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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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merkwürdigen Kontrast zur Einrichtung, die aus regelrechtem Oma-Mobiliar bestand: einem gelblich braunen Lehnstuhl, einem erbsengrünen Kabinettschrank und noch mehr Regalen mit Kerzen. Sehr merkwürdig.
    Links von mir hustete jemand und ich wandte den Kopf. Ein blasser, dünner Mann mit einem weißen Gewand, wei- ßen Flipflops und einen dreieckigen weißen Hut auf dem Kopf saß eine Reihe vor uns. Noah und ich blickten uns an. Die anderen Teilnehmer waren normaler angezogen: Eine stämmige Frau mit kurz geschnittenen, blonden Locken und Shorts fächelte sich mit einer Broschüre Luft zu. Zwei identisch aussehende mittelalte Männer mit Schnurrbärten saßen in der äußersten Ecke des Raums und flüsterten miteinander. Sie trugen Jeans.
    In diesem Moment trat der Sprecher ans Pult und stellte sich vor. Ich war überrascht, dass er einen adretten Anzug trug, schließlich hieß es, er sei ein Priester. Welche Art von Priester, wusste ich nicht.
    Mr Lukumi ordnete seine Blätter, ehe er mit einem breitenLächeln die wenigen belegten Plätze in Augenschein nahm. Dann trafen sich unsere Blicke. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung.
    Ich drehte mich um, weil ich mich fragte, ob jemand anders seine Aufmerksamkeit erregt hatte, doch hinter uns saß niemand. Mr Lukumi räusperte sich, aber seine Stimme zitterte, als er zu sprechen begann.
    Ich war paranoid. Paranoid, paranoid, paranoid. Und dumm. Ich konzentrierte mich auf den Vortrag und auf Noah, der mit übertriebenem Interesse zuhörte. Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte, aber sicher nicht, dass Mr Lukumi über die mystischen Eigenschaften von Kerzen und Perlenketten referieren würde.
    Noah unterhielt mich königlich, indem er tat, als würde er intensiv zuhören, und dabei an den unpassendsten Stellen immer wieder nickte und murmelte. In der Zwischenzeit reichten wir uns das kubanische Sandwich hin und her; einmal hatte ich solche Mühe, nicht loszulachen, dass ich fast daran erstickte. Wenigstens hatte ich auf die Weise nach dieser höllischen Woche ein bisschen wohlverdienten Spaß.
    Als die Rede zu Ende war, ging Noah nach vorn, um mit Mr Lukumi zu plaudern, während sich die wenigen anderen Teilnehmer nach und nach verzogen. Ich begann, mich ein wenig umzusehen.
    Es gab nur ein einziges kleines Fenster im Raum, das von einem Regal halb verdeckt wurde. In einem Gully gurgelte aufgestautes Regenwasser, was durch die Scheibe klang wie ein gedämpfter elektrischer Zimmerbrunnen. Ich studierte die Etiketten auf den Dutzenden von Fläschchen und kleinen Gefäßen, die vor mir standen: »Zauberbad«, »Stärkung des Liebeslebens«, »Glück« und »Verwirrung«.
    Verwirrung. Ich streckte die Hand aus und wollte mir das Fläschchen ansehen, als hinter mir ein Krähen ertönte. Ich fuhr herum und fegte dabei ein Kerzenglas vom Regal. Es fiel zu Boden, krachte auf die Fliesen und zersprang in tausend kleine Glassplitter. Noah und Mr Lukumi drehten sich um und im gleichen Moment kippte ein kleiner Silberbecher um, der mit Glöckchen versehen war.
    Mr Lukumis Augen huschten vom Becher zu mir. »Raus«, sagte er und kam auf mich zu.
    Sein Ton verschlug mir den Atem. »Tut mir leid. Es war keine –«
    Mr Lukumi ging in die Hocke und betrachtete das zerbrochene Glas, dann sah er zu mir auf. »Gehen Sie einfach«, sagte er, aber seine Stimme klang nicht böse, sondern drängend.
    »Augenblick mal«, sagte Noah mit einem gereizten Knurren. »Das ist kein Grund, sich gleich so aufzuregen. Ich bezahle das.«
    Mr Lukumi erhob sich aus der Hocke und wollte meinen Arm greifen, tat es dann aber doch nicht. Seine große Gestalt ragte einschüchternd vor mir auf.
    »Hier gibt es nichts für Sie«, sagte er langsam. »Bitte gehen Sie.«
    Noah stellte sich neben mich. »Weg da«, sagte er zu Mr Lukumi. Seine Stimme war leise. Und gefährlich. Der Priester gehorchte unverzüglich, ließ mich aber nicht aus den Augen.
    Ich war sprachlos und mehr als nur verwirrt. Alle drei standen wir regungslos neben der Tür. Im Nebenraum kicherte eines der Kinder. Ich versuchte mir darüber klar zu werden, was an meinem Tun so beleidigend gewesen war, und sah Mr Lukumi dabei aufmerksam ins Gesicht. Als unsere Blicke sich trafen, blitzte in seinen Augen etwas auf. Etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte.
    Wiedererkennen.
    »Sie wissen etwas«, sagte ich leise zu ihm, unsicher, woher dieser Gedanke plötzlich kam. Aus den Augenwinkeln registrierte ich Noahs überraschte Reaktion, ließ

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