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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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kleines Lächeln ab.
    Noah sah mich unter regennassen Wimpern an. Seine blauen Augen ließen meine nicht los. »Wovon?«
    Ja, wovon. Von Joseph? Oder Jude? Ich wusste nicht, was Wirklichkeit, was ein Albtraum und was eine Erinnerung war.
    Also sagte ich Noah die Wahrheit. »Ich kann mich nicht erinnern.«
    Er sah nach vorn auf die Straße. »Willst du dich überhaupt erinnern?«
    Auf diese Frage war ich nicht gefasst. Wollte ich mich erinnern?
    Hatte ich denn eine Wahl?
    Das Scheppern der Türen hallte mir in den Ohren. Ich hörte das Ratschen meines Reißverschlusses, als Jude ihn herunterzerrte. Dann das Echo von Rachels Stimme in der Eingangshalle, in meinem Kopf. Dann war sie fort. Und ich hörte sie nie wieder.
    Aber vielleicht … vielleicht hatte ich sie doch gehört.Vielleicht war sie mich holen gekommen und ich erinnerte mich einfach noch nicht daran. Sie hatte nach mir gerufen; vielleicht war sie gekommen, bevor das Gebäude sie erschlug.
    Bevores sie und Jude erschlug, der mich geschlagen hatte. Mein Mund wurde trocken. Eine Phantomerinnerung machte sich bemerkbar und quälte mein Gehirn. Das hier war wichtig, ich wusste bloß noch nicht, warum.
    »Mara?« Noahs Stimme holte mich in die Gegenwart zurück. Wir hielten vor einer roten Ampel und der Regen prasselte unaufhörlich gegen die Windschutzscheibe. Die Palmen auf dem Mittelstreifen schwankten und bogen sich, als drohten sie zu zerbrechen. Doch das würden sie nicht. Sie waren stark genug, das auszuhalten.
    Genau wie ich.
    Ich wandte mich wieder Noah zu und sah ihn aufmerksam an. »Ich glaube, es nicht zu wissen ist schlimmer«, sagte ich. »Ich will mich lieber erinnern.«
    Kaum hatte ich das gesagt, begriff ich: Alles, was passiert war – die Halluzinationen, die Paranoia, die Albträume –, all das war nichts anderes als mein Bedürfnis, Bescheid zu wissen und zu verstehen, was in jener Nacht geschehen war. Was Rachel zugestoßen war. Was mir widerfahren war. Ich erinnerte mich daran, genau das vor eineinhalb Wochen zu Dr. Maillard gesagt zu haben, und sie hatte lächelnd erwidert, das könne ich nicht erzwingen.
    Aber vielleicht konnte ich es doch. Vielleicht konnte ich wählen.
    Also wählte ich. »Ich muss mich erinnern«, sagte ich zu Noah, mit einer Heftigkeit, die uns beide überraschte. Und dann: »Kannst du mir helfen?«
    Er wandte sich ab. »Wie?«
    Jetzt, wo ich wusste, was nicht stimmte, wusste ich auch, wie es zu beheben war. »Mit Hypnose.«
    »MitHypnose?«, wiederholte Noah langsam.
    »Ja.« Meine Mutter glaubte nicht daran. Sie glaubte an Therapien und Medikamente, die vielleicht erst in Wochen, Monaten oder gar Jahren Wirkung zeigten. So viel Zeit hatte ich nicht. Mein Leben, mein ganzes Universum lief aus dem Ruder, ich musste jetzt erfahren, was mit mir geschah. Nicht morgen und auch nicht nächsten Donnerstag, für den mein nächster Termin angesetzt war. Jetzt und heute.
    Noah gab keine Antwort, aber er kramte in seiner Hosentasche nach seinem Handy, während er mit einer Hand weiterlenkte. Er wählte und ich hörte es klingeln.
    »Hallo, Albert. Können Sie mir für heute Nachmittag einen Termin bei einem Hypnotiseur besorgen?«
    Ich verkniff mir jede Bemerkung über Albert, den Butler. Dafür war ich viel zu aufgeregt. Zu angespannt.
    »Ich weiß, dass es Samstag ist«, sagte Noah. »Lassen Sie mich einfach wissen, was Sie herausfinden, ja? Danke.«
    Er drückte das Gespräch weg. »Er schickt mir eine SMS. Möchtest du in der Zwischenzeit irgendetwas unternehmen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Also gut«, sagte er, »ich habe Hunger. Wie wäre es mit Mittagessen?«
    »Wie du willst«, sagte ich und Noah lächelte mich an, aber es war ein trauriges Lächeln.
    Als wir in die Calle Ocho einbogen, wusste ich, wohin es ging. Noah fuhr auf den Parkplatz des kubanischen Restaurants und wir hasteten ins Gebäude, in dem trotz der Sintflut irrsinniger Betrieb herrschte.
    Währendwir in der Nähe der Desserttheke darauf warteten, einen Platz zugewiesen zu bekommen, musste ich beim Gedanken an unser letztes Essen lächeln. Ich hörte das Zischen und Brutzeln von Zwiebeln, die im heißen Öl landeten und mir den Mund wässrig machten, während ich das Schwarze Brett neben der Theke überflog. Immobilienanzeigen, Veranstaltungshinweise …
    Ich trat dichter an das Brett heran.
    Kommen Sie zum Botanica Seis und besuchen Sie den Vortrag »Erschließe die Geheimnisse deines Geistes und deiner Vergangenheit« mit Abel Lukumi,

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