Was fühlt mein Hund, Was denkt mein Hund
den Bewegungsapparat zuständig sind, von Rasse zu Rasse unterschiedlich schnell ablaufen. Bei Vertretern tendenziell schwerfälliger Rassen, wie zum Beispiel Herdenschutzhunden, dauert es zum Beispiel länger als bei agilen Hütehunden. Auf gut Deutsch: Ein großer Schweizer Sennenhund oder Neufundländer kann sich gar nicht genauso schnell hinsetzen oder »Platz« machen wie ein Border Collie – selbst wenn er wollte.
Bei vermeintlich sturen Rassen dauert es oft ein bisschen, bis der Hund mitmacht.
Jeder Hund ist einzigartig
Hunde haben sich im Laufe der Jahrtausende durch die Selektionsbemühungen der Menschen zu unterschiedlichen Spezialisten entwickelt. Kräftig bemuskelte Wachhunde etwa sollen Eindruck schinden und territoriale Eindringlinge melden. Ansonsten dürfen sie einfach »rumhängen«. Oder der Große Schweizer Sennenhund: Der soll »sein« Gelände bewachen und gelegentlich ein paar Lasten tragen oder ziehen. Wie ein wieselflinker Border Collie agieren, das will und kann der Schweizer gar nicht. Meine kaukasische Owtscharka-Hündin sieht das übrigens genauso.
Selbst auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Hunde sind gruppenorientierte Individualisten und sollen vor allen Dingen Hund sein dürfen. Bequemen Hundetypen sind Agility, Dog Dance, Zielobjektsuche oder ständiges Frisbee-Bringen ein Gräuel.
Einfach so draufloszurennen ist für viele Hunde das Größte. Andere jedoch dösen lieber vor sich hin.
Unterschiedliche Interessen
Man stelle sich vor, Hunde dürften ohne menschliches Zutun eine sogenannte Motivationsanalyse durchführen und selbstständig beurteilen, wie sehr sie etwas anstreben oder nicht. Ohne Hellseher zu sein, kann ich mir lebhaft vorstellen, wie das abliefe.
Übertrieben formuliert würde das Windhundmädchen von nebenan beichten: »Allen Hundegefahrenverordnungen zum Trotz besteht meine Hauptmotivation darin, mein Frauchen so auszutricksen, dass ich abhauen kann. Ich liebe es, stundenlang Kaninchen zu hetzen.« Dem würde der massige Bernhardinerrüde protestierend erwidern: »Du spinnst wohl. So etwas artet ja in richtige Arbeit aus. Rumliegen ist viel schöner.
Wenn ich ›Beute machen‹ will, steht beim Nachbarn eine unbeaufsichtigte Schüssel Katzenfutter für mich bereit. Da nasche ich immer, wenn keiner aufpasst.« Was ich mit diesem Beispiel sagen will: Die Interessen sind eben unterschiedlich. Und dabei sollten wir es bewenden lassen.
Noch ganz kurz zur Reizangel: Für Jäger und Hirten bedeutet der Gebrauch dieser Geräte zur Formung des hundlichen Beutefangverhaltens seit Jahrhunderten kulturelles Wissen, das man von Generation zu Generation ganz unspektakulär einfach weiterreichte.
Heute ist das Reizangel-Training bei vielen Hundebesitzern »hip«. Und oft wird mit viel Energie krampfhaft versucht, selbst aus Hundetypen, die an der Jagd tendenziell eher uninteressiert sind, auf Teufel komm raus noch etwas »herauszukitzeln«. Dem Wesen seines Hundes wird man damit nicht gerecht. Aber das nur am Rande.
Wissen Hunde eigentlich, wie alt sie sind?
NINA RUGE: Ich frage mich ab und zu, ob unsere schlauen Hunde ein Gefühl für Zeit, Alter und Vergänglichkeit haben. Wenn ich sie auf der Spielwiese beobachte, scheint es zum Beispiel, als hätten Welpen eine gewisse Narrenfreiheit. Selbst mein Lupo lässt ihnen einiges durchgehen. Ähnlich verhält er sich auch gegenüber Hundesenioren. Wir treffen beim Gassigehen zum Beispiel öfter Bomba, einen 13-jährigen Viszla-Rüden.
Mit ihm trottet Lupo friedlich schnüffelnd durch die Landschaft. Dabei bleibt er gerne auch hinter Bomba, was auf mich beinahe so wirkt, als zeige er einen gewissen Respekt gegenüber dem alten Herrn. Es scheint fast, als wären alte Hunde keine Konkurrenten mehr, genauso wie es Welpen noch nicht sind. Lupo hat also allem Anschein nach ein Gespür dafür, wie alt seine Artgenossen sind, und kann einigermaßen realistisch einschätzen, wie viel Kraft und Erfahrung sie mitbringen.
Hunde sind äußerst aufmerksam. Erst wenn die Sinne nachlassen, sinkt das Interesse an der Umwelt.
Merkt Lupo, dass er erwachsen ist?
Lupo selbst erscheint mir, seit er erwachsen ist, viel selbstsicherer, aber auch dominanter.
Er braucht sich nicht mehr an jedem männlichen Vierbeiner abzuarbeiten, macht aber seinen Herrschaftsanspruch in manchen Situationen umso aggressiver klar. Hat er damit ein gewisses »Bewusstsein« für seine Entwicklungsstufe entwickelt? Versteht er intuitiv, dass er
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