Was der Winter verschwieg (German Edition)
Welpe“, wiederholte sie. „Noah, wie konntest du nur? Das ist ein lebendiges Wesen, kein Spielzeug.“
„Ja. Die lebendigen sind mir die liebsten.“
„Klugscheißer. Als Tierarzt solltest du am besten wissen, wie schlimm es ist, wenn ein Tier stirbt.“
„Ja, klar weiß ich das. Ich weiß aber auch, wie die zehn bis fünfzehn Jahre davor sind. Es ist schrecklich, sein Haustier zu verlieren, ja. Aber es ist schlimmer, überhaupt niemals eines gehabt zu haben.“
„So denkt aber nicht jeder.“
„Wie wäre es, wenn du es deinen Jungen einfach mal ausprobieren lässt? Ein Hund kann ihm viel über das Leben beibringen. Und darüber, sich um jemanden zu kümmern, tolerant zu sein und loszulassen, wenn es an der Zeit ist.“
Sie wollte ihm widersprechen, merkte aber, dass sie es nicht konnte. Noah hatte ihr den Hund und damit eine große Verpflichtung übertragen. Sie hasste es, dass Max einen Grund brauchte, zu ihr zu kommen, aber andererseits sah sie auch langsam ein, dass ein zwölfjähriger Junge Bedürfnisse hatte, die selbst eine perfekte Mutter nicht erfüllen konnte.
„Du hast mir das Angebot, den Hund mitzunehmen, in Max’ Gegenwart gemacht. Ich hatte keine Wahl.“ Ein eisiges Gefühl durchflutete sie. „Ich hasse es, in der Falle zu sitzen.“
„Bist du sauer, weil dein Junge einen Hund bekommen hat oder weil ich die Idee zuerst hatte?“
Der gegnerische Anwalt hat ein gutes Argument vorgebracht, dachte sie, entschied sich aber, nicht darauf einzugehen. „Mir gefällt einfach nicht, was da unterschwellig mitschwingt – dass ich für meinen Sohn nicht gut genug bin. Dass die Wochenenden mit mir zu verbringen so langweilig ist, dass es einen Welpen und ein verdammtes Rockkonzert braucht, um ihn zum Bleiben zu überreden.“
„Also hatte er an diesem Wochenende Spaß?“, fragte Noah.
„Er hat einen Welpen bekommen, mit einer Liveband abgehangen, einen Baseballstar getroffen und, oh, das hätte ich beinahe vergessen, er ist auch noch mit Tina Calloway, der Tochter eines Goldmedaillengewinners, Schlittschuh laufen gewesen. Er hatte ein
großartiges
Wochenende.“
„Was ist dann dein Problem?“
„Jetzt bist du gemein.“
„Nein, bin ich nicht. Ich versteh dich einfach nur nicht, Sophie.“
„Das Problem ist, dass
ich
gerne der Grund für sein tolles Wochenende sein möchte.“
„Würdest du dich damit zufriedengeben, der Grund für
mein
tolles Wochenende zu sein?“ Noah zog die Jacke aus und hängte sie an die Garderobe.
„Jetzt versuchst du, das Thema zu wechseln.“
„Und ob ich das versuche. Glaubst du, es bringt mir Spaß, von dir angeschrien zu werden, weil ich dir einen Gefallen getan habe?“ Er senkte die Stimme und trat näher an Sophie heran. So nah, dass sie die frische Luft von draußen an ihm riechen konnte. „Sophie. Willst du mich wirklich anschreien, weil ich deinem Sohn einen Hund geschenkt habe?“
„Ja“, flüsterte sie und merkte, wie ihr Ärger allmählich verrauchte.
Behutsam strich er ihr mit den Fingerknöcheln über die Wange. „Alles wird gut.“ Er nahm sie bei der Hand und ging ins Wohnzimmer. Dort setzte er sich auf die Couch und zog Sophie neben sich.
„Es ist ein ganz schöner Schlag fürs Ego, zu wissen, dass ich nicht gut genug für ihn bin.“
„Er steckt mitten in der Pubertät. Wenn du der Nabel seiner Welt wärst, würde ich mir ernsthafte Sorgen um den Jungen machen.“
Dem konnte sie schlecht widersprechen. „Die Zeiten, in denen ich seine Welt war, sind schon lange vorbei.“
„Sei die Mutter, die er braucht“, riet Noah ihr. „Nicht die Mom, von der du glaubst, sie sein zu müssen.“
„Gott, Noah. Woher nimmst du nur immer diese Weisheiten?“
„Das nennt sich gesunder Menschenverstand.“
„Ja, das kann gut sein. In meiner Familie …“ Sie verstummte und musterte ihn skeptisch. „Das wird dich kaum interessieren.“
„Mich interessiert alles an dir.“
Aus irgendeinem Grund fand sie diese Aussage ungemein sexy. Sie zog ein Sofakissen heran, drückte es sich gegen die Brust und schuf so ein wenig Distanz zwischen ihnen. „Vertrau mir, so interessant bin ich nicht.“
„Erzähl mir von deiner Familie, deinen Eltern. Hast du Geschwister?“
„Nein, ich bin Einzelkind. Meine Eltern sind gute Menschen. Und ich habe viel von ihnen gelernt, zum Beispiel wie wichtig es ist, einen Beruf zu haben, den man liebt. Ich wünschte nur, sie hätten mir beigebracht, dass ein Job nicht das Wichtigste auf der Welt
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