Was der Winter verschwieg (German Edition)
der eine Garage in ein Qigong-Studio verwandelt wurde, zu einer Verkaufsshow, in der ein Mann einen Apparat vorstellte, der ein Ei direkt in der Schale zum Rührei machte, was ihr unerklärlicherweise das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.
Es schien, dass man sich zu jeder Tageszeit Hunderte von Klatschgeschichten über Promis anschauen konnte. Da war der Gastgeber einer Talkshow, der sich zum x-ten Mal für etwas entschuldigte, was er gesagt hatte. Und es gab das Starlet des Tages, das stolz sein neugeborenes Baby zeigte. Und da war Ashton Kutcher, der ein Interview zu seiner neuen Serie gab.
Wenn Sophie ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie Ashton Kutcher heiß fand. Sie schüttelte die lüsternen Gedanken ab, zappte weiter und verweilte so lange bei den Headline News, bis endlich der dreißigsekündige Clip mit den internationalen Nachrichten gezeigt wurde, der allerdings ausschließlich von einem Eisbären in einem deutschen Zoo handelte. Mit Charlie im Arm ging sie ins Büro und suchte im Internet nach einem Bericht über die Wahl in Umoja. Schon bald darauf wurde sie fündig. Der Artikel begann mit den Worten: „Bei ihrer ersten freien Wahl seit mehr als zwei Jahrzehnten …“
„Dafür habe ich gesorgt“, flüsterte sie Charlie ins Ohr. „Ich war in dem Anklageteam, das dafür gesorgt hat.“ Sie erwartete, von Emotionen überwältigt zu werden, doch sie fühlte sich nur abgelenkt. Die Website war voller blinkender Banner für Schnupfenmittel und Partneragenturen, die ihr Kopfschmerzen verursachten. Sie kehrte zum Radio zurück, in dem gerade ein Lied spielte, das sie weiß Gott nicht als Oldie bezeichnen würde – „Jump“ von Van Halen –, weil sie sich dann, nun ja, alt gefühlt hätte.
„Aber ich bin nun mal schon Großmutter“, sagte sie zu Charlie. „Vielleicht muss ich dann auch alt sein.“
Er hatte seine Flasche ausgetrunken und sah auf einmal gar nicht mehr müde aus. Sie half ihm, ein Bäuerchen zu machen, woraufhin sich ein paar kleine Milchbläschen an seinen Lippen bildeten.
„Du bist so unglaublich geschickt“, sagte sie. „Wie bin ich nur an ein so talentiertes Enkelkind gekommen?“
Es klingelte an der Tür. Sophie zuckte zusammen, dann legte sie das Baby auf die Decke und ging nachsehen, wer das war.
Oh, dachte sie, als sie die Tür öffnete.
Oje.
„Logan.“ Sie trat beiseite, um ihn hereinzulassen, und schloss dann schnell die Tür hinter ihm, damit das Baby nichts von der kalten Luft abbekam.
„Mrs Bellamy“, begrüßte er sie knapp.
Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus. Dann quiekte Charlie und brach das Eis.
„Hey, Kumpel.“ Logan wurde weich und süß wie ein Marshmallow, als er seinen Sohn begrüßte. Charlie streckte die Arme so verzweifelt nach ihm aus wie ein Mann, der kurz vor dem Verdursten stand. Zwischen den beiden schien ein beinah urzeitliches Band zu bestehen. Charlies Gesichtsausdruck verriet eindeutig, dass dieser Mensch wichtig für ihn war.
Als sie die beiden beobachtete, erinnerte Sophie sich nur zu genau daran, wieso sie Greg vor all den Jahren geheiratet hatte.
Trotzdem, dieser Mann hier war nicht Greg. Er war Logan O’Donnell – ein Junge mit einer schwierigen Vergangenheit. Er sah lächerlich gut aus und war im Umgang mit seinem Sohn unglaublich zärtlich.
Er ging in die Küche und wusch sich schnell die Hände. Netter Zug, dachte Sophie. Sie hoffte, dass er das jedes Mal tat und nicht nur, um ihr zu zeigen, wie verantwortungsvoll er war. Charlie quäkte unleidlich und robbte in Richtung Küche.
„Ich komme schon“, rief Logan. „Ganz ruhig, Brauner.“ Mit hochgekrempelten Ärmeln eilte er zu Charlie zurück und hob ihn hoch. „Hat Daisy Ihnen gesagt, dass ich vielleicht vorbeikommen würde?“
„Nein, aber das ist natürlich vollkommen in Ordnung.“ Was sollte sie auch sonst sagen? „Ich wollte mir gerade eine Tasse Tee machen“, fügte sie hinzu, obwohl ihr die Idee gerade erst gekommen war, weil sie den beiden ein wenig Zeit füreinander geben wollte. „Möchtest du auch eine?“
„Nein danke“, erwiderte Logan, ohne den Blick von seinem Sohn zu nehmen.
Sophie ließ sich beim Zubereiten ihres Tees Zeit. Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, saß Logan auf dem gepolsterten Drehstuhl. Charlie lag mit dem Kopf nach unten auf seinen Knien und lachte glucksend, während Logan den Stuhl rotieren ließ.
„Daisy hat mir erzählt, dass du jetzt auf dem College bist“, nahm Sophie das Gespräch
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