Was geschah mit Angelika H.
so ein Café, also, seien wir ehrlich, das bringt doch nur Peanuts. Das ist nicht der Stil dieser Leute – wer auch immer sie sein mögen. Und diese Ganoven …«
»Laurel und Hardy – alias Herb und Schorsch.«
»Verdammt komisch. Nach der Beschreibung könnten das zwei kleine Gelegenheitsstenze sein, in der Branche als Duo banane bekannt. Aber die beiden sitzen seit einem Jahr im Klingelpütz. Haben ’ner Oma den Sparstrumpf geklaut oder so was. Sie können es also nicht gewesen sein. Und selbst wenn sie es gewesen wären, dann hätten sie kaum im Auftrag dieser anderen Leute gehandelt, die ich, wie gesagt, nicht kenne. Kein halbwegs normaler sizilianischer Mafioso würde sich mit dem Duo banane einlassen.«
»Aber irgend jemand muß das Regenbogen verwüstet haben.« Markesch lachte hart. »Und die Heinzelmännchen waren es nicht, soviel steht fest.«
»Okay, ich werde mich umhören, was aus Herb und Schorsch geworden ist«, versprach der Zwerg. »Genügt dir das?«
Markesch schüttelte den Kopf. »Ich möchte, daß du für mich ein Rendezvous arrangierst. Mit diesen Leuten, die du nicht kennst. Ich will mit ihnen reden.«
Der Zwerg lachte blökend. »Klar. Großartige Idee! He, wie stellst du dir das vor? Bist du wahnsinnig? Warum sollten Leute, die ich nicht einmal kenne, mit dir über Dinge reden wollen, mit denen sie aller Wahrscheinlichkeit nach nichts zu tun haben?«
»Daß sie nichts damit zu tun haben, steht noch längst nicht fest«, widersprach Markesch grimmig. »Ich will es aus ihrem eigenen Mund hören. Und wenn sie tatsächlich nichts damit zu tun haben – also, ich könnte mir gut vorstellen, daß es sie interessiert, wenn sich irgendwelche Trittbrettfahrer an ihre Geschäfte hängen. Meinst du nicht auch?«
Der Zwerg wackelte mit dem Kopf. »Vielleicht. Schon möglich. Wer weiß da schon Bescheid? Also gut, ich werde es versuchen, okay? Aber ich kann dir nichts versprechen.«
»Du bist ein wahrer Freund«, erklärte Markesch. »Du wirst wahrscheinlich trotzdem in der Hölle brennen, aber wegen dieser guten Tat nur auf kleiner Flamme.«
»Und du auf dem Rost neben mir – das wird eine tolle Zeit.« Ronnie der Zwerg wandte sich wieder dem Automaten zu und fütterte ihn mit Münzen. »Ich rufe dich an.«
»Danke.« Markesch klopfte ihm auf den fleischigen Rücken, warf einen letzten entsagungsvollen Blick zu den drei blonden Gespielinnen hinüber und steuerte den Ausgang an.
»Markesch?«
Er blieb stehen.
»Du schuldest mir etwas dafür, Markesch«, sagte der Zwerg. Er lächelte dabei wie ein boshafter Faun. »Vergiß es nicht.«
»Ich weiß. Ich werde es nicht vergessen.«
Er ging hinaus, und plötzlich hatte er doch das Gefühl, seine Seele verkauft zu haben. Früher oder später würde ihm Ronnie die Rechnung für diesen Gefallen präsentieren, und er konnte sicher sein, daß die Höhe der Rechnung nur knapp unter der Schmerzgrenze liegen würde.
Mit einem Fluch schüttelte er die düsteren Gedanken ab und schlenderte zum Chlodwigplatz. Der nächtliche Sturm hatte die Weihnachtssterne an den Geschäften zerfetzt, die Tannenzweiggirlanden über dem Platz zerrissen und den meterhohen Christbaum vor dem Severinstor bis zur Unkenntlichkeit entnadelt. Es war ein derart deprimierender Anblick, daß Markesch fast kehrt und sich auf den Weg ins Regenbogen gemacht hätte, doch gerade noch rechtzeitig fiel ihm ein, daß es im Café noch deprimierender aussah.
Er floh vor den aufkommenden Böen in einen türkischen Grill und ließ sich einen doppelten Raki und das Telefon geben.
Draußen verdunkelte sich der Himmel immer mehr, und ein diffuses Gemisch aus Nieselregen und an Wachstumsstörungen leidenden Schneeflocken trübte den Blick auf die gegenüberliegende Bushaltestelle, an der sich die Menschen drängten, als wollten sie noch vor der nächsten Sturmfront aus der Stadt evakuiert werden.
Er konnte es ihnen nicht verdenken.
Hätte er nicht einen Job zu erledigen, hätte er Köln längst verlassen – Richtung Süden, der Sonne entgegen, dem Strand und den schmutzigen Fluten des Mittelmeers.
Er zog Hillings Visitenkarte heraus und wählte Dr. Roths Nummer, die er auf der Rückseite notiert hatte. Eine Frauenstimme meldete sich, wahrscheinlich die Sprechstundenhilfe. Sie klang so schrill und nervös, als hätte sie es dringend nötig, ein paar Wochen auf der Couch des Seelenklempners zu verbringen. Rücksichtsvoll verzichtete Markesch auf jede launige Bemerkung und verlangte
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