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Was geschah mit Angelika H.

Was geschah mit Angelika H.

Titel: Was geschah mit Angelika H. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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ein großer nervöser Rabe um den Tresen.
    In Markeschs Magengrube bildete sich ein harter, kalter Klumpen.
    Er legte die letzten Meter im Laufschritt zurück und rüttelte an der Tür – verschlossen.
    Dann sah er den Zettel an der Glasscheibe: Wegen Geschäftsaufgabe ab sofort geschlossen. Er stieß eine Verwünschung aus. Verdammt, was hatte das schon wieder zu bedeuten? Wenn diese Hurensöhne von Laurel und Hardy dahintersteckten … Er hämmerte mit der Faust gegen das Glas. Die rabenschwarze Gestalt schreckte zusammen und kam zu Tür geflattert.
    Es war Sophie. In schwarzer Trauerkleidung und einem Schleier aus hauchdünner schwarzer Gaze vor dem Gesicht.
    Witwentracht, dachte Markesch. Großer Gott, was ist passiert?
    Der Klumpen in seiner Magengegend wurde noch härter, noch kälter.
    Sophie öffnete die Tür. Düstere Musik schlug ihm entgegen – Chopins klassischer Trauermarsch in H-Moll, und dann sah er auch den Kranz an der Wand, den Grabkranz mit der regenbogenbunten Schleife und den Worten Ruhe in Frieden.
    »Großer Gott!« sagte er.
    Sophie schlug den Schleier zurück, bot ihm ihr blasses, tragisches Gesicht mit den großen tränenumflorten Augen dar und sank dann mit einem filmreifen Seufzer an seine Brust.
    »Oh, Markesch!« schluchzte sie. »Es ist furchtbar! Es ist entsetzlich! Es ist sogar kaum zu glauben!«
    »Großer Gott!« sagte er wieder. »Was ist passiert? Was hat das zu bedeuten? Was ist los? Verdammt, so rede doch!«
    »Archimedes …« Sie schluchzte wieder. »Er … er … Oh, Markesch, es ist so furchtbar!«
    »Großer Gott!« sagte Markesch zum dritten Mal. »Archimedes? Was ist mit ihm? Er ist doch nicht … Ich meine, er ist doch nicht etwa – tot? Himmel, Sophie, sag, daß er nicht tot ist! Sag es!«
    Verzweiflung schnürte ihm die Kehle zu. Nicht Archimedes, dachte er! Es kann nicht sein, es darf nicht sein!
    »Quatsch«, sagte Sophie plötzlich mit völlig normaler Stimme. Sie löste sich von ihm, nahm den Schleier ab und warf ihn wütend auf den Boden. »Natürlich ist er nicht tot. Leute wie Archimedes sterben nicht so schnell – nicht mal, wenn ihnen eine Abrißbirne auf den Kopf fällt.«
    »Er ist nicht tot?« Markesch schüttelte benommen den Kopf. »Aber … Ich will verdammt sein! Was soll dann dieses Theater? Bist du wahnsinnig geworden oder was?«
    »Wahnsinnig nicht, aber arbeitslos, und ich frage mich wirklich, was schlimmer ist.« Sie ging hinter den Tresen, fischte eine Flasche Scotch vom Regal und füllte zwei Gläser. »Hier, trink. Du wirst’s gebrauchen können. Du bist nämlich auch dein Büro los. In Zukunft kannst du deine Klienten auf dem Südfriedhof empfangen. Dieser griechische Mistkerl will das Café verkaufen. Und wir können sehen, wo wir bleiben.«
    Sie stürzte den Scotch hinunter und schenkte nach.
    Markesch sah sie fassungslos an. »Ich glaub’ es einfach nicht! Wieso will er das Café verkaufen? Es muß doch irgend etwas passiert sein!«
    Sophie fuchtelte mit dem Whiskyglas. »Natürlich ist was passiert. Archimedes hat sich heute vormittag in seinen Wagen gesetzt, Gas gegeben und nach zwanzig Metern einen Laternenpfahl gerammt – übrigens zum fünften Mal in diesem Jahr. Aber in seinem Wahn bildet er sich jetzt ein, daß ihm die Schutzgelderpresser die Bremsschläuche durchgeschnitten haben und will das Café an den erstbesten Spekulanten verkaufen. Großartig, nicht wahr?«
    Sie stürzte das Glas hinunter.
    »Archimedes ist gegen einen Laternenpfahl gefahren? Ist er verletzt? Und wo steckt er?«
    »Verletzt!« Sie lachte verächtlich. »Wenn er sich wenigstens das Genick gebrochen hätte, das wäre was. Er hat sich nur den großen Zeh verstaucht, das ist alles, aber er liegt trotzdem in der Uniklinik. Zur Beobachtung, sagt er. Für den Fall, daß er sich irgendwelche unentdeckten inneren Verletzungen zugezogen hat, sagt er. Aber das einzige, was ihn ans Krankenhaus fesselt, sind die jungen, hübsche Schwesternschülerinnen. Ich kenne Archimedes doch.«
    Markesch griff entschlossen nach seinem Scotch und dem Telefon. »Gib mir die Nummer vom Krankenhaus. Er hat doch Telefon auf dem Zimmer, oder?«
    »Er hat alles auf dem Zimmer«, versicherte Sophie. »Telefon, Schnaps und lose Weiber.« Sie wühlte hinter dem Tresen und reichte ihm einen Zettel. »Versuch’s – aber ich glaube nicht, daß du viel Erfolg haben wirst.«
    Markesch wählte.
    »Wer wagt es, meine Kreise zu stören?« meldete sich eine Stimme, die in etwa so leidend klang

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