine SMS. Die heutigen Handys und Smartphones erlaubte es einem, jederzeit mit allen in Kontakt zu bleiben. Man konnte den Stundenplan seiner Kinder herunterladen, alle Termine für die Familie koordinieren. Man konnte in Kontakt oder unerreichbar sein. Sie war sich nicht sicher, ob das gut war.
    Sophie wusste, dass sie jederzeit bei Greg anrufen und nach ihrem Sohn fragen konnte, aber die Vorstellung gefiel ihr überhaupt nicht. Es gab nur wenige Dinge, die sie mehr hasste, als Greg anzurufen. Nicht weil sie ihren Exmann hasste. Ganz im Gegenteil, es gab immer noch diesen kleinen, erbärmlichen Teil von ihr, der ihn noch liebte und ihn immer lieben würde. Ihre Scheidung an sich war in beiderseitigem Einvernehmen vonstattengegangen. Sie war einfach unausweichlich gewesen. Eine Tatsache, die sie beide wussten und bedauerten.
    Dennoch hasste sie es, hasste es mehr als alles andere auf der Welt.
    Vielleicht abgesehen davon, mit seiner Frau zu sprechen. Das hasste sie am allermeisten.
    Obwohl sie auch Nina nicht hasste.
    Doch sie konnte es auf den Tod nicht leiden, mit ihr zu sprechen.
    In ihrer ersten einsamen Nacht im Haus am See wünschte Sophie sich beinahe, sie hätte den Welpen bei sich. Als sie aufwachte, schossen ihr Erinnerungen an Den Haag durch den Kopf, aber die lösten sich sofort in einer Flut weißen Lichts auf. Sophie stieg aus dem Bett und sah, dass noch mehr Schnee gefallen war. Sehr viel mehr Schnee. Auf der dem See zugewandten Seite der Hütte war er bis zu den Fensterbänken hinaufgeweht.
    Zu ihrer Überraschung war es schon später Vormittag. Noch nie hatte der Jetlag sie so mitgenommen. Sie schob es darauf, eingeschneit zu sein. Seitdem sie hier war, hatte sie nicht mehr auf die Zeit geachtet. Wieso auch, wenn sie doch sowieso nirgendwo hingegen konnte. Sie schaute nach, ob sie irgendwelche Nachrichten empfangen hatte. Max hatte ihr per Instant Messenger die Information geschickt, dass er nur den halben Tag in der Schule wäre und nachmittags Eishockeytraining hatte. Diese Information musste sie erst einmal verdauen. Ihre Nerven vibrierten vor Anspannung. Ihr Sohn hatte sein eigenes Leben, seinen eigenen Stundenplan – und darin kam sie nicht vor.
    Noch nicht, sagte sie sich.
Noch
spielte sie darin keine Rolle. Doch sie wollte, musste wichtig für ihre Kinder sein. Max hatte sicherlich die üblichen Probleme, die Kinder nun mal hatten, und seine Mutter nicht bei sich zu haben machte sein Leben bestimmt nicht einfacher. Wie würde er auf ihre ständige Anwesenheit reagieren? Freudig? Abweisend? Gleichgültig? Ganz sicher würde er sich freuen, sie wiederzuhaben. Auch wenn sie sein ganzes Leben lang gearbeitet hatte, erinnerte sie sich noch an den fröhlichen kleinen Jungen, der er einst gewesen war. Daran, wie sein Gesicht sich erhellt hatte, wenn sie von der Arbeit nach Hause gekommen war. An die gestohlenen gemeinsamen Stunden am Wochenende. Insgeheim betete sie, dass er sich auch noch daran erinnerte. Sie wollte ihre beiden Kinder besser kennenlernen, wollte sehen, zu was für Menschen sie wurden, und hoffte, dass es noch nicht zu spät war.
    Sie nahm ein Bad, wobei sie wieder darauf achtete, ihr Knie nicht zu benetzen. Dann schlüpfte sie in den dicken Bademantel, den sie in einem der Schränke gefunden hatte, und föhnte sich die Haare. Aus dem Fenster schaute sie über den See, dieses unendliche, windgepeitschte weiße Feld. Ein Farbfleck in der Ferne erregte ihre Aufmerksamkeit. Einer der Nachbarn ein paar Häuser weiter befreite einen Teil des Sees vom Eis. Vermutlich zum Schlittschuhlaufen.
    Sie wohnte an einem See, auf dem man Schlittschuh laufen konnte. Das würde Tariq ihr niemals glauben. Sophies Freunde kannten sie als weltgewandte Großstadtpflanze. Eine rustikale Hütte an einem See – sie würden denken, sie hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank.
    Was, je nachdem, wie man die Sache betrachtete, durchaus stimmte.
    Jegliche Gedanken an den Vorfall in Den Haag wurden stets von einer kribbeligen Unruhe begleitet. Sie musste dringend mal raus. Vielleicht war das der perfekte Zeitpunkt, um sich dem Mann, der das Eis säuberte, als neue Nachbarin vorzustellen.
    Sie versuchte, sich dem Wetter angemessen anzuziehen: Strumpfhose, Wollhose, Kaschmir-Twinset. Sie griff nach den

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