Was die Tiere im Park erlebten
klar, du hast doch immer gesagt, daß du so gern allein bist«, erinnerte die Kröte sie.
Aber die Kreuzotter überhörte den Einwurf. »Sie werden noch von mir hören, wenn ich das getan habe, was ich mir vorgenommen habe«, sagte sie dunkel.
»Ehem — du machst doch nichts, was du später bereuen müßtest, ja?« fragte die Kröte ängstlich, denn sie fürchtete, daß die Kreuzotter eine Art Strafe plane, weil ihre Freunde sie so vernachlässigten.
»O nein, ich werde nichts bereuen«, antwortete die Kreuzotter mit einem schiefen Lächeln. »Ich werde nichts auch nur im geringsten bereuen!«
Der Kröte wurde es unbehaglich. »Ich nehme an, daß — hm
- du nicht die Absicht hast, ein bißchen von deinem Plan zu erzählen?« fragte sie vorsichtig.
»Um die Wahrheit zu sagen, liebe Kröte, der Plan wird in deinem eigenen Element zur Durchführung kommen — im Wasser.«
»Im Wasser? Willst du irgendwo hinschwimmen, Kreuzotter?«
»Jetzt kann ich nicht mehr darüber sagen«, war die Antwort der Schlange. »Aber keine Angst, du wirst schon noch davon hören.«
Die Kröte wußte, mehr bekam sie aus der Kreuzotter nicht heraus, und so wandte sie sich wieder dem Schwanz der Schlange zu. »Es macht mich ganz krank, wenn ich deinen Schwanz sehe«, sagte sie. »Tut die Wunde sehr weh?«
»Danke für die Nachfrage, nein, jetzt nicht mehr. Nur manchmal sticht es noch, wenn ich mich ungeschickt bewege. Ich kann froh sein, daß ich, wie du, nicht das Nervensystem der Säugetiere habe. Die sollen ja solche Verletzungen noch viel mehr spüren.«
Die Kröte nickte. »Also, wenn ich dir irgendwie helfen kann...« fing sie an.
»Nein, nein«, unterbrach sie die Kreuzotter. »Mach dir nur keine Sorgen über mich. Aber wenn du — ehem — noch einmal ein wenig Lust hast, in diese Gegend des Parks zu kommen, dann würde ich mich sehr freuen.«
»Aber sicher komme ich«, sagte die Kröte herzlich, denn sie fühlte sich sehr geehrt, daß die Kreuzotter so ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit freundlich zu ihr war. »Auf Wiedersehen, Kreuzotter, und — paß auf dich auf!« Mit ein paar Schwimmstößen war sie wieder in der Bachmitte und bald außer Sicht, als sie sich in der Strömung treiben ließ.
Die Kreuzotter ging wieder in ihr Versteck und überdachte ihren Plan zum hundertsten Mal.
Weiter unten am Bach standen der Pfeifer und seine Gefährtin auf ihren dünnen Beinen im seichten Wasser und machten ein Nickerchen. Der Reiher wachte auf, als die Kröte ihn an seinem Bein leicht anstieß. »Na, Kröte!« rief er. »Ich hätte dich fressen können!«
Aber die Kröte konnte er damit nicht schrecken. Sie wußte, daß er nur Frösche, nicht aber Kröten fraß, wenn er keinen Fisch bekommen konnte.
»Wie nett, dich und deine charmante Gefährtin zu treffen«, sagte sie höflich. »Ihr strahlt ja geradezu vor Gesundheit.«
»Ja, wir können uns wirklich nicht beklagen«, erwiderte der Pfeifer. »Wir haben gut zu fressen und meiden jede Gefahr.«
»Wenn ich doch nur das gleiche von dem Freund sagen könnte, den ich gerade getroffen habe«, bemerkte die Kröte.
»Und wer ist das?«
»Die Kreuzotter. Es geht ihr wirklich nicht gut.«
Der Pfeifer war erstaunt. »Das überrascht mich aber«, sagte er. »Erkläre uns das genauer, liebe Kröte.«
Und so wie die Kröte der Schlange Einzelheiten von dem Kampf der Füchse erzählt hatte, so beschrieb sie nun den unglückseligen Zusammenstoß der Kreuzotter mit dem Narbigen.
Mit besorgter Miene lauschte der Pfeifer. »Wie schade, daß niemand sich um sie gekümmert hat«, meinte er dann. »Wenn ich gewußt hätte, daß sie hier so nahe lag — und noch dazu verletzt — , ich hätte sicher nach ihr gesehen.«
»Ja, man sollte es nicht glauben, aber ihre Gefühle sind mehr verletzt worden als ihr Körper.«
»Ich suche den Fuchs und die anderen auf. Sie müssen das gutmachen«, sagte der Reiher.
Die Kröte dachte nach. »Nein, tu das nicht!« riet sie ihm dann. »Die Kreuzotter mag es nicht, wenn man ihr rudelweise Freundschaftsbeweise zu Füßen legt. So was bringt sie nur in Verlegenheit.«
»Ja, du hast recht. Aber gegen einen Besuch von mir würde sie doch wohl nichts einzuwenden haben?«
»Ganz sicher nicht«, meinte die Kröte. »Aber leicht ist sie nicht zu finden. Sie brütet irgendeinen großen Plan aus und bleibt dabei gut in Deckung.«
»Der Narbige allein ist für uns eine größere Gefahr gewesen als alle anderen Tiere im Park zusammen«, sagte der Pfeifer.
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