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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schäfer
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dies die Seele des Kindes. Gegen diese Umkehrung der natürlichen Verhältnisse ist ein Kind machtlos. Es gerät schuldlos in diese Situation hinein und muß dennoch die Folgen tragen. Diese überzogene Position den Eltern gegenüber kann jedoch später, wenn das Kind älter und einsichtig geworden ist, rückgängig gemacht werden.
    Die Umkehrung der natürlichen Situation tritt oft ein, wenn ein Vater oder eine Mutter von ihren Eltern etwas nicht genommen haben und dieses dann von ihrem Kind fordern. Wenn der Vater zum Beispiel seinen eigenen Vater ablehnt, überträgt er diese Gefühle auf das eigene Kind. Das Kind kann dann nicht mehr Kind sein, sondern es gerät in die Rolle eines Elternteils.
    Wenn Eltern ein Kind ins Vertrauen ziehen, ihm gar Intimes erzählen, ist das Kind daran zwar schuldlos, aber es bestraft sich für dieses ihm nicht zustehende Wissen. Das gilt auch für die Beziehung zwischen Pinkeln und Großeltern. Eine Klientin erzählte mir beispielsweise, daß sie als kleines Mädchen von der Großmutter intime Details aus dem Leben der Großeltern erfahren hatte. Noch heute fühlt sie sich deswegen schlecht. Auch Abtreibungen gehen die Späteren nichts an. Ein abgetriebenes Kind gehört in der Regel nicht in die Geschwisterreihe, sondern es ist eine Angelegenheit des Paares.
    Wenn ein Kind zuviel erfahren hat, kann es später das tun, was Hellinger »spirituelles Vergessen« nennt. In einem Seminar erzählte eine Frau, daß ihre Mutter von dem Fremdgehen des Vaters berichtet hatte und daß sie gerne mit den Kindern das Haus verlassen hätte. Die Frau fragte nun Bert Hellinger, ob all dies sie nicht behindere, sich vor ihren Eltern zu verneigen.
    Er antwortete: »Das Kind darf sich nicht einmischen in das, was Sache der Eltern ist. Was immer dort das Glück ist oder das Unglück, das darf das Kind nicht wissen. Die Eltern dürfen es dem Kind auch nicht sagen. Wenn deine Mutter dir das gesagt hat, dann mußt du es vergessen. Und man kann es vergessen.«
    Die Frau: »Ach ja?«
    Hellinger: »Das ist eine spirituelle Disziplin. Das Vergessen kann man üben , indem man sich innerlich zurückzieht. Auf einmal ist es weg. Dann läßt du die Eltern in diesem Konflikt, schaust lieb auf beide und nimmst von beiden, was sie dir gegeben haben.« (OL: 243)
    Auch als Erwachsener kann man sich seinen Eltern gegen-
    über noch in einer solchen Position befinden. Wenn Eltern einem erwachsenen Kind Dinge erzählen, die es nichts angehen, kann das Kind zu dem betreffenden Elternteil liebevoll sagen: »Bitte rede nicht weiter darüber. Das sind Dinge, die zu wissen mir als Kind nicht zustehen.« Dadurch wird der Elternteil wieder groß und das Kind klein. Hier gilt es zu bedenken, daß auch der Erwachsene sich seinen alten Eltern gegenüber psychisch noch als Kind fühlt. Auch der Erwachsene bleibt das Kind seiner Eltern. Es wäre also falsch zu sagen: »Jetzt, wo ich erwachsen bin, stehe ich mit meinen Eltern auf einer Stufe.«
    Heute kommt es sehr oft vor, daß Eltern zu Kumpanen ihrer Kinder werden. Freunde und Kameraden kann das Kind viele kennenlernen. Eltern aber hat es nur einmal. Sie sind nicht austauschbar wie Spielkameraden. Eine besondere Situation ergibt sich nicht selten bei alleinerziehenden Eltern. Wenn zum Beispiel ein Sohn in die Position kommt, der Mutter den fehlenden Mann zu ersetzen, bestraft er sich dafür, denn er ist auch seinem Vater treu.
    In Familienaufstellungen kann man die Erfahrung machen, daß ein solches Kind nur ungern den Sockel wieder verläßt, auf den es gehievt worden ist. Ein Beispiel: Eine junge Frau, die die Beraterin ihrer geschiedenen Mutter war, erlebte sich (in einer Symbolaufstellung) in der eigenen Position der Mutter gegenüber »so hoch wie ein Wolkenkratzer«. Auf der Scheibe der Mutter konnte sie erleben, wie die Mutter zu ihr aufschaute. In einer solchen Situation hilft das spirituelle Vergessen und die Sätze »Liebe Mutter, bitte sieh in mir dein Kind« und »Ich achte dich als meine Mutter, ich bin nur das Kind«.
    Die Klientin sagte die Sätze jedoch nur halbherzig. Auf den Positionen von Mutter und Tochter konnte sie danach deutlich spüren, daß der Höhenunterschied nicht verändert war.
    Erst wenn man es mit Demut und Liebe ausspricht, kommt man in die dem Kind gemäße Position. Die große Macht, die ein solches Kind hat, gibt es nur ungern wieder ab. Noch ein anderes, besonders krasses Beispiel: Der Klient, ein junger Mann, hatte seinem alleinlebenden Vater

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