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Was die Toten wissen

Was die Toten wissen

Titel: Was die Toten wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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gemeldet.«
    »Weißt du was?«, fragte Lenhardt, während er die Seite mit
vermissten Kindern überflog. »Hier stehen eine ganze Menge Details. Die könnte sich jemand einfach gemerkt haben.«
    »Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Dennoch gibt es einiges, was hier nicht zu finden ist. Die genaue Adresse in der Algonquin Lane zum Beispiel. Und dann hat die Frau irgendwas von einer alten Apotheke Ecke Windsor Mill und Forest Park gefaselt. Die gibt es dort nicht mehr. Aber ich habe mich zwischenzeitlich erkundigt und herausgefunden, dass es tatsächlich mal eine Windsor-Hills-Apotheke gab, etwa zu der Zeit, als die Mädchen verschwunden sind.«
    »Mann, du willst aber unbedingt Angestellter des Monats werden. Und was ist mit der Fallakte? Da findest du die Einzelheiten, an die kein Internetsurfer rankommt.«
    Infante warf seinem Vorgesetzten nur einen Blick zu, aber es war die Art von Blick, der eine immense Bedeutung beiwohnte; ein Blick, den es nur zwischen lang verheirateten Paaren gab oder zwischen Kollegen, die viele Jahre in derselben Dienststelle zugebracht hatten.
    »Verflucht, sag nicht …«
    »Ich habe sie gleich gestern Nachmittag, nachdem ich aus dem Krankenhaus zurück war, angefordert. Sie ist nicht da.«
    »Weg? Weg... weg? Was heißt das, verdammt noch mal?«
    »Anstelle der Akte ist dort ein Zettel von dem ehemaligen Hauptermittler, so ein Typ, der inzwischen Sergeant ist und nach Hunt Valley versetzt wurde. Als ich ihn endlich aufgespürt hatte, war er ziemlich verlegen. Gab zu, dass er die Akte seinem Amtsvorgänger gegeben und schlichtweg vergessen hatte, sie von ihm zurückzufordern.«
    »Verlegen? Er hätte sich in die Hose scheißen sollen. Schon schlimm genug, die Akte herauszugeben, aber sie dann auch noch schlicht zu vergessen?« Lenhardt schüttelte den Kopf über das Ausmaß an Schwachsinn. »Und wer hat sie dann?«
    Infante warf einen Blick auf den Namen. »Chester V. Willoughby, der IV. Kennst du ihn?«

    »Hab von ihm gehört. Er hat sich zur Ruhe gesetzt, bevor ich hier angefangen habe, ließ sich aber noch bei ein paar Feiern blicken. Man könnte sagen, er war … äh, eher untypisch.«
    »Untypisch?«
    »Also zum einen ist er der Vierte seiner Art. Du triffst vielleicht mal einen Junior bei der Polizei, aber hast du je einen Bullen gekannt, der den Namen in der vierten Generation trägt? Und dazu war er auch noch reich, hätte gar nicht arbeiten brauchen. Wann ist die Akte rausgegangen?«
    »Vor zwei Jahren.«
    »Hoffentlich ist er nicht inzwischen gestorben. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein besessener alter Trottel eine Akte mit nach Hause nimmt und wir uns mit den Erben herumstreiten müssen.«
    »Mannomann, ich hoffe bloß, dass ich nie so werde.«
    Lenhardt hatte sich bereits das interne Telefonbuch gegriffen und blätterte darin, tippte dann die Nummern ein und begab sich auf die Jagd nach der Adresse des ehemaligen Cops. »Hallo, ja? Ich bleib dran.« Er verdrehte die Augen. »Meine eigene Abteilung stellt mich in die Warteschleife. Wem versuchst du eigentlich was vorzumachen, Infante?«
    »Wie meinst du das?«
    »Es gibt solche Fälle, die an einem nagen. Wenn du bisher keinen hattest, war’s einfach Glück. Oder Dummheit. Der Kerl hat den brenzligsten Fall abgekriegt, zwei engelsgleiche Mädchen verschwinden an einem Samstagnachmittag in einer Mall, inmitten Hunderter von Menschen. Wenn das, verdammt noch mal, einen Bullen nicht für den Rest seines Lebens beschäftigt!« Dann wieder in den Hörer: »Ja? Ja. Chester Willoughby. Hast du seine Adresse?« Lenhardt hing ohne Zweifel wieder in der Warteschleife, und er gestikulierte mit der linken Hand eine pumpende Auf-und-ab-Bewegung, bis wieder jemand dran war. »Prima. Danke.«
    Lachend legte er auf.

    »Was ist so lustig?«
    »So lang, wie das gedauert hat, hätte man auch schon mal zu ihm gehen können. Er wohnt keine Meile von hier, in Edenwald, hinter der Towson Town Center Mall.«
    »Edenwald?«
    »Altenwohnheim, eines der teureren, wo es extra kostet, wenn man in seinem eigenen Bett sterben will. Wie ich schon sagte. Er ist reich.«
    »Was meinst du? Machen reiche Cops mehr oder weniger Überstunden?«
    »Wahrscheinlich arbeiten sie mehr, aber sag’s niemandem weiter. Hey, vielleicht solltest du mal so tun, als ob du reich wärst. Dann könntest du mal sehen, wie es ist, eine Stunde für umsonst zu arbeiten.«
    »Noch nicht mal für deine blauen Unschuldsaugen.«
    »Und wenn ich dich dafür küsse?«
    »Dann

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