Was fuer eine Nacht Cowboy
Wo es um Frauen geht, sind wir Tanner-Brüder wohl alle nicht sehr geschickt.”
“Das kannst du laut sagen.”
Nachdenklich blickte Tanner auf die Tür. “Sie ist aber sehr hübsch.” Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. “Wenn du es richtig anstellst, hast du über Weihnachten eine Bleibe.”
Nicht mal mit dem tollsten Trick würde er das schaffen.
Noah war weg. Endlich.
Um 10:40 heute morgen war er entlassen worden, während sie sich im Schwesternzimmer mit einer Tasse Kaffee und einem Hörnchen versteckt hatte.
Das war feige von ihr. Niemand hatte bisher gesagt, sie müsste tapfer sein. Sie wollte nur überleben. Jetzt würde sie es schaffen.
Nach dem Kuss war sie sich zuerst nicht sicher gewesen. Der Kuss hatte sie tief berührt. Aber verflixt, warum hatte Noah sie auch so überrascht? Wie hatte er sie nur einfach küssen können, als hätte er das Recht dazu?
Und wie konnte sie es wagen, seinen Kuss zu erwidern?
Himmel noch mal, das hatte sie getan. Mehr noch, sie hatte sich verhalten, als hätte sie ihn in den acht Jahren vermisst, so sehnsüchtig hatte sie sich ihm entgegengedrängt. Sie war einfach zu überrascht gewesen, zu erstaunt, um klar denken zu können. Sie hatte nur reagiert.
Doch das Schlimmste daran war, es war ihr vollkommen richtig, erschienen.
Ganz so, als wären die vielen einsamen Jahre und der Kummer nicht gewesen.
Mit einemmal hatte sie nur noch den Mann gespürt, der sie an sich gezogen hatte.
Sie hatte sich eingeredet, Noah hätte ihr nur deshalb so viel bedeutet, weil er der erste Mann gewesen war, der sich die Mühe gemacht hatte, hinter ihre Fassade zu schauen. Der erste Mann auch, dem gegenüber sie sich geöffnet hatte.
Tess war auf dem Land aufgewachsen, viel allein gewesen und hatte nie gelernt, sich mit anderen ungezwungen zu unterhalten. Sie war sehr ruhig und zurückhaltend, neigte eher dazu, ihre Zeit mit Tieren zu verbringen als mit Menschen. Nicht dass sie die Menschen nicht mochte. Das schon. Sie besaß bloß wenig Erfahrung im Umgang mit anderen.
Selbst ehe ihre Mutter an Krebs starb, wusste Tess bereits, dass sie Krankenschwester werden wollte, falls sie die Schule bezahlen konnten.
Beinahe wäre das nicht gegangen. Die ersten anderthalb Jahre hatte sie es mit der Unterstützung ihres Vaters geschafft. Doch dann war sein Pferd gestolpert und hatte ihn abgeworfen. Er war an seinen schweren Verletzungen gestorben.
Das war ein Jahr vor dem Sommer passiert, in dem sie Noah kennen gelernt hatte. Sie wohnte allein in einem kleinen Apartment, nicht weit vom Campus entfernt und hatte zwei Jobs annehmen müssen, um für das letzte Jahr die Schule bezahlen zu können. Ihre ältere Schwester Nancy hatte geheiratet und war im Frühjahr nach Omaha gezogen. Tess hatte ein paar Freunde auf der Arbeit und in der Schule, aber zu wenig Zeit, um mit irgendwann auszugehen. Meistens war sie allein.
Ihr fiel nicht auf, wie einsam sie war oder wie sehr sie sich nach jemandem sehnte, mit dem sie alles teilen konnte, bis der dunkelhaarige, blauäugige Rodeoreiter auftauchte und im Krankenhaus so mit ihr flirtete, dass er Einlass in ihr Leben fand.
So etwas hatte sie nie zuvor getan - einen Mann mit nach Hause genommen.
Besonders nicht über Nacht. Sie hätte es nicht gewagt, einen Mann wie Noah zu sich einzuladen, wäre er im Besitz seiner vollen Körperkräfte gewesen. Aber das war Noah ja nicht. Er schien noch etwas pflegebedürftig und konnte ihre Hilfe brauchen.
Himmel, aber sie brauchte ihn auch.
Ihr war nicht aufgefallen, wie sehr. Noch heute brannten ihr die Wangen, wenn sie daran dachte, wie naiv und dumm sie vor acht Jahren gewesen war. In wenigen Tagen hatte sie alles mit ihm geteilt. Ihr Leben, ihre Hoffnungen, ihre Ängste, ihre Träume. Und ihr Bett.
Selbst im nachhinein wurde sie noch verlegen, wenn sie sich daran erinnerte, wie begeistert sie gerade im Bett auf ihn eingegangen war. Noah Tanner wusste mehr über sie als sonst jemand auf der Welt.
Als er gegangen war, hatte er einen Teil von ihr mitgenommen.
Sicher, das war ihre eigene Schuld. Er hatte ihr nichts versprochen. Er war lieb, aufmerksam und fürsorglich gewesen. Mal hatte er sich launisch, mal ernst und wieder lustig gezeigt. Er war ihr Freund, Vertrauter und Geliebter zugleich.
Aber er hatte nie von einer dauerhaften Beziehung gesprochen.
Das hatte sie sich gewünscht.
Aber sie hätte ihn besser kennen müssen. Noah Tanner war ein Rodeocowboy.
Ein Mann, der seinen Lebensunterhalt
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