Was die Seele krank macht und was sie heilt
wenig gesagt. Dieser Schmerz ist notwendig, und wer durch ihn geht, ist wieder reif für eine neue Bindung. Desgleichen ist es auch wichtig, daß beim Abschied jeder zu seinem Teil der Schuld steht.
Wird nach einer Trennung nach Schuldigen gesucht, dient dies meist nur zur Abwehr des Schmerzes. Besonders wenn eine Ehe mit kleinen Kindern scheitert, wird dies mit einem tiefen Schmerz verbunden. Auch die Kinder sind natürlich von der Trennung betroffen. In einer Untersuchung über Scheidungsfolgen für Kinder kam heraus, daß der erste Impuls der Kinder war: »Ich muß etwas falsch gemacht haben, und deswegen lassen sich meine Eltern scheiden.« Kinder wollen lieber selbst schuld sein, als daß sie den Eltern die Schuld geben. Für Kinder ist es deswegen entlastend, wenn die Eltern ihnen sagen: »Wir als Paar haben uns entschieden, daß wir uns trennen. Doch wir bleiben eure Eltern, und ihr bleibt unsere Kinder.« (OL: 47 f.) Wenn das Paar sich dem Schmerz stellt, so Hellinger, kann es friedlich auseinandergehen und die Sorgerechtsfrage sowie alle anderen Regelungen in guter Weise lösen.
Haß aber stellt nur die andere Seite von Liebe und Schmerz dar und entsteht, wenn jemand in seiner Liebe verletzt worden ist. Wer den Haß kultiviert, verbaut sich den Zugang zur Liebe. Die Lösung hieße: »Ich habe dich sehr geliebt. Es tut jetzt sehr weh.« Nach einem solchen Satz verschwindet der Haß, und die Versöhnung wird möglich. Nach dem Haß jedoch ist kein Platz mehr für Versöhnung, denn durch ihn verliert man genau das, was man eigentlich erreichen möchte.
Hier stellt sich natürlich die Frage, wann eine Trennung die beste Lösung ist und unter welchen Umständen ein neuer Beginn mit dem alten Partner gewagt werden kann. Wenn zu Bert Hellinger ein Paar kommt und berichtet, sie könnten nicht mehr Zusammenleben, schaut er, wieviel Engagement bei ihnen noch vorhanden ist. Wenn es ihnen beim Gedanken an die Trennung sehr weh tut, ist noch Bereitschaft da und eine Versöhnung möglich. Schmerzt es nicht mehr, herrscht Gleichgültigkeit. Dies ist der größte Feind der Liebe.
Wut auf den Partner
Wut auf den Partner kann viele Gründe haben, wie zum Beispiel ein Schmerz, den man nicht zulassen will. Die Wut, die den Partner trifft, hat aber seine Wurzeln oft in der eigenen Geschichte und trifft damit den Falschen. Ein Beispiel: Eine Frau war in ihrer Kleinkindzeit lange in einer Klinik isoliert gewesen. Das Kind wird in einer solchen Situation auf die abwesende Mutter böse, und die schon früher beschriebene »unterbrochene Hinbewegung« entsteht. Diese wird ins Erwachsenenleben mitgenommen. Die frühe Wut auf die die Mutter bekommt dann der Ehemann ab, obwohl er völlig unschuldig ist. Die Lösung besteht darin, daß die unterbrochene Hinbewegung zur Mutter ans Ziel gebracht wird.
Dagegen würde es nicht helfen, wenn die Frau in einer Psychotherapie die Wut auf ihren Mann herausschreit, denn er ist ja gar nicht das Problem. Die Sache würde sogar nur verschlimmert. Wut zu kultivieren ist im übrigen billig, denn dadurch braucht man nicht den Schmerz zu fühlen, der dahintersteht. Sagt man statt dessen: »Das tut sehr weh«, kommt man auf eine andere Ebene.
Wut kann aber auch in anderer Hinsicht ein Ersatz sein. Habe ich zum Beispiel jemandem etwas angetan, kann die Wut dazu dienen, von der eigenen Schuld abzulenken. Hat man versäumt, vom Partner etwas nehmen oder fordern zu müssen, wird mancher auf den Partner böse, anstatt sich an die eigene Nase zu fassen. Die Wut wird Ersatz für das richtige Handeln.
Natürlich gibt es auch eine gute Wut. Greift mich jemand zu Unrecht an, hilft mir die Wut, mich zu verteidigen oder durchzusetzen. Diese Wut dient dem Handeln und erlischt danach wieder.
Was bedeuten Kinder und Kinderlosigkeit für die Paarbeziehung?
Für Hellinger steht außer Frage, daß Mann und Frau auf ein Drittes ausgerichtet sind: auf Kinder. Ihr Männliches und Weibliches »vollendet sich erst im Kind«. Mann-Sein und Frau-Sein sind für ihn mit Vaterschaft und Mutterschaft verbunden. Die Paarbeziehung bleibt aber der Elternschaft vorgeordnet, denn sie war vorher da. Nur wenn die Eltern diese Reihenfolge enthalten, geht es allen Beteiligten gut. Steht das Kind wie heute in vielen Familien üblich, im Zentrum der Familie, fühlen sich alle verunsichert, besonders das Kind. Auf diese Weise entstehen die »kleinen Tyrannen«, wie Irina Prekop, die Begründerin der Festhalte-Therapie, es beschrieben
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