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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
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sie nicht mehr dieselben.
    Erinnerst du dich, du zaubertest diese quietschorangenen Kondome hervor, die zu allem Überfluss auch noch nach Tuttifrutti rochen. Und du stelltest die Musik so laut, dass das ganze Haus ins Schwingen kam. Die CD lief in Endlosschleife den ganzen restlichen Tag, bis in die Nacht hinein. Ich werde sie nie mehr aus dem Kopf bekommen. Du?
    Weißt du noch, du wickeltest mich aus wie ein Geschenk. Und es gab auch tatsächlich eins. Ein schwarzes. Ein viel zu teures. Eins aus Spitze. Ich weiß nicht, wieso ich es trug. Man liest so viel und sieht so viel. Darüber, wie es sein soll. Aber es ist ganz anders. Du zogst es mir gleich aus. »Dich will ich sehen«, sagtest du und deine Hände glitten über meinen Körper wie Hunderte Male zuvor. Nur das Ziel, das sie verfolgten, war ein neues.
    Ich zog dich auch aus. Schneller. Ich hatte die Geduld nicht. Etwas in mir drängte. Ein schönes Drängen. Ein neues Drängen.
    Â»Ich will dir nicht wehtun«, sagtest du.
    Â»Aber wenn doch, dann macht das nichts«, sagte ich. Und es machte wirklich nichts. Als müsste es schmerzen, um gut zu werden. Vielleicht tut es immer weh, wenn aus zwei eins wird.
    Â»Ist das so richtig?«, fragtest du. Wie konnte es falsch sein? Du warst es. Ich war es. Es waren wir.
    Â»Entschuldige«, sagtest du, als alles vorbei war.
    Â»Wofür denn?«
    Â»Weil du nicht gekommen bist.«
    Und ich sagte: »Ich bin doch schon längst da.«
    * * *
    Â»Die Operation war erfolgreich.« Ricos Mutter kommt im Flur auf mich zu. Sie sieht aus wie jemand, der etwas Schreckliches gesehen hat und versucht, es zu vergessen. »Sie haben ihn gerade aus dem OP gebracht. Es ist jetzt alles …«
    Â»Angeschlossen?«
    Â»Ja.« Sie bebt. Von den Schultern bis zum Zwerchfell. Dann strafft sie sich. »Jetzt ist erst mal ein Status quo erreicht, von dem aus wir weiter aufbauen können.«
    Â»Ja.«
    Â»Der Arzt sagt, die Narbe am Hals wird nicht so schlimm sein, da er ja nicht mehr im Wachstum ist. Und die am Bauch, die sieht man ja sowieso nur, wenn …«
    Dann.
    Â»Ja.«
    .Kannst du mal die Lupe aus meinem Gesicht nehmen?
    .Gleich.
    .Was guckst du denn da? Ob ich einen Damenbart habe?
    .Ich inspiziere meine Lieblingsstelle.
    .Und was gibt es Neues?
    .Deine Narbe sieht aus wie Sylt. Wusstest du das?
    .Nein, wusste ich nicht.
    .Sylt muss ja sehr schön sein. Dann passt es.
    .Was findest du nur an ihr?
    .An Sally?
    .Dass du ihr einen Namen gegeben hast, ist irgendwie psycho.
    .Sie ist einfach schön. Hübsch geformt. Sie ist so einzigartig. Und sie birgt ein Geheimnis.
    .Du spinnst.
    .Ja?
    Â»Du kannst gerne rein. Ich wollte mir sowieso gerade einen Kaffee holen. Ich werde ein wenig spazieren, denke ich. Ich bin schon ganz steif.«
    Â»Ist gut.«
    Sie geht nicht. Sie schaut mich an. »Wie oft wir uns jetzt sehen«, sagt sie. Sie will noch etwas hinzufügen, aber sie tut es nicht. Und auch ich lasse ihre Worte im Raum stehen.
    Sie geht einen Schritt, ist schon fast an mir vorbei, da sagt sie doch noch etwas, etwas anderes. »Elena. Auch wenn das jetzt erst mal wie ein Rückschritt aussieht, schauen wir nach vorne.«
    Â»Ich weiß.«
    Ich klopfe nicht. Er kann mich nicht hereinbitten. Er muss nehmen, was durch die Tür kommt.
    Â»Hallo.« Ich bleibe am Fußende stehen und sehe ihn an. Seine Lippen sehen aus, als wäre er durch einen langen Schneesturm gegangen. Sie sind rissig, trocken, blass. Der Tubus ist weg, der Schlauch hinuntergewandert zu seinem Hals. Irgendetwas stimmt mit dem Bett nicht. Es bewegt sich. Es bewegt ihn. Ich taste mit der Hand unter die Bettdecke. Unsichtbare Wellen rauschen durch die Matratze.
    Â»Das ist gegen Dekubitus.« Er ist so leise hereingekommen, dass ich es nicht bemerkt habe. Er trägt ein Tablett mit überdimensionalen Wattestäbchen und einer Flüssigkeit in einem Schälchen. »Druckstelle vom langen Liegen. Nekrotisches Gewebe. Faules Fleisch.«
    Â»Ich weiß, was ein Dekubitus ist.«
    Er stellt das Tablett auf Ricos Nachttisch. »Jetzt ist Mundhygiene dran. Zähneputzen für Zombies.«
    Â»Wie kann man nur so sein wie du?«
    Â»Ganz einfach. Immer schön die Wahrheit sagen.« Er nimmt das Wattestäbchen, tunkt es in die Flüssigkeit. »Und schön A machen«, sagt er und öffnet Ricos Mund.
    Das Wattestäbchen dringt in ihn ein,

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