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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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kitzelte am Bügel meines BHs. Ich watete vorsichtig weiter und verfing mich mit den Füßen im Unkraut am Grund. Noah richtete die Taschenlampe auf das Wasser vor mir, es sah braun und schlammig aus im Licht. Ich schluckte meinen Abscheu hinunter und ging weiter, wartete darauf, dass der Boden unter meinen Füßen abfiel.
    »Nicht bewegen«, sagte Noah. Ich erstarrte.
    SeinLichtstrahl huschte um mich herum über das Wasser. Die Alligatoren kamen praktisch aus dem Nichts.
    Mein Puls dröhnte mir in den Ohren, als ich in der Dunkelheit mehrere körperlose Lichtpunkte entdeckte. Ein Augenpaar. Drei. Sieben. Ich verlor den Überblick.
    Ich war wie gelähmt und konnte weder vor noch zurück. Ich sah zu Noah hinauf. Er war keine fünf Meter entfernt, doch das Wasser zwischen uns hätte ebenso gut ein Ozean sein können.
    »Ich komme wieder rein«, sagte er. »Und lenke sie ab.«
    »Nein!«, flüsterte ich, ohne zu wissen, warum ich das Gefühl hatte, leise sein zu müssen.
    »Ich muss. Es sind zu viele und wir haben keine Zeit.«
    Auch wenn ich wusste, dass ich es besser hätte bleiben lassen sollen, riss ich mich von Noahs Schatten los und sah mich um. Sie waren überall.
    »Du musst Joseph holen«, sagte ich verzweifelt. Noah kam einen Schritt näher ans Ufer.
    »Nicht.«
    Er rutschte über den Rand. Der Strahl der Taschenlampe hüpfte auf dem Wasser und ich hörte ein Platschen. Als er die Lampe ruhig hielt, verschwanden mehrere Augenpaare. Dann tauchten sie wieder auf. Viel, viel näher.
    »Mach dass du rauskommst, Noah!«
    »Los, Mara!« Noah planschte im Wasser, blieb aber dicht am Ufer und entfernte sich von mir.
    Ich sah, wie die Alligatoren auf ihn zuschwammen, doch einige Augen blieben auch bei mir. Er machte es nur noch schlimmer, der Idiot. Gleich würden wir beide in der Falle sitzen und mein Bruder ganz allein sein.
    Ichspürte einen von ihnen näher kommen, noch ehe ich ihn sah. Eine große, prähistorische Schnauze tauchte einen knappen Meter vor mir auf. Ich konnte den Umriss des lederartigen Kopfes erkennen. Ich war voller Panik, aber da war noch mehr.
    Mein Bruder war verschwunden, mutterseelenallein, und er hatte mehr Angst als ich. Es gab niemanden, der ihm helfen konnte, niemanden außer uns. Und so, wie es aussah, würde selbst daraus nichts werden. Noah war der Einzige, der wusste, wo wir suchen mussten, und er war im Begriff, sich umzubringen.
    Etwas Wildes regte sich in mir, während mich die schwarzen Augen anstarrten. Große, schwarze Puppenaugen. Ich würde sie töten.
    Ich hatte keine Zeit, mich zu fragen, wo zum Teufel dieser Gedanke herkam, denn etwas veränderte sich. Ein tiefes, kaum wahrnehmbares Grollen erschütterte das Wasser und links von mir hörte ich ein Platschen. Ich wirbelte herum, ganz benommen von diesem Anflug von Gewalt, aber da war nichts. Meine Augen fuhren zurück zu der Stelle, an der ich das Reptil gesehen hatte, das mir am nächsten gewesen war. Doch es war fort. Ich folgte dem Lichtkreis, als Noah die Wasserfläche ableuchtete. Die Augenpaare waren weniger geworden; jetzt konnte ich sie zählen. Fünf Paare. Vier. Eins. Dann glitten sie alle in die Dunkelheit.
    »Los jetzt!«, rief ich Noah zu und stieß mich ab, um das restliche Stück zu schwimmen. Ich hörte, wie er sich aus dem Wasser zog. Ich wühlte mich durch die Düsternis, verfing mich einmal in Schlingpflanzen, doch ich hielt nicht an. Am Ufer glitten meine Hände über verschlungene Wurzeln, fanden aber keinen Halt. Noah hielt mir die Hand hin und ich packte sie. Die Beine gegen den Boden gestemmt, zog er mich hinauf. Als ich draußen war, ließ ich seine Hand los und sank hustend auf die Knie.
    »Du«, spuckte ich, »bist ein Idiot.«
    Ich konnte sein Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen, aber ich hörte, wie er nach Luft schnappte. »Unmöglich«, flüsterte er.
    Ich rappelte mich auf. »Was ist unmöglich?«, fragte ich, als ich wieder zu Atem kam.
    Er achtete nicht auf mich. »Wir müssen los.« Die Klamotten klebten ihm am Leib und seine Haare standen ab, als er mit der Hand hindurchfuhr. Seine Baseballkappe war verschwunden. Noah ging voraus und ich folgte ihm durch das nasse Schilf watend. Als wir einen lang gezogenen Grasstreifen erreichten, begann er zu rennen. Ich tat es ihm nach. Der Schlamm zerrte an meinen Schuhen und ich keuchte vor Anstrengung. Ich hatte stechende Schmerzen in der Brust und japste nach Luft. Als Noah vor einem kleinen Betonschuppen stehen blieb, brach ich fast zusammen.

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