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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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leeren Parkplatz abbogen, sah ich auf die Rückbank. Joseph war immer noch weggetreten.
    »Komm mit«, sagte Noah und stieg aus. Ich folgte ihm und er verriegelte den Wagen hinter uns. Wir gingen ein kurzes Stück, ehe Noah hinter einem Einkaufszentrum unter einem Baumgestrüpp stehen blieb.
    Erschloss die Augen und ich sah, wie er die Hände zu Fäusten ballte. Die Muskeln in seinen Unterarmen spannten sich. Er warf mir einen düsteren Blick zu.
    »Komm her«, sagte er. Ich ging zu ihm hinüber.
    »Noch näher.«
    Ich machte noch einen Schritt, aber ich würde lügen, wenn ich behaupten wollte, dass ich mich nicht gefürchtet hätte. Das Herz hämmerte mir in der Brust.
    Noah seufzte und kam mir das letzte Stück entgegen, dann blieb er hinter mir stehen, die Brust an meinen Rücken gedrückt. Ich spürte, wie er sich der Länge nach an mich presste, und schauderte. Keine Ahnung, ob es an ihm lag oder daran, dass ich in nassen Klamotten im Freien stand.
    Er legte mir einen Arm über die Brust, parallel zu den Schlüsselbeinen, und schob den anderen unter meinem Arm hindurch, sodass sich seine Hände fast berührten.
    »Halt ganz still«, flüsterte er. Ich nickte stumm.
    »Also dann. Eins.« Er wisperte mir leise ins Ohr, kitzelte mich.
    »Zwei.«
    »Warte!«, sagte ich in Panik. »Was ist, wenn ich schreie?«
    »Lass es.«
    Und dann war meine linke Seite ein einziger Schmerz. Weißglühende Funken explodierten hinter meinen Aug- äpfeln und ich merkte, dass mir die Knie wegsackten. Vom Boden bekam ich nichts mehr mit. Ich sah nur tiefes, undurchdringliches Schwarz, während ich davontrieb.
    Icherwachte, als ich spürte, wie der Wagen auf dem Asphalt einen Bogen beschrieb. Als ich aufsah, fuhren wir gerade unter unserem Ausfahrtsschild hindurch.
    »Was ist passiert?«, murmelte ich. Meine nassen Haare waren in der Heizungsluft getrocknet und steif vor Dreck.
    »Ich habe dir die Schulter wieder eingerenkt«, sagte Noah und starrte auf die heller werdende Straße vor uns.
    »Du bist ohnmächtig geworden.«
    Ich rieb mir die Augen. Der Schmerz in meiner Schulter war zu einem dumpfen Klopfen abgeebbt. Ich sah auf die Uhr. Fast sechs Uhr früh. Wenn es stimmte, würden meine Eltern bald wach sein.
    Joseph war es schon.
    »Joseph!«, rief ich.
    Er lächelte mir zu. »Hallo, Mara.«
    »Bist du okay?«
    »Ja. Nur ein bisschen müde.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich glaube, ich bin in den Graben neben dem Fußballplatz gefallen und da habt ihr mich gefunden«, erklärte er.
    Ich sah verstohlen zu Noah hinüber. Er erwiderte meinen Blick und schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf. Wie konnte er nur glauben, dass Joseph ihm das abkaufen würde?
    »Es ist schon komisch, ich kann mich nicht mal erinnern, überhaupt hingegangen zu sein. Wie habt ihr mich eigentlich gefunden?«
    Noah fuhr sich mit der schmutzigen Hand über die Stirn. »Mit viel Glück, vermute ich«, sagte er und mied meinen Blick.
    Josephließ mich nicht aus den Augen, selbst als er mit Noah sprach. »Ich weiß nicht mal mehr, dass ich dir eine SMS geschickt habe, damit du mich abholst. Ich muss ganz schön auf den Kopf geknallt sein.«
    Das schien die Begleitlüge zu jener zu sein, die Noah ihm über den Fußballplatz erzählt hatte. Und Josephs starrer Blick verriet mir, dass er weder die eine noch die andere glaubte. Trotzdem schien er das Spiel mitzuspielen.
    Und ich tat es ebenfalls. »Tut es weh?«, fragte ich meinen Bruder.
    »Ein bisschen. Außerdem geht es meinem Magen nicht besonders. Was soll ich Mom erzählen?«
    Noah sah stur geradeaus und wartete darauf, dass ich diese Entscheidung traf. Es war offensichtlich, was Joseph von uns wissen wollte: ob er Noah und mich outen oder ob er uns vertrauen sollte. Denn wenn er unseren Eltern die Lüge auftischte, die Noah ihm erzählt hatte, war klar, dass meine Mutter hochgehen würde – wie eine Bombe.
    Und sie würde Fragen stellen. Fragen, von denen Noah sagte, dass er sie nicht beantworten konnte.
    Ich drehte mich zu meinem kleinen Bruder um. Er war schmutzig, aber unversehrt. Skeptisch, aber unbesorgt. Wenn ich ihm allerdings erzählen würde, was wirklich geschehen war – dass ihn ein Fremder verschleppt, gefesselt und mitten in einem Sumpf in einen Schuppen gesperrt hatte –, was würde das mit ihm machen? Wie würde er dann dreinblicken? Wieder kehrte die Erinnerung an sein aschfahles, niedergeschlagenes Gesicht im Warteraum des Krankenhauses zurück, nachdem ich mir den Arm verbrannt hatte; wie klein

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