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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schäfer
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Tochter an die Stelle der Mutter treten, weil sich die Mutter - wie im vorhergehenden Beispiel - dem Vater verweigert und aus dem System tendiert. In der Aufstellung kann man sehen, daß es ein geheimes Einverständnis zwischen Mutter und Tochter gibt.
    Auch wenn es bei Inzest immer zwei Täter gibt, einen vordergründigen und einen im Hintergrund, trägt die Schuld in erster Linie der, der das Kind direkt mißbraucht hat. Ohne seine Verstrickungen zu erkennen, weiß der Elternteil genau, was er macht.
    Als Psychotherapeut tut man gut daran, nicht auf die Entrüstung der Gesellschaft und juristische Regelungen zu schauen, sondern allein darauf, was der verletzten Seele des Kindes hilft. Angesichts des Zeitgeistes bedarf es dazu Mut. Für den Therapeuten ist ein Angriff auf den Täter zwar billig, doch er hat schlimme Folgen für das Opfer. Kinder nehmen in ihrer Urliebe zu den Eltern nur zu gern die Schuld der Eltern auf sich. Wenn der Täter bestraft wird und -noch schlimmer - das Kind öffentlich die entsprechenden Beweise dazu beigesteuert hat, wird sich das Kind in um so innigerer Treue mit dem Täter verbunden fühlen. Durch die Verurteilung des Täters fühlt sich das Kind, obwohl es unschuldig ist, zutiefst schuldig.
    Ein Erzieher hat mir in diesem Zusammenhang erzählt, daß Kinder in der Regel alles tun, um den Täter zu decken. Wann immer etwas ans Licht kommt, versucht das Kind, mit der Familie solidarisch zu sein. Es ist nicht einfach nachzuvollziehen, was sich in solchen Fällen bei dem Kind abspielt.
    Die Lösung besteht darin, daß das Kind in Liebe beiden Eltern die Schuld läßt. Darüber hinaus kann es in einer Aufstellung dem Täter sagen: »Es war schlimm, ich lasse die Folgen bei dir, und ich mache jetzt etwas Gutes aus meinem Leben« und »Ich ziehe mich jetzt von dir zurück.« Ohne eine solche Haltung kommt es in späteren Beziehungen zum anderen Geschlecht oft zum Scheitern, zu Depressionen, Selbstmordneigungen, dem Gang in die Prostitution oder kriminelle Szene.
    Wenn der Inzest noch aktuell ist und der Therapeut direkt mit den Beteiligten zu tun hat, kann er der Mutter im Beisein des Kindes sagen: »Daniela (oder wie immer das Kind heißt) tut es für die Mama.« Das Kind sagt anschließend zur Mutter: »Für dich tue ich es gerne.« Mit dem Inzest ist es dann in der Regel vorbei, weil die Hintergründe offenbar geworden sind. Wenn der Mann anwesend ist, wird das Kind aufgefordert, ihm zu sagen: »Ich tue es für die Mama, zum Ausgleich.« Nun kann sich keiner mehr verhalten wie vorher, und das Kind kann sich wieder gut und unschuldig fühlen. Zusätzlich kann man dem Kind durch eine passende Geschichte vermitteln, daß auch nach solch einem schlimmen Erlebnis das Leben gut weitergehen kann.
    Die Öffentlichkeit tabuisiert nicht nur den Täter im Hintergrund«, sondern auch die Tatsache, daß der Mißbrauch manchmal vom Kind als lustvoll erlebt wird. Dieser Wahrnehmung traut das Kind in der Regel nicht, denn es wird ihm von allen Seiten gesagt, daß etwas Böses und Schlimmes passiert ist. In der Folge wird das Sexuelle verteufelt. Hilfreich dagegen ist, wenn das Kind ermutigt wird, sich einzugestehen, daß es auch lustvolle Momente gab, sofern sie tatsächlich so empfunden wurden. Das Kind benötigt dabei die Zusicherung: »Auch wenn es für dich lustvoll war, bist du unschuldig.« Die Entrüstung und die Dramatisierung jedoch wirken verschlimmernd.
    In einem Seminar erzählte eine Teilnehmerin, die als Psychotherapeutin mit sexuell mißhandelten Kindern arbeitete, daß Kinder, für die der Mißbrauch lustvoll war, häufig in »frivoler« Weise an andere Erwachsene herantreten. Daraufhin ergießt sich eine Lawine von »das darf nicht sein« und »das ist schlimm« über das Kind. Hellinger ergänzte hier:
    »Wenn das Kind auf diese Weise an andere Erwachsene herantritt, sagt es damit den Eltern: >Ich bin eine Hure und selber schuld am Mißbrauch; ihr braucht kein schlechtes Gewissen zu haben.< Es ist noch einmal die Liebe des Kindes, wenn es das macht. Wenn ich das dem Kind so sage, weiß es sich auch in diesem Zusammenhang gut. Man muß immer nach der Liebe suchen. Dort findet man dann auch die Lösung.« (OL: 280)
    Als Erwachsener ist es für das mißbrauchte Kind wichtig, daß es seinen ersten Partner, d. h. den Elternteil, würdigt, denn durch die Sexualität entsteht eine Bindung über die Eltern-Kind-Beziehung hinaus. Wenn es die Bindung verleugnet und die Eltern verteufelt, wird es

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