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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schäfer
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sich von ihr getrennt, weil der Großvater die Verlobte als »nicht gemäß« für seinen Sohn betrachtet hatte. Für diese rüde Behandlung der Frau büßte nun die Klientin. Als sie sich auf das Symbol für ihre eigene Person stellte, spürte sie zu ihrer Verwunderung die starke Nähe zu dieser Frau. Sie blickte in die Runde der Familienmitglieder und dann auf die Verlobte und sagte: »Jetzt im Augenblick bekomme ich mein typisches Depressionsgefühl.« Beim Anblick der Eltern meinte sie: »Es fühlt sich an, als ob ich Christus wäre. Ich muß dafür sorgen, daß meine Eltern beisammen bleiben.«
    Das Christusgefühl zeigt, daß das Ich nicht kindgemäß, sondern »inflationiert« war - es nahm sich zu wichtig. In einem solchen Fall muß das Kind wieder zurück in die
    Kindrolle: »Ich nehme euch und achte euch als meine Eltern. Bitte seht in mir euer Kind.« Aus dieser bescheidenen Position heraus muß es den Anspruch aufgeben, die Ehe der Eltern retten zu können, denn Paarangelegenheiten gehen nur das Paar an. Kindern, die sich in die Ehe ihrer Eltern einmischen, geht es nie gut.
    Besonders intensiv reagierte die Frau, als sie der Mutter sagte: »Die Verlobte des Vaters ist seine Sache. Du bist meine Mutter, und nur du bist die Richtige für mich. Bitte nimm mich als dein Kind.« Die Frau hatte kein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter gehabt, doch jetzt weinte sie vor Freude und strahlte. »Es ist, als ob eine zentnerschwere Last von mir abfällt«, berichtete sie. Zu dem Vater sagte sie noch: »Deine frühere Verlobte geht mich nichts an, meine Mutter steht dort« (auf sie zeigend). Die Frau konnte ihre Mutter nicht als Mutter nehmen, weil sie mit der Verlobten des Vaters identifiziert war. Die Mutter hat in ihr unbewußt eine Rivalin gesehen. Durch das Aufdecken dieser Verstrickung wurde der Weg zur Mutter und zum Vater frei.
    Was das Christusgefühl angeht, kam noch etwas Weiteres ans Licht. Die Mutter zog es zu ihrem an Krebs gestorbenen Vater. Das Kind hatte das gespürt und wollte durch eigenes Leid den Retter der Mutter und auch den Retter der Ehe ihrer Eltern spielen. Hier hilft es, um den Segen der Mutter zu bitten, auch wenn man bleibt.
    Einige Monate später berichtete die Klientin, daß sie keine depressiven Verstimmungen mehr habe und ihr Leben sich in einem tiefen Wandel befinde.
    Natürlich können Depressionen auch andere Hintergründe besitzen. In einem Fall redete und dachte eine Frau sehr schlecht über die erste Frau ihres Mannes. Die Depression kann verschwinden, wenn die Klientin die älteren Rechte der früheren Frau achtet.

Psychosen

    Psychosen können verschiedene Hintergründe haben. Sehr häufig findet man bei Psychotikern gegengeschlechtliche Identifikationen. Zum Beispiel kam ein Mädchen in die Psychiatrie, das im System den verstorbenen Zwillingsbruder des Vaters vertrat. Hätte das Mädchen noch einen Bruder gehabt, hätte vermutlich dieser den Zwillingsbruder vertreten. Eine gegengeschlechtliche Identifikation bringt auch des öfteren Homosexualität mit sich.
    Ein anderer Hintergrund für Psychosen ist eine Identifizierung mit einem früheren Partner der Eltern, wenn dieser ein besonders schlimmes Schicksal hatte. Auch wenn ein Kind in die Rolle des Partners für Mutter oder Vater schlüpft, etwa bei einem alleinerziehenden Elternteil, bestraft es sich bisweilen dadurch, daß es verrückt wird. Andere Formen der Selbstbestrafung wären der Abstieg ins kriminelle Milieu, Prostitution und Selbstmord.
    Auch wenn es mehrere früh Verstorbene in einer Familie gibt, kann jemand verrückt werden. Hellinger erzählte als Beispiel den Fall eines schizophrenen Mädchens. Als in der Aufstellung die früh verstorbene Schwester der Mutter und ein älteres früh verstorbenes Geschwister der Kranken hineingenommen wurden, fühlte sich die Stellvertreterin für die Schizophrene schlagartig wieder normal (AWI: 85).
    Meiner Erfahrung nach kann Schizophrenie oder auch die Angst, schizophren zu werden, durch die Solidarisierung mit einem psychotischen Familienmitglied entstehen. Ein Beispiel aus einer Aufstellung mit Symbolen: Eine Frau war
    depressiv und fürchtete, schizophren zu werden. In der Aufstellung wurde deutlich, daß sie mit der psychotischen Schwester ihrer Mutter identifiziert war, über die nie gesprochen worden war. Diese schizophrene Tante brachte sich in einer Psychiatrischen Klinik um. Auch die Mutter der Klientin war wegen psychotischer Schübe des öfteren in der Psychiatrie

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