Was es heißt, in den Krieg zu ziehen
meines Hongkong-Urlaubs brachte ich einen Schreiber, der zusammen mit mir im Busch gewesen, aber schwer verwundet worden war und einen Bürojob bekommen hatte, dazu, meine Urlaubsunterlagen zu verschlampen, wodurch ich gleich noch einen Urlaub in Sydney anhängen konnte. So machte ich einen weiteren bizarren Sprung von einer Welt in eine andere und kam nach Australien, wo ich ein Auto stahl, weil ich auf eine Party wollte und es sonst keine Transportmöglichkeit gab. Es kam mir nicht einmal in den Sinn, dass es sich um Diebstahl handelte. Ich brauchte den Wagen und dachte mir, ich würde ihn nach der Party zurückbringen. Ich hatte unglaubliches Glück, denn der Besitzer war ein Veteran, der am Afrikafeldzug teilgenommen hatte und keine Anzeige erstattete. Einige Tage vorher hatte ich noch Menschen umgebracht. Mir einen Wagen zu nehmen, ohne zu fragen, war dagegen nichts. Und drei Tage nachdem ich den Wagen gestohlen hatte, war ich wieder im Gefecht.
Die eindeutig absteckbaren Schlachtfelder, wie sie George Patton im Zweiten Weltkrieg noch erlebt hatte, lösten sich in Vietnam auf und verweben sich heute zunehmend mit der zivilen Welt. In der Vergangenheit war die Schlacht eine initiatorische Erfahrung, die klar vom normalen Leben getrennt blieb, heute geht, wer mit Hochtechnologie tötet, kein persönliches Risiko mehr ein, was eine initiatorische Erfahrung verhindert. Das Ganze ist nichts als ein Job. Und selbst für jene, die nach wie vor ihr Leben riskieren und auf einem traditionelleren Schlachtfeld mit dem Tod konfrontiert werden, verwischen die modernen Kommunikationsmittel die Grenze zwischen Kampfsituation und normalem Leben. Natürlich sind alle froh, dass sie ungestraft den Feind attackieren und zehn Minuten später eine Cola trinken können, psychologisch und spirituell hat das jedoch seinen Preis. Die Welt des Krieges hinter sich zu lassen und ins »normale« Leben zurückzukehren, wird umso schwieriger, je mehr wir die Grenzen zwischen den beiden Welten verwischen. Wie können wir nach Hause zurückkehren, wenn wir nie wirklich weg waren?
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2 Töten
Jemanden zu töten, ohne die Gefühle von sich zu schieben, die dieser Akt hervorruft, verlangt eine Bewusstseinsstufe, die, ganz offen gesagt, die meisten Menschen überfordert. Soldaten töten für die Gesellschaft. Aber wenn sie nach Hause zurückkehren, erkennt die Gesellschaft in aller Regel nicht an, dass das, was sie von ihnen verlangt hat, einen tiefen Riss hinterlassen, Geist und Seele eine Last aufgebürdet hat, mit der fast alle für den Rest ihres Lebens zu kämpfen haben. Soldaten müssen lernen, die Erfahrung des Tötens zu akzeptieren und ihre Psyche neu zusammenzusetzen. Die meisten werden mit dieser Aufgabe allein gelassen.
Gelegentlich werde ich gefragt: »Wie fühlt es sich an, jemanden zu töten?« Manchmal höre ich statt dieser Frage auch nur: »Es muss sich schrecklich anfühlen, jemanden zu töten.« Nicht ganz so oft, aber umso schmerzhafter für mich, werde ich abgeurteilt, und es heißt: »Wie konntest du je einen anderen Menschen töten?«
Wenn die Leute kommen und sagen: »Du musst dich schrecklich gefühlt haben, als du jemanden getötet hast«, fällt es mir sehr schwer, ihnen die allzu simple Antwort zu geben, die sie gerne hören würden. Im Kampf selbst, und mit Kampf meine ich eine Situation, in der mein Leben und das Leben derer, für die ich verantwortlich war, auf dem Spiel standen, was etwas ganz anderes ist als das Drücken eines Knopfes für ein Cruise-Missile, im Kampf selbst fühlte ich entweder gar nichts oder war in einer Art Hochstimmung wie bei einem letzten, den Sieg bringenden Touchdown.
Ich habe früher immer gezögert, das zu sagen, aus Sorge, dass es nur Wasser auf die Mühlen derer wäre, die uns Vietnam-Veteranen vorwerfen, wir wären allesamt lauter kranke Kindermörder. Vielleicht haben sich einige Veteranen tatsächlich jedes einzelne Mal schrecklich gefühlt, wenn sie einen Menschen töten mussten, gerade so, wie es viele Leute von ihnen erwarten. Und ich bin mir auch sicher, dass einige von denen, die mir sagen, dass sie sich schrecklich und krank fühlen würden, es wirklich täten. Aber sie mussten es nicht. Ich musste es, und ich habe mich nicht so gefühlt. Es macht mich zornig, wenn mir die Leute sagen, was ich gefühlt haben müsse. Wichtiger aber noch ist, dass es die Wahrheit verschleiert.
Was ich heute, also vierzig Jahre danach, empfinde, ist Traurigkeit.
Es gab einen
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