Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
Vom Netzwerk:
spüren, die blütenzarte Haut seiner Lider unter meinen Fingerkuppen. Dann stieß er einen leisen Seufzer aus.
    Ich war wie berauscht von ihm und empfand eine Spur Mitleid mit Anna und all den anderen Mädchen, die meine Vorgängerinnen gewesen waren oder auch nicht, und für das, was sie verloren hatten. Diesem Gedanken schloss sich die Überlegung an, wie sehr es mich verletzen würde, ihn ebenfalls zu verlieren. Seine Gegenwart dämpfte meinen Wahnsinn, sie reichte fast aus, um mich vergessen zu machen, was ich getan hatte.
    Fast.
    Ich ließ die Hand zu Noahs Hand hinabgleiten und drückte sie. »Guten Morgen«, flüsterte ich.
    Er bewegte sich. »Mmmm«, murmelte er und lächelte dann mit halb geschlossenen Augen. »Das kann man wohl sagen.«
    »Wir müssen los«, sagte ich und wünschte, es wäre nicht so, »bevor meine Mutter dich hier findet.«
    Noah rollte sich herum und verharrte, auf die Ellbogen gestützt, zwei, drei Sekunden lang über mir, ohne mich zu berühren. Mein Herz hämmerte, als Noah lächelte, dann schlüpfte er aus meinem Bett und aus meinem Zimmer. Wir trafen uns in der Küche wieder, nachdem ich mich angezogen, gekämmt und generell wieder vorzeigbar gemacht hatte. Eingezwängt zwischen Daniel und Joseph grinste er mir über einem Becher Kaffee entgegen.
    »Mara!« Meine Mutter machte große Augen, als sie mich angezogen und auf den Beinen in der Küche erscheinen sah. Sie fasste sich schnell. »Kann ich dir irgendwas machen?«
    Noah nickte mir heimlich zu.
    »Äh, klar«, sagte ich. »Wie wär’s mit« – ich ließ die Augen über die Anrichte wandern – »einem Bagel?«
    Meine Mutter lächelte, nahm einen vom Teller und steckte ihn in den Toaster. Ich setzte mich den drei Jungen gegenüber an den Tisch. Keiner schien einen Kommentar darüber abgeben zu müssen, dass ich mich in den letzten Tagen in meinem Zimmer verkrochen hatte, und mir war das nur recht.
    »Dann geht es heute also in die Schule?«, fragte meine Mutter.
    Noah nickte. »Ich dachte, ich könnte Mara vielleicht mitnehmen«, sagte er zu Daniel. »Wenn dir das recht ist.«
    Ich runzelte die Stirn, aber Noah warf mir einen warnenden Blick zu. Er tastete unter dem Tisch nach meiner Hand. Ich schwieg.
    Daniel stand grinsend auf und ging mit seiner Schüssel zur Spüle. »Kein Problem. Dann komme ich wenigstens nicht zu spät.«
    Ich verdrehte die Augen. Meine Mutter schob mir einen Teller zu und ich aß schweigend neben ihr, während Joseph und Noah sich darüber unterhielten, am nächsten Wochenende in den Zoo zu gehen. Die gute Laune war an diesem Morgen fast mit Händen greifbar und ich spürte Liebe und Schuldgefühle in mir aufkeimen. Die Liebe erklärte sich von selbst. Die Schuldgefühle waren für das, was ich ihnen zugemutet hatte und vielleicht noch alles zumuten würde, wenn ich mein Problem nicht in den Griff bekam. Dann schob ich den Gedanken beiseite, gab meiner Mutter einen Kuss auf die Wange und ging zur Haustür.
    »Bereit?«, fragte Noah.
    Ich nickte, obwohl ich es nicht war.
    »Wohinfahren wir wirklich?«, fragte ich ihn, als wir unterwegs waren.
    »Calle Ocho 1821«, sagte Noah. »Du wolltest doch zurück zum Botanica-Laden, nicht?«
    »Daniel wird merken, dass wir nicht in der Schule sind.« Noah zuckte die Achseln. »Dann erzähle ich ihm, du hättest eine kleine Auszeit gebraucht. Er wird nichts verraten.«
    Ich hoffte, dass Noah recht behalten würde.
    Little Havanna war uns inzwischen sehr vertraut geworden, aber heute war dort ganz und gar nichts vertraut. Massen von Menschen drängten sich in den Straßen und schwenkten Fahnen zum Trommelrhythmus einer Musik, die von einem nicht lokalisierbaren Ort zu uns herüberschallte. Die Calle Ocho war für den Verkehr gesperrt, also mussten wir laufen.
    »Was ist das hier?«
    Noah musterte die bunt gekleideten Massen durch seine Sonnenbrille. »Ein Fest«, sagte er.
    Ich funkelte ihn gereizt an.
    »Komm, wir versuchen, uns durchzuzwängen.«
    Wir taten unser Bestes, kamen aber nur langsam voran. Die Sonne brannte auf uns herab, während wir uns einen unsteten Weg durch die Menge bahnten. Mütter hielten Kinder mit bemalten Gesichtern an den Händen, Männer schrien sich über die Musik hinweg etwas zu. Auf den Bürgersteigen standen Tische, damit die Gäste sich beim Essen die Festivitäten ansehen konnten. Eine Gruppe Männer lehnte an der Wand des Zigarrenladens und im Domino Park drängten sich die Schaulustigen. Ich suchte die Ladenfront nach dem

Weitere Kostenlose Bücher