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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
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reibt mal links, mal rechts in seine Wangentasche.
    Â»Was ist das für ein Zeug?«
    Â»Lösung zur Pflege der Mundschleimhaut. Mal probieren?« Er deutet zum Schälchen. »Mach dir einen Lolli, wenn du willst.«
    Ich will.
    Ich will wissen, was Rico schmeckt.
    Â»Soll das Zitrone mit Nagellackentferner sein?«
    Â»Bingo. Wir haben auch noch Honig mit Terpentin und Apfel mit Spiritus. Sie sind extra widerwärtig gemixt, damit die Patienten mehr Grund haben aufzuwachen.«
    Â»Muss das denn sein?«
    Â»Sonst gibt es Pilze und andere Widerlichkeiten. Er schluckt ja nicht. Da rührt sich nichts. Stehendes Gewässer. Kann kippen.«
    Er ist fertig, nimmt das Wattestäbchen aus dem Mund. Ich schaue nicht hin. »So, jetzt ist er wieder fit für Zungenküsse.«
    Â»Du bist wirklich der abscheulichste Mensch, den ich kenne.«
    Â»Danke für die Blumen.« Er geht bis zur Tür, dreht sich dann wieder um. »Komm mit.«
    Â»Wieso um alles in der Welt sollte ich …«
    Â»Komm einfach.«
    Ich stehe auf. Keine Ahnung, wieso.
    Im Flur verschränkt er die Arme vor der Brust.
    Â»Was denn jetzt?«
    Â»Ich denke, du solltest ihn mir zeigen.«
    Â»Was zeigen?«
    Â»Den Zettel, den du so dringend vor mir verbergen wolltest.«
    Â»Wie bitte?«
    Â»Du scheinst ein Problem mit dem Teil zu haben und ich bin ziemlich gut darin, anderer Leute Probleme zu knacken.«
    Â»Bist du nicht eher gut darin, anderen Leuten Probleme zu machen?«
    Â»Es gibt immer zwei Seiten der Medaille.«
    Â»Der Zettel geht dich nichts an.«
    Â»Was ist es? Eine Liste seiner Seitensprünge? Du könntest die Tussis eine nach der anderen aufsuchen und ihnen eine reinhauen. Oder bring sie mit, das wäre auch eine gute Schocktherapie. Sie sollen alle nackt ins Zimmer kommen und Wake me up before you go go singen. Da hätte das Personal dann auch was von.«
    Â»Du bist echt krank.«
    Â»Oder eine Schatzkarte? Eine Einkaufsliste? Die Dinge, die er dir immer schon mal sagen wollte, aber sich nie getraut hat. Baby, sorry, aber du stinkst aus dem Mund. Ich stehe eigentlich auf Typen. Eine ausgetrocknete Freundin ist irgendwie Sex mit der Wüste Gobi.«
    Â»Eine Top Ten, du Arsch.«
    Er nickt und sagt nichts.
    Â»Was?«
    Er wartet, sagt nichts.
    Aber ich: »Die Top Ten der Dinge, die er machen wollte, bevor er stirbt.«
    Â»Wow.«
    Â»Was?«
    Â»Das ist krass.«
    Â»Es ist nur eine Liste von Sachen, die er halt mal machen will.«
    Â»Krass.«
    Ja.
    Â»Und jetzt willst du das Teil so lange in der Hosentasche rumtragen, bis es atomatisiert ist?«
    Â»Ist doch meine Sache, was ich damit mache.«
    Â»Du kannst das nicht einfach ignorieren.«
    Â»Was soll ich denn bitte schön damit machen?«
    Â»Siehst du, du denkst auch, dass ich der Richtige bin, um dein Problem zu knacken.« Er seufzt zufrieden. »Du bist verzweifelt, ratlos. Du sabberst um Hilfe. Ja, ich sehe, du bettelst ja förmlich danach, dass ich dir helfe.«
    Â»Arschloch.«
    Ich hole die Liste aus der Hosentasche und drücke sie ihm in die Finger. Dann schaue ich weg. Ich will nicht sehen, wie er die Augenbrauen hochzieht, grinst. Es reicht schon, dass ich ihn mit der Zunge schnalzen höre.
    Â»Wie oft hast du schon gehört, dass du dich, sobald er wach wird, darauf freuen kannst, mit zweihundert Sachen zum vollgedröhnten Sex am Badestrand zu rasen, bevor du verheiratet wirst?«, fragt er und grinst nicht.
    Â»Zu oft.«
    Â»Dachte ich mir. Keiner will sehen, dass er genauso gut sterben kann, bevor er den Kram hier erledigt hat, richtig?«
    Ich will protestieren, ihm den Mittelfinger zeigen, ihn anschreien, wegstoßen, treten. Ich sage: »Richtig.«
    Â»Aber das kann er. Er kann genauso gut sterben wie aufwachen. Das muss dir klar sein.«
    Ja?
    Â»Ja.«
    Er schaut mir direkt in die Augen. »Und wenn du mich nach meinem ultimativen Rat fragst, dann sag ich dir: Fang am besten gleich heute damit an, die Liste abzuarbeiten. Das würde ihm sicher mehr bedeuten, als mit Delfingejaule und Heileweltgetue tyrannisiert zu werden.«
    Er geht, verharrt und dreht sich noch einmal um. »Und dir auch.«
    * * *
    Weißt du noch, dieses elternlose Wochenende, die Tage, nachdem wir es getan hatten. Wir waren so glücklich.
    Â»Und jetzt?«, fragtest du.
    Â»Jetzt wühlen wir in allen Schubladen und finden Tagebücher

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