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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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begegnet.«
    Daniel zuckte die Achseln. »Er kannte dich irgendwoher.«
    Ich schüttelte langsam den Kopf. »Und was sollte das Geflunker, Daniel? Warum habt ihr heute Morgen getan, als würdet ihr euch nicht kennen?«
    »Weil ich vermutet habe – und das zu Recht, wie ich hinzufügen möchte –, dass du sonst ausflippst. Und ganz ehrlich, Mara, du übertreibst. Du hast bei unserem Gespräch kaum eine Rolle gespielt. Wir haben uns vor allem über die Verbindung zwischen Kafka und Nietzsche und die parodistischen Sonette in Don Quichote unterhalten.«
    »Versuch bloß nicht, mich mit deinem schlauen Gequatsche abzulenken. Du kannst nicht einfach losziehen und Freunde für mich erbetteln. So ein Jammerlappen bin ich nun auch wieder nicht.«
    »Das habe ich gar nicht getan. Und selbst wenn, stehen die Freunde hier in Miami denn etwa Schlange für dich? Ist mir da etwas entgangen?«
    Ich erstarrte. »Das ist wirklich fies von dir«, sagte ich leise.
    »Da hast du recht. Es ist fies. Aber schließlich bestehst du ja immer darauf, dass wir dich ganz normal behandeln sollen, also beantworte die Frage. Hast du dich mit noch jemandem angefreundet, seit wir hier angekommen sind?«
    Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Ja, habe ich.«
    »Mit wem? Ich will einen Namen.«
    »Jamie Roth.«
    »Der Ebola-Junge? Der soll ein bisschen neben der Spur sein, habe ich gehört.«
    »Er hat ein Mal über die Stränge geschlagen.«
    »Nicht nach dem, was ich gehört habe.«
    Ich knirschte mit den Zähnen. »Ich verachte dich, Daniel. Ehrlich.«
    »Ich hab dich auch lieb, Schwesterherz. Gute Nacht.« Ich ging in mein Zimmer und knallte die Tür zu.
    Alsich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich so bleiern, als hätte ich zu viel geschlafen. Ich sah auf die Uhr: 7.48 Uhr.
    Fluchend sprang ich aus dem Bett und rannte los, um mich anzuziehen. Doch an meinem Schreibtisch hielt ich kurz inne. Eine kleine weiße Pille lag auf einer Serviette. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Die Vorstellung, sie zu nehmen, war mir verhasst, wirklich verhasst . Aber das Debakel auf der Kunstausstellung machte mir Angst, ganz zu schweigen von der Badewannengeschichte in der vergangenen Woche. Ich wollte nicht noch einmal vor Noah durchdrehen. Ich wollte einfach nur normal sein. Für ihn. Für meine Familie. Für alle.
    Ehe ich noch einmal darüber nachdenken konnte, nahm ich die Tablette und schoss aus dem Zimmer. Ich stieß mit meinem Vater zusammen, der gerade um die Ecke bog und die Sammelmappe fallen ließ, die er in den Händen gehalten hatte. Seine Papiere segelten in alle Richtungen.
    »Whoa, wo brennt’s denn?«, sagte er.
    »Tut mir leid. Ich muss los, ich komme zu spät zur Schule.«
    Er machte ein verwirrtes Gesicht. »Daniels Auto ist nicht mehr da. Ich wusste gar nicht, dass noch jemand zu Hause ist.«
    »Ein Freund nimmt mich mit«, sagte ich, während ich mich bückte, um die Blätter aufzusammeln. Ich ordnete sie und gab sie meinem Vater zurück.
    »Danke, Liebes. Wie ist es dir ergangen? Ich sehe dich überhaupt nicht mehr. Dieser blöde Prozess.«
    Ungeduldig wippte ich hin und her. Ich wollte zu Noah, bevor dieser aus dem Auto stieg. »Wann ist es denn so weit?«
    »Die Eröffnungsplädoyers finden in zwei Wochen statt und die Verhandlung ist auf eine Woche angesetzt«, sagte er und küsste mich auf die Stirn. »Wir reden noch mal, bevor ich ins Base Camp aufbreche.«
    Ich hob fragend die Augenbrauen.
    »Ich ziehe mich in ein Hotel zurück, um mich auf den Prozess vorzubereiten.«
    »Ah.«
    »Keine Bange. Wir setzen uns noch mal in Ruhe zusammen, bevor ich verschwinde. Und jetzt geh. Ich hab dich lieb.«
    »Ich dich auch.« Ich streichelte seine Wange und schob mich an ihm vorbei in die Diele, wo ich mir die Tasche über die Schulter warf. Als ich die Eingangstür aufriss, stand Noah bereits davor.
    Von unten nach oben betrachtet, setzte sich Noah an diesem Morgen aus folgenden Zutaten zusammen:
    Schuhe: graue Chucks. Hose: dunkelgrauer Tweed.
    Hemd: dünnes, schmal geschnittenes und über der Hose getragenes Herrenhemd. Superschmaler Schlips, lose um den offenen Hemdkragen geschlungen, darunter ein bedrucktes T-Shirt.
    Alter der Bartstoppeln: drei bis fünf Tage. Lächeln: verschmitzt.
    Augen: blau und unendlich tief. Haare: ein göttliches Durcheinander.
    »Guten Morgen«, sagte er mit warmer Stimme. O Hilfe!
    »Morgen«,schaffte ich es zu erwidern und musste die Augen zusammenkneifen. Ob es nun an der Sonne lag

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