Was Farben sagen
15 , und ein Untertauchen in der Menge war zum Beispiel mit einer leuchtend gelben Banderole nahezu unmöglich. Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass Gelb an sich keine » anstöÃige« Qualität in sich trägt, sondern man hat im Mittelalter und leider auch wieder in der Zeit der Judenverfolgung unter den Nationalsozialisten lediglich die Strahlkraft der Farbe missbraucht.
In China zur Zeit der Ching-Dynastie setzte man die verschwenderische Strahlkraft von Gelb dagegen mit dem Göttlichen gleich. Es war daher allein dem Kaiser vorbehalten, Gelb zu tragen, der Sonne zu Ehren. Auch in Indien gilt Gelb nicht nur als Farbe der Herrscher, sondern als die der Götter. Für die Hinduisten ist Gelb gleichbedeutend mit Licht, Leben und Unsterblichkeit. Die Farbe ist für sie ein Synonym für hehr, schön und heilig, weil sie das (in diesem Fall) prächtige Strahlen der Farbe verehren.
Optimismus und Heiterkeit   Was den » gelben Wahnsinn« angeht, so weià man heute, dass van Goghs psychische Probleme nichts mit der Farbe Gelb zu tun hatten. Er nutzte sie vielmehr, um sich zu heilen, da sie für ihn Optimismus, Heiterkeit, Licht und pure Lebenskraft verkörperte. Leatrice Eiseman hat diese aufmunternde Wirkung der Farbe auf den Punkt gebracht: Gelb ist » Prozac in einer Farbdose«. Wenn reines Gelb dennoch als unangenehm und aufdringlich empfunden wird, so liegt das, zumindest in meinen Augen, allein an dem schier überwältigenden und in manchen Tönen zu grellen Strahlen. Unangenehm kann dieâ allen unverfälschten Primärfarben eigeneâ kraftvolle, kompromisslose Energie sein, der man nicht entkommt.
Erbarmungsloses Ausleuchten   Im Fall von Gelb ist es ein Durchdringen und Ausleuchten bis ins Letzte. Gelb ist ein schonungsloses Offenlegen sowie eine gnadenlose Stimulation des Geistes, die ab und an sicher nur schwer zu ertragen sind. Orange wirkt im Vergleich dazu deutlich angenehmer. In ihm wurde der schwindelnde Höhenflug von Gelb durch schweres Rot auf halbem Weg gebremst, und man bewegt sich gewissermaÃen in moderater Höhe. Orange ist der besänftigende Sonnenuntergang, Gelb dagegen die Sonne auf ihrem Höchststandâ durchdringend, stechend. Betrachtet man insbesondere ein Zitronengelb längere Zeit, drängt es den Geist unbarmherzig zu Aktivität, immer weiter, ohne Pause. Gelb kann regelrecht aufdringlich wirken, da man sich seiner Leuchtkraft nicht entziehen kann. Der Verstand wird somit durch aggressives, anstrengendes Gelb zwar nicht » vom Wahnsinn umnebelt«â im Gegenteil, Gelb erleuchtet und legt offenâ, doch eine Ãberreizung durch die konstante geistige Stimulation ist durchaus denkbar.
Auch Johannes Itten verknüpft den » gelben Wahnsinn« nicht mit heiterem Gelb. Für ihn symbolisiert Gelb die absolute Wahrheitâ doch nur reines Gelb. Er differenziert zwischen » guten« und » schlechten« Gelbtönen, und nur in seiner getrübten Form steht Gelb für kranke, gleichsam getrübte Wahrheit und Unwahrheit. Damit zusammenhängend ist angeschmutztes Gelb für ihn auch die Farbe von » Neid, Verrat, Falschheit, Zweifel, Misstrauen und Irresein«.
Doch in seiner unverfälschten Leuchtkraft drückt Gelb stets eine heitere, sonnige und ansteckende Energie aus, die Goethe als nur » sanft reizend« und » munter« beschrieben hat. Mit der Lieblingsfarbe Gelb ist man dementsprechend optimistisch und meist heiter. Menschen mit einer Vorliebe für Gelb sind lebhaft, offen, kommunikativ, mit selbstbewusstem Auftreten.
Farbe des Geistes und Intellekts   Gelb gehört zwar noch zu den » irdischen«, auf den Körper bezogenen Farben, doch als letzte in der Reihe nach Rot und Orange weist es den schwächsten Körperbezug auf. Wo Rot ausschlieÃlich auf den rein physischen Aspekt konzentriert ist, weist Orange in seiner Kreativität bereits geistige Eigenschaften auf. Doch Gelb ist nun fast ausschlieÃlich auf das Denken fokussiert. Es ist nahezu ebenso immateriell wie Blau. Hier zeigen sich zwei Seiten einer Medaille: Beide Farbtöne umschreiben einen Aspekt des Geistesâ Blau das intuitive Denken und Gelb das rationale. Es steht unter anderem für den Intellekt und animiert dazu, alles analytisch zu zerlegen. Gelb stimuliert den Geist. Nicht umsonst spricht man von einem (gelben) Geistesblitz, einem » hellen
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