Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
Neid! Das Geld der Ausländer macht uns schließlich jeden Tag ein bisschen reicher.«
»Dich vielleicht«, entgegnete Richard Bloom trocken und wandte sich an Alex Flair. »Hab ich recht?«
»Da fragst du den Falschen. Ich bin auch nicht ärmer geworden dadurch.« Er grinste.
Emily sah, wie Richard sich ärgerte. Auch Trevor schien es zu bemerken, denn er lenkte sofort ein. »Mal ehrlich, Richard, was spricht dagegen, dass jemand seine Millionen bei uns anlegt?«
»Im Prinzip gar nichts. Jedenfalls nicht, solange man nicht vergisst, dass auf Jersey auch eine Menge fleißige Leute wohnen, die hart arbeiten müssen für ihr Geld. So wie Emily und ich.«
Trevor de Sagan rollte die Augen und trank sein Weinglas leer. »Also komm, Junge, seit wann interessierst du dich für den Klassenkampf? Denk an die Asiaten, wie viel Geld die mit ihren Tees verdienen!«
»Weiß Gott!«, stimmte Alex Flair ihm zu. »Die wissen, wie man es machen muss.«
Emily sah die beiden irritiert an. Auch Richard schien sofort zu begreifen, was Trevor mit seiner Bemerkung meinte. »Wieso? Die meisten Plantagen gehören doch Europäern.«
Die Männer lachten. Richard legte den rechten Arm liebevoll um Emily und erklärte:
»Schatz, Trevor meint nicht die Plantagen. Wir reden über das Zeug, dass die Schlitzaugen als Gesundheitstees und Pülverchen verhökern. Potenzmittel zum Beispiel …«
Emily schwieg. Was sollte sie auch dazu sagen?
»Im Ernst«, fuhr Trevor fort. »In diesen Sachen steckt eine Menge Geld. Auch bei uns. Die Asiaten verstehen was von Medizin, das ist unbestritten. Das müsste man viel stärker nutzen.«
»Dann investier doch«, meinte Richard provozierend, »du kannst es dir ja leisten.«
Trevor schüttelte den Kopf. »Nein, kein Interesse. Aber wie wär’s mit dir? Kein Mensch verlangt von dir, dass du nur immer brav Early Morning Tea importierst. Langweilt dich das nicht auf Dauer?«
Noch bevor Richard antworten konnte, mischte Emily sich ein. Die Arroganz, mit der Trevor de Sagan daherredete, war widerlich. Er wusste genau, wie stolz Richard und sie darauf waren, ihren Teehandel über all die Jahre aufgebaut zu haben. Es war ihr Lebenswerk.
Zornig funkelte sie ihn an. »Es ist unfair von dir, Trevor, uns als geschäftliche Versager hinzustellen. Wir wissen selbst, dass wir nicht in deiner Liga spielen. Aber deswegen hast du noch lange nicht das Recht, Richard für seine Arbeit hochzunehmen!«
Trevor reagierte mit einem verblüfften Gesichtsausdruck. Ohne seine Antwort abzuwarten, ließ Emily ihn einfach stehen und ging demonstrativ zur anderen Seite der Terrasse, wo sie sich mit dem Rücken an die Balustrade lehnte und zu den drei Männern hinüberschaute. Es ärgerte sie, dass Richard ihr nach einer solchen Beleidigung nicht solidarisch gefolgt war. Stattdessen hörte sie, wie ihr Mann zu Trevor sagte: »Wenn ich so darüber nachdenke, finde ich die Idee verdammt gut, weißt du das? Und niemand auf Jersey vertreibt das Zeug.«
»Tja, nur schade, dass du nicht in unserer Liga spielst«, antwortete Trevor de Sagan zynisch. Alex Flair lachte und zwinkerte Richard zu.
Richard drehte schweigend das Weinglas in seinen Händen und starrte über die Terrassenmauer hinweg in die Nacht hinein.
Entsetzt fuhr Emily hoch. Auch wenn dieses Gespräch damals nicht mehr als ein kurzes Geplänkel gewesen zu sein schien – jetzt bekam es eine ganz neue Bedeutung. Denn schlagartig erinnerte Emily sich an etwas, das Harold Conway ihr heute Morgen erzählt hatte.
Der Fahrer des gesuchten Pick-up – der Mann, den die Polizei als Doppelmörder in Verdacht hatte – verkaufte angeblich chinesische Kräutertees und andere asiatische Wundermittel. Das jedenfalls hatte ein Zeuge ausgesagt.
Aus ihren Fachzeitschriften wusste Emily, dass der Schwarzhandel mit solchen Tees und angeblichen Wundermitteln überall auf der Welt florierte. Darunter waren auch viele pflanzliche Medikamente, deren Einfuhr strikt verboten war, die aber gerade deshalb viel Geld einbrachten. Was, wenn aus der damaligen Diskussion während der Party tatsächlich eine Geschäftsidee entstanden war?
Sie schob den Gedanken schnell beiseite. Im Nachhinein traute sie Richard zwar vieles zu, aber jetzt ging ihre Fantasie mit ihr durch.
Sie wünschte sich, sie hätte sich nie an dieses Gespräch erinnert. Doch jetzt musste sie das Mosaik auch fertig zusammensetzen, ob sie wollte oder nicht. Das war sie ihrer Erinnerung schuldig.
Langsam stand sie auf. Erst jetzt
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