Was die Tiere im Park erlebten
er.
»Aber wir wissen ja noch gar nicht, ob es nötig ist«, beruhigte sie ihn. »Ein bißchen Geduld noch.«
Zusammen streiften sie durch den Wald, eine kühle Nachtbrise strich sanft durch ihren Pelz und raschelte leise in den Baumwipfeln. Der Park machte einen friedlichen Eindruck. »Eine Schande, wenn wir unseren Geburtsort verlassen müßten«, sagte die Schöne plötzlich. »Vielleicht sehen wir das alles zu schwarz.«
»Wenn ich doch nur daran glauben könnte«, sagte ihr Verehrer. »Es wäre schön, auch die dritte Generation hier zur Welt bringen zu können.«
Sie traten aus dem Wald auf eine weite Grasfläche. Dort graste geisterhaft weiß das Rudel der Weißen Hirsche. Der Alte Hirsch stand ganz allein auf einer kleinen Anhöhe, sein Hals streckte sich graziös nach den Weidenzweigen über ihm. Langsam drehte er den Kopf, als er die beiden jungen, schon fast ausgewachsenen Füchse bemerkte. Er sprach sie an.
»Ihr seid ein herzerfrischender Anblick nach all dem Streit in diesem Park«, meinte er. »Laßt es nicht zu, daß sich die feindschaftlichen Gefühle eurer Eltern auf eure Generation vererben.«
Stromer und Schöne wechselten einen liebevollen Blick. »Für uns gibt es keinen Grund, den alten Zank fortzusetzen«, sagte der junge Fuchs.
»Sehr vernünftig«, nickte der Alte Hirsch. »Dieser Park ist von den Menschen als friedliche Heimat für wilde Tiere gedacht. Ein Jammer, wenn dieses Ideal zerstört würde.«
»Deine Worte hätten noch mehr Gewicht, wenn du sie meinem Vater sagen würdest«, sagte Stromer mit bemerkenswerter Ehrlichkeit. »Seit Monaten verzehrt ihn ein furchtbarer Haß, und er hat auch andere Tiere gegen ihren Willen in seinen Streit hineingezogen. Ich glaube, er ist allen Vernunftgründen unzugänglich.«
»Ich werde versuchen, mit ihm zu reden«, bot sich der Alte Hirsch an. »Laßt es euch inzwischen gutgehen.«
Die beiden Füchse liefen weiter. Wie schön war es doch, daß sie Zusammensein durften. Im Augenblick konnten sie die Freiheit im Park noch genießen. Sie rannten über die große Lichtung und erprobten die Geschmeidigkeit ihrer jungen Glieder. Dann jagten sie sich gegenseitig und stießen dabei Entzückensschreie aus.
Aus einiger Entfernung sah der Kühne ihren Spielen zu. Trotz der Sinnesänderung des alten Fuchses hatte er nichts für die Freundschaft seiner Schwester mit Stromer übrig und verzog ärgerlich das Gesicht. Für ihn war Stromer immer noch der Sohn des Narbigen und sollte seiner Meinung nach auch so behandelt werden. Innerlich zürnte er seinem Vater, weil er das Leben des Feindes geschont hatte, und sehnte sich nach dem Tag, an dem er dem Narbigen gegenübertreten und sich damit zum neuen Helden machen konnte. Stromer und die Schöne rannten auf ihn zu, aber er begrüßte sie recht kühl.
»Ihr seid wirklich viel zusammen«, meinte er mißmutig.
»Es gibt niemanden, mit dem ich meine Zeit lieber verbringen möchte als mit deiner Schwester«, sagte Stromer.
»Das kann ich sehen«, gab der Kühne zurück. »Sie scheint ja mehr von dir zu halten als von ihrer eigenen Familie.«
»Ach, Kühner, sei doch nicht so«, sagte die Schöne. »Ich kann nicht ewig bei meiner Familie bleiben. Stromer ist meine Zukunft. Du und der Friedfertige, ihr solltet euch auch jeder eine nette junge Füchsin suchen und eine eigene Familie gründen.«
»Eine Familie sollte in schwierigen Zeiten zusammenhalten«, sagte der Kühne schroff.
»Vielleicht kann aber auch Streit vermieden werden, wenn du dich ein bißchen mit meiner Familie anfreunden würdest«, schlug Stromer vor und wiederholte damit auf seine Weise die Worte des Pfeifers.
»Ich möchte nie in meinem Leben mit einem Familienmitglied des Narbigen etwas zu tun haben«, entgegnete der Kühne.
»Nun vergiß doch einmal meinen Vater, wir sind doch nicht alle so wie er«, sagte Stromer.
»Aber ich erinnere mich noch sehr gut, wie ihr alle auf seinen Befehl gegen mich zusammengehalten habt«, sagte der Kühne böse, »und wie ihr mich gefangen und bewacht habt. Ich hatte Glück und bin euch entwischt.«
Stromer seufzte. »Hast du noch nie von Vergeben und Vergessen gehört?« fragte er. »Heute ist doch alles anders.«
»Wirklich?« fragte der Kühne ironisch. »Ich frage mich nur, wie lange? Bis dein Vater sich soweit erholt hat, daß er uns wieder angreifen kann?«
»Aber, Kühner, beim nächsten Mal würde keiner von uns mitmachen, und allein kann er nicht viel tun.«
»Ein Fuchs kann Hasen und
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