Was die Nacht verheißt
noch einmal auf die Uhr.
Vielleicht kam sie nicht, wenn er Glück hatte.
Er wünschte es sich. Mein Gott, wie sehr er es sich wünschte. Und doch ... und doch ... Gott, sie war so schön gewesen. Selbst in ihrem übertriebenen Kleid war sie die hübscheste Frau, die er je gesehen hatte. Er hasste sie dafür, hasste sie, weil sie ihm die Erinnerung zurückbrachte, wie schön sie ausgesehen hatte, als sie nackt in seinem Bett lag und ihre hübschen goldenen Augen bewundernd über seinen Körper gewandert waren.
Selbst jetzt konnte er sich noch erinnern, wie es sich angefühlt hatte, sie zu küssen, in ihr zu sein, sie zu lieben in einer Weise, wie er es nie wieder können würde. Er hätte am liebsten geweint, als er an noch einen Teil von sich erinnert wurde, den er verloren hatte. Natürlich würde er es nicht wirklich tun. Er würde sich eisern dem Bedürfnis widersetzen, so wie es ihm gelungen war, seit dem Augenblick, als er in seiner Kajüte an Bord des Schiffes aufgewacht war und festgestellt hatte, dass er seine Beine nicht bewegen konnte.
Damals hatte er zumindest noch einen Funken Hoffnung gehabt, dass er sich vielleicht erholen würde. Jetzt hatte er keine mehr. Denn seine Beine waren nicht mehr als tote Gewichte, die an seinem Körper hingen und die er selbst mit den größten Bemühungen nicht bewegen konnte.
Es war vorbei, und er wusste es, hatte es akzeptiert.
Jetzt war sie hier, und dass er das wusste, quälte ihn, ließ ihn mehr denn je wünschen, er wäre noch ein Mann. Seine Hand ballte sich zur Faust. Vielleicht würde sie ja nicht kommen nach dem gestrigen Empfang, den er ihr bereitet hatte.
Der Gedanke drang tiefer vor und stellte sich als noch schwereres Gewicht heraus als seine nutzlosen Beine.
Er wandte sich um, bellte einen Befehl, und Frederick kam ins Zimmer gehastet. »Ich will, dass du mir das Haar schneidest. Es ist extrem lang und lästig. Bitte mach das sofort.«
Frederick starrte ihn erstaunt an und fasste sich dann eilig wieder. »Jawohl, Mylord. Natürlich. Ich hätte das schon früher sehen sollen.«
Sein Kammerdiener erinnerte ihn nicht daran, dass er sich bei zahlreichen Gelegenheiten bemüht hatte, dafür zu sorgen, dass der Graf etwas präsentabler aussah, Marcus aber abgelehnt hatte.
Zum Teufel mit ihm , dachte Marcus, das geht ihn überhaupt nichts an. Doch in Wahrheit erstaunte es ihn selbst ein wenig. Er hatte keinen Grund, sich Gedanken über seine Erscheinung zu machen, also warum, zum Teufel ? Er ließ den Gedanken verklingen, versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken, warum er es sich anders überlegt hatte, lehnte sich nur in seinem Sessel zurück und wartete darauf, dass Frederick mit der Schere kam.
Brandy verließ ihr Häuschen kurz vor Mittag, um sich auf den kurzen Weg zum Hawksmoor House zu machen. Als sie ankam, stellte sie erstaunt fest, dass Rexland Delaine im Eingang stand, als hätte er auf sie gewartet.
Er begrüßte sie mit einem Lächeln, das ein wenig Erleichterung zu enthalten schien. »Ich war mir nicht sicher ... nach dem, wie sich mein Bruder verhalten hat ... ich dachte, Ihr würdet vielleicht nicht zurückkommen.«
»Ich habe eine weite Reise hierher gemacht. Da reichen ein paar raue Worte kaum aus, um mich zu vertreiben.«
Rex nickte, und seine Erleichterung wurde noch deutlicher. »Ihr sagtet, dass Ihr in der Nähe wohnt.«
»Das ist richtig. Ich habe mich im Hammond Cottage eingemietet, das westlich von Euren Ländereien liegt.«
»Ja, ich kenne das Haus. Ich hoffe, dass Ihr dort bequem untergebracht seid.«
»Ich wohne dort mit meiner Zofe, einer Köchin und einem Zimmermädchen. Der Blick ist sehr hübsch, und das Haus ist charmant. Wir haben es alle recht bequem dort.«
Rexland räusperte sich und wirkte ein wenig nervös. Er sah sich um, um sicherzugehen, dass sie wirklich allein waren. »Mir ist klar, dass es mich nichts angeht, aber wenn mein Bruder von Euch sprach, hatte ich immer den Eindruck, Ihr wäret ... Er hat mir zu verstehen gegeben, dass Ihr vielleicht irgendwann finanzielle Unterstützung brauchen würdet. Wenn Geld in irgendeiner Form ein Problem sein sollte -«
»Vielen Dank für Eure Rücksicht, Mr. Delaine, aber ich befinde mich nicht mehr in derselben Lage. Mein Vater verstarb vor ein paar Monaten, und ich habe keinerlei finanzielle Schwierigkeiten, denn er hat mir eine recht große Summe hinterlassen.«
Er lächelte breit. »Dann werde ich mir weiter keine Gedanken machen, und sollte mein Bruder
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