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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
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entdeckten es im Wald, weit ab von allen Wegen. Weil du querfeldein laufen wolltest. So weit, bis das Handy keinen Empfang mehr hatte.
    Â»Wieso denn nicht die Wege?«, fragte ich.
    Und du sagtest: »Weil man nur im Durcheinander etwas entdecken kann, das man noch nicht kennt.«
    Â»Halluzinogene Pilze?«
    Â»Rehe! Alte Bombenkrater! Feen, Elfen, Zwerge.«
    Â»Du hattest schon einen Pilz, gib es zu.«
    Du nahmst mich an der Hand. Über Stock und Stein. Überall wuchsen wilde Brombeeren und ich trug nur eine kurze Hose. Nach ein paar Hundert Metern sahen meine Schienenbeine aus, als hätte sie ein wildes Tier zwischen den Krallen gehabt. »Na toll, guck dir das an.« Du bist in die Knie gegangen, holtest ein Taschentuch aus der Hosentasche, spucktest darauf. Dann tupftest du die feinen Spuren Blut ab.
    Ich sagte: »Super, jetzt hab ich auch noch deine Bakterien drin.«
    Und du: »Das hilft. Glaub mir. Meine Mutter hat immer Spucke genommen, wenn ich mir wehgetan hatte. Deine nicht?«
    Du zeigtest mir das Taschentuch. Es war rosa. »Ich verwahre es«, sagtest du. »Wenn du mal verschwindest, lasse ich dich mit deiner DNA klonen.«
    Â»Noch mal so eine? Sicher?«
    Â»Na ja, ich lasse ein bisschen manipulieren. An manchen Stellen. Aber im Groben …«
    Du ranntest schon, bevor du den Satz beendet hattest. Ich jagte dich. Deine Hilferufe schallten durch den Wald und meine Verwünschungen hinterher. Als ich dich endlich hatte, stieß ich dich um. Du fielst weich. Auf Moos.
    Du zogst mich auf dich, nahmst meinen Arm und schautest dir die Haut zwischen Handgelenk und Ellenbeuge an. Du sagtest: »Jetzt passen deine Unterschenkel wenigstens zu deinen Unterarmen.«
    Ich zog meinen Arm weg und rutschte von dir runter.
    Du fragtest: »Hattet ihr mal eine Katze? Eine verdammt unerzogene, wenn. Oder hast du mal Kakteen gesammelt und es mit der Pflanzenliebe ein bisschen übertrieben?«
    Â»Ja.«
    Â»Ach komm, das glaub ich dir nicht.«
    Â»Glaub, was du willst.« Ich rotzte dir die Worte vor die Füße. Du solltest den Mund halten.
    So mochtest du mich nicht. Von Anfang an nicht. Also musstest du es dabei belassen und mich aus dem Schneckenhaus zerren, in das ich mich verschanzt hatte. An dem Tag versuchtest du es mit Kitzeln, weißt du noch? Ich wehrte mich mit Händen und Füßen, aber du gabst nicht auf, bis ich endlich aufgab.
    Das Moos war überall. In unseren Haaren und unserer Kleidung. Als grüner Film auf meinen Unterschenkeln und Unterarmen. »Ich hasse dich«, sagte ich.
    Und du: »Ich liebe dich auch.«
    Wir lagen nebeneinander. Die Sonne blitzte durch die Blätter. Unendlich viele Blätter. Sie bewegten sich kaum. Es war windstill.
    Â»Lass uns für immer hier so liegen«, sagtest du.
    Und ich: »Was wenn es regnet?«
    Da entdecktest du es. Genau in dem Moment. Es war so gut versteckt und doch entging es dir nicht. Du deutetest nach oben und ich folgte deinem Finger. »Wenn es regnet, gehen wir da hin.«
    Es war nicht groß. Wahrscheinlich hatten es Kinder gebaut aus allem, was sie im Wald und auf dem Sperrmüll finden konnten. Wir stiegen hoch an Sprossen, die der Erbauer an den Baumstamm genagelt hatte. Drinnen war es schummrig. Schmutzig. Es roch nach Wald und nach altem Herbstlaub. Etwas, das wie eine völlig verschlissene Sonnenliegenauflage aussah, lag auf dem Boden. Ein altes Poster, kaum noch zu erkennen, hing an Reißzwecken an der Wand. »Das ist Take That«, sagtest du.
    Und ich: »Oder noch älter. Wie hießen die noch mal. New Kids on the Block.«
    Du setztest dich auf das Sonnenliegenungetüm. »Lass uns Sex haben.«
    Â»Sehr appetitlich.«
    Â»Ja. Sehr.« Du zogst dich aus. Dann mich. Und als wir beide nackt voreinander knieten, sagtest du: »Es ist kein richtiges Haus. Aber ich werde ein richtiges Haus bauen. Vielleicht sogar hier oben. Für dich und mich. Und all unsere Kinder. Hier oben wird uns niemand finden und niemand kann uns etwas tun.«
    * * *
    Ich gehe voran. Mit großen Schritten. Ich öffne die Tür. Ich sprühe nur so vor Energie und Selbstverständlichkeit. Warte, bis sie sich neben mich stellen, einer links, einer rechts. Rede viel zu laut. Verkünde: »Guck mal, wen ich mitgebracht habe.«
    Â»Rico, alter Schwede. Das ist mal eine Art, sich um die Abivorbereitungen zu drücken!«, sagt Aron.
    Susanne boxt

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