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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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könnten wir beide damit fertigwerden.
    Noah parkte am Bordstein direkt vor dem Zoo. Ich hatte keine Ahnung, wie er es geschafft hatte, uns nach Torschluss Zugang zu verschaffen, und fragte auch nicht. Eine künstliche Felslandschaft, die über einem angelegten Teich aufragte, begrüßte uns beim Eintreten. Das Wasser war mit schlafenden Pelikanen gesprenkelt, die die Köpfe unter die Flügel gesteckt hatten. Auf der gegenüberliegenden Seite des Rundwegs standen Scharen von Flamingos, die im Licht der Halogenstrahler zartrosa leuchteten. Die Vögel waren stumme Wächter, die unsere Gegenwart weder zur Kenntnis nahmen noch kommentierten.
    Hand in Hand spazierten wir tiefer in den Park, während ein heißer Wind durch die Blätter und unsere Haare strich, vorbei an den Gazellen und Antilopen, die aufschraken, als wir uns ihnen näherten. Hufe stampften auf den Boden und leise Warnrufe gingen durch die Herde. Wir beschleunigten unsere Schritte.
    Über uns raschelte etwas in den Zweigen, aber ich konnte in der Dunkelheit nichts erkennen. Ich las das Hinweisschild: weiße Gibbons rechts, Schimpansen links. Kaum hatte ich zu Ende gelesen, zerriss ein schriller Schrei die Luft und etwas fegte durch das Gehölz auf uns zu. Ich erstarrte innerlich wie äußerlich.
    Unmittelbar vor dem Graben blieb der Schimpanse stehen. Und es war keiner der süßen, braungesichtigen Herzensbrecher, die die Unterhaltungsindustrie normalerweise zu rekrutieren pflegte; dieser hier war riesig. Angespannt kauerte er am Abbruch des Grabens. Er starrte mich mit seinen fast menschlich wirkenden Augen an und sein Blick folgte uns, als wir davongingen. Mir standen die Haare zu Berge.
    Als wir zu einem kleinen, von Pflanzen und Bäumen verdeckten Gebäude kamen, trat Noah in eine schmale Nische und zog einen Schlüsselbund aus der Tasche. ZUTRITT NUR FÜR PERSONAL stand auf der Tür.
    »Was tun wir hier?«
    »Das ist ein Arbeitsraum. Sie bereiten eine Ausstellung über die Insektenwelt vor oder so ähnlich«, sagte Noah, als er die Tür aufschloss.
    Ich hasste die Vorstellung, irgendetwas zu töten, aber zumindest vermehrten sich Insekten wie – nun ja, Ungeziefer –, da würde es niemandem auffallen, wenn ein paar fehlten.
    »Wie hast du das denn herausgefunden?«, fragte ich und sah mich um. Meine Haut kribbelte. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass uns jemand beobachtete.
    »Meine Mutter arbeitet hier ehrenamtlich. Und spendet ihnen Unsummen von Geld.«
    Noah schaltete das Licht an, das auf einen langen Metalltisch in der Mitte des Raums fiel, und machte die Tür hinter uns zu. An den Wänden standen Metallregale mit Behältern und Plastikwannen. Noah ging an ihnen entlang und studierte die kleinen Beschriftungsschilder. Ich stand wie angewurzelt im Türrahmen und konnte sie von dort aus nicht lesen.
    Schließlich hielt er einen durchsichtigen Plastikbehälter in die Höhe. Ich kniff die Augen zusammen.
    »Was ist da drinnen?«
    »Blutegel«, sagte er leichthin und mied meinen Blick. Ich wurde von Ekel übermannt. »Nein, auf keinen Fall.«
    »Wie du willst.«
    Ich schauderte. »Such etwas anderes aus«, sagte ich und durchquerte den Raum. »Da.« Ich deutete auf einen lichtundurchlässigen Kübel mit einer Beschriftung, die ich nicht aussprechen konnte. »Blablabla-Skorpione.«
    »Die sind giftig«, sagte Noah und musterte mich.
    »Umso besser.«
    »Außerdemsind sie vom Aussterben bedroht.«
    »Na schön«, sagte ich. Meine Stimme klang ebenso zittrig, wie sich meine Knie anfühlten, als ich zu einem durchsichtigen Kasten hinüberging und darauf zeigte: »Die ätzend große Spinne da.«
    Noah kam herüber und las, was auf dem Schild stand. Er hielt den Behälter mit Blutegeln immer noch fest – viel zu fest – an sich gedrückt und ich wich vor ihm zurück. »Auch giftig«, sagte er gleichmütig.
    »Das macht die Sache nur noch verlockender.«
    »Sie könnte dich beißen, bevor du sie tötest.«
    Mir sprang fast das Herz aus der Brust. »Eine prima Gelegenheit für dich, deine Heilkünste unter Beweis zu stellen«, stieß ich hervor.
    Noah schüttelte den Kopf. »Nein, ich setze dein Leben nicht aufs Spiel.«
    »Dann such etwas anderes aus«, sagte ich und bekam vor Entsetzen fast keine Luft mehr. »Nicht die Blutegel.«
    Noah rieb sich die Stirn. »Die sind harmlos, Mara.«
    »Ist mir egal!« Ich hörte, wie die Insekten im Raum mit ihren Chitinflügeln gegen ihre Plastikgefängnisse schlugen. Ich war kurz vorm Durchdrehen und spürte, wie

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