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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schäfer
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der Ausgleich im Bösen. Wenn einer dem anderen etwas angetan hat, dann muß der letztere dem ersteren etwas abverlangen, das ihn ähnlich schmerzt, wenn auch nicht genauso viel (siehe Kapitel II »Schuld und Unschuld«).

Sexualität

    Bert Hellinger nennt den sexuellen Akt den »größtmöglichen menschlichen Vollzug«. »Kein anderes menschliches Tun ist mehr im Einklang mit der Ordnung und Fülle des Lebens und nimmt uns umfassender für das Ganze der Welt in die Pflicht.« (MFL: 152) Kein anderes menschliches Tun hat so viel Leid und Freude im Gefolge und ist so risiko- und folgenreich. Durch nichts, so Hellinger, werden wir »so wissend und weise und menschlich und groß«, als wenn Mann und Frau sich »liebend umarmen und erkennen«. Hellinger wertet die Sexualität nicht ab, wie das manche Kritiker wohl vermuten, die ihn als konservativ bezeichnen, sondern er räumt ihr den größtmöglichen Stellenwert im Menschsein ein. Sexualität geschieht auch im Angesicht des Todes, denn nur weil es den Tod gibt, existiert auch Sexualität. In früheren Zeiten war die Sexualität dem Tod näher, doch auch heute noch können Schwangerschaft und Geburt eine Frau das Leben kosten. Zudem macht uns die Geburt von Kindern deutlich, daß wir einmal durch unseren Tod Platz machen werden.
    Durch den »Vollzug der Liebe«, wie Hellinger es nennt, entsteht zwischen Mann und Frau eine Bindung, die an Intensität sogar die Eltern-Kind-Bindung übertrifft. Sexualität rangiert für Hellinger noch vor der Liebe, denn Schwangerschaften treten unabhängig davon ein, ob die Sexualität mit Liebe oder nur aus Lust zustande kam. So ist eine Frau, die durch eine zufällige sexuelle Begegnung schwanger geworden ist, tief mit dem Mann verbunden (natürlich auch der Mann mit ihr). Auch wenn die Frau abtreibt (siehe Unterkapitel »Abtreibung«) und den Mann völlig aus den Augen verliert, zeigt die Familienaufstellung doch sehr deutlich, wie tief die Bindung an den Mann ist.
    Nicht bei jeder sexuellen Begegnung entsteht eine Bindung für das ganze Leben. Beim Familienaufstellen allerdings kann man sofort erkennen, ob der betreffende ehemalige Partner zum Gegenwartssystem gehört oder nicht. Wenn eine Frau einmal schwanger von ihm gewesen ist, besteht allerdings immer eine Bindung, auch wenn das Bewußtsein das nicht wahrhaben möchte.

Die Bedeutung der früheren Partner

    Die Bindung zwischen Mann und Frau ist so tief, daß sie sich nicht einfach auflöst, wenn sich die beiden trennen und später eine neue Partnerschaft eingehen. In der zweiten Partnerschaft ist die Bindung nicht so tief wie in der ersten, obwohl die Liebe und das Glück durchaus größer sein können. Woran aber erkennt man die Tiefe einer ersten Bindung? Man kann sie im nachhinein wahrnehmen. Kommt es zur Trennung, wird die Schuld und der Schmerz intensiver erlebt als bei einer späteren Trennung und bei einer zweiten intensiver als bei einer dritten.
    Ist Hellinger also doch ein Moralist? Werden wir für das Scheitern einer ersten Ehe öder Partnerschaft »bestraft«? Hellinger geht immer von dem aus, was er wahrnimmt. Spätere Partnerschaften und Ehen können zwar durchaus glücklicher sein, doch der Trennungsschmerz hat nicht dasselbe Ausmaß. Das ist für ihn Tatsache.
    Es ist eine Binsenweisheit, daß ein geschiedener oder getrennter Partner sich erst dann wieder erfolgversprechend mit einer anderen Frau oder einem anderen Mann verbinden kann, wenn die erste Beziehung innerlich »verarbeitet« wurde. Wohl niemand würde dem widersprechen.
    Viele meinen nun, daß der Faktor Zeit dieses »Verarbeiten« schon von selbst erledigt. Dem widerspricht aber die Erfahrung. Hellinger präzisiert, was bei Trennungen ansteht: Die Bindung an den ersten Partner muß voll geachtet werden, und die neuen Partner müssen wissen, daß sie den alten Partnern »nachgeordnet« sind und bei ihnen in einer Art von Schuld stehen. Sie verdanken nämlich ihren jetzigen Partner dem Scheitern der früheren Beziehung und haben ihn somit auf Kosten des früheren Partners.
    Eine Frau, die beispielsweise einen zweiten Mann nimmt, muß den früheren Partner würdigen. Sie muß voll und ganz nehmen, was der erste ihr geschenkt hat. Das Gute der ersten Bindung kann sie dann in die zweite Partnerschaft mitnehmen. Es muß auch jeder der beiden zu seinem Teil der Schuld stehen. Doch auch der zweite Mann der Frau kann etwas tun. Er kann innerlich zu dem ersten Mann sagen »Ich habe die Frau auf deine Kosten

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