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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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ist. Es könnte ihn umbringen. Nein, überlassen Sie das mir. Ich fahre zu ihm und kümmere mich um alles. Mir wird schon eine überzeugende Erklärung einfallen.«
    Markesch zuckte die Schultern. »Wie Sie wollen. Ich melde mich später. Ich werde dem Weihnachtsmann schon auf die Spur kommen, verlassen Sie sich darauf. Vielleicht steckt ja dieser Sanyit dahinter. Es gibt da einige Punkte, die mir verdammt seltsam vorkommen – schon allein sein Beruf. Vom professionellen Gemüsesaftmixer zum erpresserischen Weihnachtsmann ist es nur ein kleiner Sprung, finden Sie nicht auch, Doktor?«
    »Sie meinen Bikshu Arupa?« fragte Roth. »Sie glauben, daß er der Entführer ist?«
    »Wenn er es ist, werde ich es herausfinden«, versicherte Markesch düster. »Und jetzt muß ich gehen – mein Scotch wartet.«
    Er ging davon, die Treppe zum Weihnachtsmarkt hinauf, dem Ort seines dramatischen Scheiterns, und steuerte den nächsten Getränkestand an. Es gab keinen Scotch, doch ein Kölsch und ein Korn taten es auch. Während er trank und mit halbem Ohr den Weihnachtsweisen zuhörte, die aus einem lebkuchenförmigen Lautsprecher drangen, haderte er mit sich und seinem Schicksal.
    Verdammt, er hätte selbst den Geldboten spielen sollen! Es war ein Fehler gewesen, den Koffer mit der Viertelmillion diesem Psychiater anzuvertrauen, der zwar aussah wie eine wandelnde Reklame für die Freuden des gesunden Lebens, aber schon nach einem einzigen Faustschlag zusammenklappte.
    Eine Viertelmillion, dachte Markesch erschüttert. Weg! Einfach weg!
    Er wagte sich gar nicht vorzustellen, wie der Oberst darauf reagieren würde. Aber vielleicht hielt der Entführer ja sein Wort und ließ Angelika Hilling frei. Vielleicht stand sie bereits vor der Tür des großväterlichen Hauses.
    Aber wie Roth gesagt hatte – vielleicht steckte sie wirklich hinter der Entführung, und dann würde sie mit Sicherheit nicht bei Opa Hilling auftauchen. Merkwürdig, daß Roth sie mit keinem Wort erwähnt hatte. Mußte am Schock gelegen haben. Und Porschefahrer waren ohnehin eine ganz besondere Rasse.
    Genau wie Weihnachtsmänner.
    Markesch stürzte den zweiten Korn hinunter und bestellte den nächsten.
    Dieser Bastard! Einfach seinen Trick mit der Kostümierung zu kopieren und im Schutz der 1. Kölner Weihnachtsmannkonferenz zu verschwinden … dazu gehörte schon ein haarsträubendes Maß an Dreistigkeit. Und wie er seelenruhig die Bierflasche mit den Zähnen geöffnet und ausgesoffen hatte, während Roth und der Koffer nur zwei Schritte von ihm entfernt gewesen waren. Das war wirklich der Gipfel der …
    Markesch stutzte.
    Die Bierflasche mit den Zähnen geöffnet … mit den Zähnen … und er war dick gewesen, früher sicher muskulös, doch inzwischen verfettet, dick und etwa einen Kopf größer als er …
    »Ich Idiot!« stieß Markesch hervor. »Ich verdammter Idiot! Natürlich! Das ist es!«
    Er stürmte los.
    Und er hoffte, daß er noch rechtzeitig ankam, um den Weihnachtsmann, der seine Bierflaschen mit den Zähnen zu öffnen pflegte, die Bescherung gründlich zu verderben.

 
9
     
    Markesch brauste in seinem rostigen Ford durch die vorweihnachtliche Stadt, und die Stadt gehörte ihm. Der Verkehr war so dicht und zähflüssig, als hätten alle anderen Autofahrer die Bremse zu ihrem Gott erhoben, aber Markesch bremste nicht – sein Gott war das Gaspedal, und er drückte es gnadenlos bis zum Boden durch. Mit artistischer Geschicklichkeit zwängte er sich in jede Lücke, die sich in der rollenden Blechkarawane auftat, wechselte abrupt die Fahrspur, scheuchte mit Hupe und Lichthupe Kleinwagen und Schwerlaster aus dem Weg und bretterte mit Tempo Hundert über jede Ampel, die so aberwitzig war, vor ihm auf Rot zu springen.
    Gelegentlich hatte er das vage Gefühl, gegen die eine oder andere Verkehrsregel zu verstoßen, aber er war nicht Privatdetektiv geworden, weil er von Natur aus edel, gut und gesetzestreu war. Außerdem war die Straßenverkehrsordnung eine Sache und ein Koffer mit einer Viertelmillion Deutsche Mark eine andere.
    Endlich lag die Innenstadt hinter ihm, und er schoß über die A 57 dem Autobahnkreuz Köln-Nord entgegen, den Fuß so fest aufs Gaspedal gedrückt, als wäre es das Genick jenes erpresserischen Weihnachtsmanns, der geglaubt hatte, einen hartgesottenen Privatschnüffler wie ihn austricksen zu können.
    Er lachte wild und zog an einem silbergrauen BMW vorbei, der mit einem ganzen Sammelsurium von Stickern und Plaketten beklebt war,

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