Was die Seele krank macht und was sie heilt
der geschiedenen Eltern oft nicht das beste, und es kommt sogar zu Streitigkeiten darüber, bei wem das Kind aufwachsen soll. In der Regel muß das Kind zu dem Elternteil, der in den Kindern den anderen Elternteil am meisten achtet. Nach Hellingers Erfahrung ist das oft der Mann, doch die Frau kann es sich seiner Ansicht nach »verdienen«, daß sie das Kind behalten darf, indem sie im Kind den Mann achtet. In einem Seminar kam dazu die Frage, was ist, wenn beide Eltern sich gleich achten. Dazu Hellinger: »Wenn die Achtung gleich ist, gibt es keine Scheidung!«
Die Aussage, daß der Mann die Frau häufiger achtet als umgekehrt, erscheint ungewöhnlich. Zeigt sich hier der vielzitierte »Frauenfeind«, der Patriarch? Auf diese Frage werden wir noch im Kapitel »Mann und Frau« zurückkommen.
Besonders wichtig erscheint mir Hellingers Hinweis, daß allein die Eltern entscheiden sollen, bei wem die Kinder aufwachsen. Ein Kind, das gefragt wird, zu wem es will, kommt in eine zu machtvolle Position. Die Scheidung mit all ihren Folgen ist eine Angelegenheit des Paares. Sich dabei einzumischen ist nicht kindgemäß.
Auf die Ordnungen der Liebe nimmt unser Rechtswesen nicht immer Rücksicht, sonst würde es nicht zulassen, daß man vor Gericht ein Kind fragen kann, zu welchem Elternteil es will. Sich zwischen den Eltern entscheiden zu müssen ist für das Kind eine große seelische Belastung und ihm nicht zumutbar, denn es liebt beide Eltern. Unabhängig von dem, was gerichtlich im einzelnen beschlossen werden mag, muß dem Kind versichert werden, daß ihm beide Eltern als Eltern erhalten bleiben. Ein Kind sollte nicht nur bei der Sorgerechtsfrage, sondern auch bei der Wahl eines neuen Partners ungefragt bleiben. Eine junge Klientin empörte sich mir gegenüber einmal, als ich sie auf letzteres hinwies: »Ich mußte doch als Kind mitentscheiden, wen meine (geschiedene) Mutter zum Freund nimmt. Schließlich mußte ich es doch mit den Männern aushalten.« Die Mutter hatte sich tatsächlich in ihrer Partnerwahl von der Tochter beraten und auch beeinflussen lassen. Ich sagte der Klientin: »Du bist bestimmt sehr böse auf deine Mutter gewesen.« Verwundert hat sie das bejaht. Immer wenn Eltern es zulassen oder provozieren, von den Kindern dominiert zu werden, nehmen die Kinder ihnen das übel, denn Kinder wollen starke Eltern.
Ein Kind hat die Partnerwahl seiner getrennten Eltern hinzunehmen, allerdings braucht es den neuen Partner nicht zu lieben. Die hier geschilderten Vorgänge geschehen unbewußt, Auf der bewußten Ebene fühlt sich das Kind nämlich sehr geschmeichelt, daß es um Rat gefragt wird und so mächtig ist. Doch diese Macht bekommt ihm keineswegs.
Adoption
Adoptionen gelten als altruistische Taten. Die Praxis zeigt jedoch, daß Adoptionen in vielen Fällen gefährliche Unternehmungen sind, bei denen teuer bezahlt wird.
Falls ein Kind von seinen Eltern nicht aufgezogen werden kann, ist die Reihe an den nächsten Verwandten. Zunächst sollen die Großeltern und dann die Onkel und Tanten gefragt werden. Dort ist das Kind gut aufgehoben, und von diesen Verwandten kann es noch am ehesten wieder zu den Eltern zurück, wenn sich in deren Lebenssituation etwas ändern sollte. Falls auch das nicht geht, können Pflege- oder Adoptiveltern gesucht werden. Dann werden diese tatsächlich gebraucht und können Gutes bewirken, doch als Stellvertreter steht ihnen nur der zweite Platz zu - unabhängig davon, wie die leiblichen Eltern gewesen sein mögen. Wird diese Ordnung respektiert, kann das Kind seine Adoptiveltern achten und nehmen, was es von ihnen bekommt. Nicht selten fühlen sich die Adoptiveltern als die besseren Eltern, zum Beispiel weil die leiblichen Eltern ein dunkles Leben führen. Das Kind solidarisiert sich dann immer mit den abgewerteten Eltern und ist den Adoptiveltern böse. Wird ein Kind zur Adoption freigegeben, ist es oft wütend auf seine Eltern. Wenn sich die Adoptiveltern als die besseren Eltern fühlen, entlädt sich das böse Gefühl des Kindes ihnen gegenüber. Begnügen sie sich jedoch mit dem zweiten Platz, dann richtet sich die Wut auf die Eltern, und das gute Gefühl gelangt zu den Adoptiveltern.
Adoptionen können immer dann gelingen, wenn die leiblichen Eltern von den ersten Adoptionsanstrengungen an geachtet werden. Dazu zählt, daß das adoptionswillige Paar sich gründlich darum bemüht, die Situation der Eltern und deren Verwandten abzuklären. Dabei ist es gut, sich nicht auf
Weitere Kostenlose Bücher