Was die Nacht verheißt
ihre Hand. »Und ich muss sagen, Ihr seht heute wirklich strahlend aus.«
»Vielen Dank, Mylord.« Sie erwiderte seine Verbeugung mit einem perfekten Knicks, den sie bis zum späten Abend geübt hatte, womit sie ihre erste Lehrstunde mit Bravour geschafft hatte.
Lord Richard bemerkte ganz offensichtlich diese Verbesserung, denn seine sandfarbenen Augenbrauen hoben sich, und er lächelte. Brandy spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg, und wünschte beinah, sie wäre gestolpert.
»Richard hat mich überredet, mir einen Tag zum Jagen freizunehmen«, erklärte ihr Rex. »Ich sollte das eigentlich nicht tun - ich habe Tausende von Sachen zu erledigen.«
Brandy griff nach seinem Arm. »Du musst gehen, Rex. Du tust von morgens bis abends nichts anderes als arbeiten. Lord
Richard hat völlig Recht. Du solltest jagen gehen, es wird dir bestimmt gut tun.«
Er lächelte sie warm an. »Ich gehe davon aus, dass du dich um meinen eigensinnigen Bruder kümmern wirst.«
»Natürlich.« Sie lächelte. »Wer sonst wäre schon mutig -oder dumm - genug, das zu wagen?«
Seine schlanken Finger strichen über ihre Wange. »Nur du, Liebes, nur du.«
Sie fühlte warme Zuneigung zu ihm. Rex Delaine war ein freundlicher, lieber Mann. Er war anders als Marcus, aber in vielen Beziehungen ebenso stark. »Amüsier dich gut. Du hast es wirklich verdient.«
Rex nickte nur. Brandy sah ihnen nach und ging dann den Flur hinunter. Falls Lord Richard es unziemlich fand, wenn eine Dame allein einen Herrn besuchte, ließ er sich das nicht anmerken. Er wusste natürlich nicht, was wirklich innerhalb der Wände von Hawksmoor House vor sich ging und dass sie auf skandalös intime Art mit dem Grafen zu tun hatte. Und sie war sicher, dass Rex es ihm nicht sagen würde.
Als sie den Ozeanblick-Salon erreicht hatte, stellte sie erstaunt fest, dass er leer war.
Giles erschien im Flur vor der Tür. »Guten Morgen, Miss Winters. Wenn Ihr bitte mit mir kommen wollt. Seine Lordschaft erwartet Euch im Behandlungszimmer.«
Sie folgte dem Butler, und als sie die Tür zum Behandlungsraum öffnete, stellte sie fest, dass Marcus bereits auf dem für ihn konstruierten Tisch saß, den burgunderfarbenen Morgenmantel fast bis zur Taille geöffnet. Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, und seine Brust glänzte ebenfalls feucht. Er hatte offensichtlich schon mit der harten Arbeit begonnen.
Brandy holte tief Luft, denn ihr Magen schien einen seltsamen kleinen Sprung zu machen. »Du bist ja heute früh dran. Ich dachte, ich würde dich im Ozeanblick-Zimmer vorfinden, aber du bist ja schon hier und an der Arbeit.«
Er murmelte etwas, das sie nicht verstand. »Hat auch nichts genützt.« Sein Blick traf auf den ihren. »Du bist auch früh dran, und, wie ich noch hinzufügen möchte, siehst sehr hübsch aus in dem schönen gelben Kleid.«
Ihre Wangen röteten sich. Er hatte bisher noch nichts Derartiges gesagt, aber offensichtlich hatte sie gut daran getan, das Kleid zu ändern.
»Danke. Genau genommen hatte ich es eilig herzukommen. Ich möchte ein paar Veränderungen im Programm vornehmen.«
Er hob eine Braue. »Veränderungen? Was für Veränderungen?«
Brandy kam auf ihn zu und blieb stehen, bevor sie zu nah war, entschlossen, nicht all seine Muskeln und die glatte, schweißfeuchte Haut anzustarren. »Ich habe nachgedacht, Marcus. Im Großen und Ganzen glaube ich, dass Dr. Merriweathers Plan gut ist - mit den Muskeln zu arbeiten und sie zu zwingen, dass sie sich wie früher bewegen. Aber was deine Bemühungen betrifft, sie selbst zu bewegen, glaube ich, dass er mit einem zu großen Anspruch anfängt.«
Marcus runzelte die Stirn. »Ich fürchte, ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Du sitzt jetzt seit Tagen hier und bemühst dich, deine Beine zu bewegen. Wie wäre es, wenn du einfach erst einmal versuchen würdest, einen Fuß oder gar nur einen einzigen Zeh zu bewegen?«
»Ich glaube nicht, dass das -«
»Aber sicher bist du nicht, und da es so ist, könnten wir es doch einfach mal versuchen.« Ohne auf seine Antwort zu warten, ging Brandy um den Tisch herum, stellte sich vor ihn und nahm einen seiner langen, schlanken Füße in die Hand. Sie spürte jeden Knochen und jede Sehne und begann, den Fuß zu massieren, dehnte die Muskeln in den Waden und den Zehen, streckte sie, rieb den Knöchel, drehte den Fuß in die eine und
andere Richtung. Sie machte angestrengt weiter und war so beschäftigt, dass sie gar nicht bemerkte, wie still Marcus
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