Was die Tiere im Park erlebten
machte sich sofort auf den Weg. Erstaunlicherweise war er hungrig und schnappte sich alles, was seinen Weg kreuzte. Daß er so lange geschlafen hatte, wußte er nicht. Als er den Treffpunkt erreichte und die Schöne nicht vorfand, konnte er nicht ahnen, daß sie des Wartens müde geworden und nach Hause gegangen war.
Jetzt wartete Stromer und wurde immer ängstlicher, je mehr Zeit verging. Er war tief enttäuscht, denn jetzt hieß es, allen Mut zusammennehmen und sich noch einmal tief in fremdes Revier zu wagen. Nur kam er diesmal nicht so weit. Aus den Weißdombüschen direkt vor ihm tauchte ein Fuchs auf und verstellte ihm den Weg. Es war sein Vater. »Aha!« sagte der Narbige mit anerkennendem Blick. »Noch einer, der die Lage peilt.«
Stromer war zu erschrocken, um eine Antwort zu geben. »Gut, mein Junge, gut«, fuhr sein Vater gar nicht unfreundlich fort. »Ich wußte gar nicht, daß du so denkst, Stromer, übernimmst die Tricks deines alten Vaters? Also: Morgen darfst du in vorderster Linie kämpfen. Denen werden wir es zeigen, du und ich! Komm, mein Junge. Fang mir etwas — ich verhungere fast. Heute nacht habe ich alles gesehen, was ich sehen wollte.«
Also mußte Stromer seinen schrecklichen Vater den ganzen Weg zurückbegleiten, den er gerade zurückgelegt hatte. Und als er das Glück hatte, ein Rebhuhn zu erwischen, bestand sein Vater darauf, daß er blieb und es mit ihm teilte. Schließlich fiel ihm nichts mehr ein, als seinen Vater noch einmal zu bitten, den Kampf aufzugeben. »Müssen wir denn immer ihre Feinde sein?« fragte er. »Auf beiden Seiten kann es doch nur Tote und Verwundete geben.«
»Natürlich kommen wir nicht ungeschoren aus dem Kampf«, war die Antwort. »Das zeigt dir ja schon mein vernarbtes Gesicht. Aber sie sind nun einmal unsere Feinde. Ja, einige von uns müssen sterben. Aber am Ende siegen wir doch.«
»Warum können wir nicht alle friedlich zusammen leben?« versuchte Stromer es wieder. »Es ist genug Platz für alle im Park. Wir brauchen sie doch nie wieder zu sehen.«
»Wir lebten friedlich, bis dieser Fuchs aus dem Farthing-Wald mit seinen Genossen hier ankam«, fuhr der Narbige ihn an. »Aber wir sind zuerst hier gewesen. Wir haben das Recht auf unserer Seite.«
»Aber wir sind die Angreifer, wenn wir kämpfen. Bitte, Vater, gibt es denn keinen anderen Weg?« bettelte Stromer. »Keinen anderen Weg? O ja, wenn wir uns ergeben, natürlich«, spottete der Narbige. »Sollte ich mich doch in dir getäuscht haben? Du bist also immer noch das gleiche feige Muttersöhnchen, für das ich dich gehalten habe. Wenn du doch sein Sprößling wärst und seiner meiner!«
Stromers Lebensgeister sanken auf den Tiefpunkt. Es hatte keinen Zweck. Verzweifelt dachte er an den kommenden Tag. Nichts konnte diese Tiere mehr retten. Aber solange das Blut noch in seinen Adern kreiste, sollte der Schönen nichts Böses geschehen, das schwor er sich — sogar wenn er deswegen seinen eigenen Vater angreifen mußte.
Aber einer wachte über die Neuankömmlinge im Hirschpark, und den hatte der Narbige übersehen: den Turmfalken. Die ganze Zeit seit dem Mord an der Gefährtin des Hasen hatte er den Park Tag und Nacht im Auge behalten. Hoch oben im Sommerhimmel erspähte sein scharfes Auge die Bewegung im Revier des Narbigen. Er ließ sich etwas fallen und sah Füchse, die sich hinter ihrem Anführer aufstellten. Jetzt durfte er nicht länger warten.
Schnell wie ein Pfeil flog er, seine Freunde zu warnen. Zuerst sah er das Kaninchen mit einigen seiner Kinder im Klee. »Zurück in dein Nest!« kreischte der Turmfalke. »Es braut sich etwas zusammen!«
»Ist es der Narbige?« fragte das Kaninchen, während seine Kinder schon zurück in ihre Nester flohen.
»Ja, du hast keine Zeit zu verlieren. Ist der Hase irgendwo?«
»Weiß nicht«, warf das Kaninchen im Laufen über die Schulter zurück.
Der Turmfalke flog zum Bau des Fuchses. Glücklicherweise lag der in der Sonne dicht beim Eingang. »Es ist soweit!« schrie der Vogel. »Sie kommen, alle!«
Der Fuchs sprang auf. »In Ordnung! Warne alle, die du siehst, sie sollen sich verstecken. Komm dann zu mir zurück.«
Und weiter rauschte der Falke und suchte den Boden ab. Der Fuchs rief seine Familie zusammen: »Schnell, alle in den Dachsbau. Sagt ihm, warum, und geht tief unter die Erde. Ich komme nach.«
Die Füchsin führte die Jungen zum sicheren Dachsbau, und der Fuchs rannte zum Nest des Wiesels. Das verlor keine Zeit und folgte der Familie
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