Was die Tiere im Park erlebten
man verliert doch Monate seines Lebens«, warf der Waldkauz ein. »Genausogut könnte man sechs Monate des Jahres tot sein.«
»Nicht ganz so lange«, korrigierte ihn die Kröte. »Es hängt immer vom Wetter ab. Wenn der Winter milde ist, bin ich im Februar schon wieder da.«
»Denk an meine Worte, Kröte«, sagte der Waldkauz nachdrücklich. »Dieser Winter wird schlimm!«
»Dann wünsche ich euch allen nur das Beste«, sagte die Kröte herzlich. »Hoffentlich kommt ihr alle durch.«
Die drei Freunde plauderten noch ein wenig, während der kalte Wind blies und blies. Schließlich sagte der Waldkauz, er sei hungrig, und machte sich auf die Suche nach Beute. Bei seinem Abschied fiel der Kröte etwas ein, worüber sie nachdenken mußte.
»Ich sage dir etwas, Dachs«, meinte sie schließlich. »Wir schütteln den Kopf über die alte Kreuzotter und ihre bösen Absichten hinsichtlich meiner Vettern, der Frösche, aber sie ist doch im Vergleich zum Fuchs und zum Waldkauz mit ihrem Jagdfieber für die Bewohner des Hirschparks wirklich keine große Gefahr. Die jagen doch jede Nacht.«
»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen«, gab der Dachs zu. »Aber es gab im Hirschpark schon vor unserer Ankunft Füchse und Waldkäuze und andere Fleischfresser. Unsere Wühlmäuse, Feldmäuse und Kaninchen müssen doch die hier ansässigen Feinde auch fürchten.«
Die Kröte nickte und seufzte. »Meine Vorstellung von einem Naturschutzgebiet als einer neuen und sicheren Heimat für alle hat sich nicht ganz bewahrheitet«, sagte sie betrübt.
»Vollkommen sicher ist es nirgends«, tröstete sie der Dachs. »Für alle frei lebenden Tiere ist der Hirschpark so sicher, wie ein Platz auf dieser Welt nur sicher sein kann, denn es gibt hier keine Menschen. Und in dieser Hinsicht ist er, verglichen mit dem Farthing-Wald, das reinste Paradies.« Lächelnd antwortete die Kröte: »Wie immer hast du es wieder einmal geschafft, mich zu beruhigen. Aber jetzt muß ich mich wirklich beeilen... Bis zum Frühling dann, lieber Dachs.« Sie wandte sich zum Gehen und machte sich auf den Weg zurück zum Teichrand, wo die Kreuzotter schon schlief. Auf dem Weg begegnete ihr noch einmal der Fuchs. Diesmal hielt er an. Die Kröte erklärte ihm, wohin sie gehe. »Du könntest der Kreuzotter etwas ausrichten«, bat er. »Sag ihr, sie soll möglichst tief unter die Erde gehen. Und du auch, Kröte«, setzte er etwas geheimnisvoll hinzu.
»Wie tief?« fragte die Kröte.
»So tief, daß der Frost euch nicht erreichen kann.« Der Fuchs schüttelte sich im Wind, so als wollte er seine Warnung verdeutlichen.
»Wir wollen uns an deinen Rat halten«, sagte die Kröte. »Du mußt keine Angst um uns haben.«
Sie verabschiedeten sich, und die Kröte hüpfte zu ihrem Schlafplatz. Lange stand der Fuchs noch da und sah ihr nach. Dann gab er sich einen kräftigen Ruck und kehrte zur Füchsin zurück. Er wußte, der Winter stand vor der Tür und wartete nur darauf, über sie herzufallen.
In den nächsten Wochen, aus dem Oktober wurde November, es regnete Blätter von den Bäumen, sie fielen dicht und schnell, blieben die Tiere meist unter ihresgleichen. Sie waren vor allem mit der Nahrungssuche befaßt.
Die Natur hatte eine Überfülle von Beeren und Nüssen für sie bereit, und das ist, wie alle Tiere wissen, ein sicheres Zeichen dafür, daß ein harter Winter bevorsteht. Eichhörnchen, Wühlmäuse und Feldmäuse konnten sich eine kurze Zeit so richtig vollfressen. Schwere Regenfälle brachten Schnecken und Würmer ans Tageslicht, und der Igel und seine Freunde wurden dick und rund, bevor sie sich einen Platz zum Winterschlaf unter dicken Laubbergen und niedrigem Gestrüpp herrichteten. Als sie dann zum Winterschlaf verschwanden, wußten die anderen Tiere, daß nicht mehr viel Zeit war, und sie verdoppelten ihre Anstrengungen. Aber in den folgenden Tagen bekamen alle noch reichlich zu fressen.
Ende November gab es den ersten argen Frost, und der Maulwurf, dessen enormer Appetit nie nachzulassen schien, fand tief in der Erde eine Fülle von köstlichen Würmern. Sie konnten sich nicht mehr so gut fortbewegen, weil der Frost die Erdoberfläche hatte hart werden lassen, und so war es ihm möglich, sich für die kommenden Notzeiten ein reichhaltiges Lager anzulegen. Er war so stolz deswegen, daß er darauf brannte, jemandem davon zu erzählen, also grub er sich einen Gang zum Bau des Dachses, der fast nebenan wohnte. Er weckte ihn aus seinem
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