Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
Vom Netzwerk:
Natürlich nicht.«
    Â»Als wenn es ihn jucken würde.«
    Â»Es würde ihn jucken.«
    Â»Er kann sich nicht mal kratzen.«
    Â»Ich erzähle es ihm, wenn er wieder wach ist.«
    Â»Oder er erfährt es eben nie.« Er deutet auf das Notizheft. »Versuchst du das Gedicht?«
    Ich stelle mich dumm, zucke mit den Schultern.
    Â»Das wird die schwerste Nummer von der Liste. Dich zum Heulen bringen. Wie soll das klappen?«
    Er ist schnell. Zu schnell. Und ich hab nicht damit gerechnet. Mit einem Griff hat er sich das Notizheft geschnappt. Ich will es zurückerobern, aber er dreht sich um, zeigt mir, egal wie schnell ich von links, von rechts komme, den Rücken, liest meine kläglichen Zeilen und kann es wie immer nicht lassen, in den offenen Wunden zu stochern.
    Â»Dein Lächeln, ich vermisse es so. Drum setz ich mich lieber schnell aufs Klo. Ich mache ne Wurst, die stinkt ja so. Da denkste, du bist hier im Zoo.«
    Â»Arschloch.«
    Er grinst. Klappt das Notizbuch zu und gibt es mir zurück. »So wird das nichts.«
    Â»Hast du vielleicht eine bessere Idee?«
    Â»Du musst das mit den Reimen lassen. Das kommt immer albern rüber. Gedichte müssen sich nicht reimen. Sie müssen nur in sich geschlossen sein.«
    Â»In sich geschlossen.« Ich äffe ihn nach. »Hast du heimlich Germanistik studiert, oder was?«
    Â»Gedichte schaffen es in wenigen Worten, ohne Erklärung, nur in Bildern, eine ganze kleine Welt zu erschaffen. Aber das geht nur, wenn du auch fühlst, was du schreibst. Wenn du dir selbst was vormachst, wie sollst du dann heulen, wenn du es liest.«
    Ich rolle das Notizheft zusammen und stecke es in die Hosentasche.
    Â»Ja, gut so. Mach mit was Leichterem weiter.« Er deutet nach unten, schräg neben den Stamm des Ahorns. »Da wäre ein guter Platz.«
    Â»Platz wofür?«
    Â»Für den Baum, den du pflanzt. Wacht er auf, kann er ihn sehen, sobald sie ihn in einen Rollstuhl verfrachten.«
    Â»Das ist das erste Mal, dass du das sagst.«
    Â»Was?«
    Â»Dass er aufwachen kann.«
    Â»Ich habe nie gesagt, dass er es nicht kann. Ich habe nur gesagt, dass du dich nicht drauf verlassen sollst.«
    Â»Man darf nichts pflanzen in einem öffentlichen Park.«
    Â»Das alles gehört dem Krankenhaus.«
    Â»Dann darf man es auch nicht.«
    Â»Ich kenn den Gärtner. Ist ein Kumpel von mir. Komm, ich nehm dich mit. Um diese Zeit hängt er immer im Schuppen rum und raucht einen Joint.«
    Â»Ich kann nicht. Ich geh gleich wieder zurück zu Rico.«
    Â»Der vermisst dich schon nicht.«
    Â»Ich hab seiner Mutter versprochen, dass ich warte, bis sie zurück ist.«
    Â»Das dauert nicht lang. Wir sagen ihm, was wir wollen, nehmen ein paar Züge und fliegen zurück auf Station.«
    Â»Aber nur eine Viertelstunde. Und ich fliege ganz bestimmt nicht.«
    Es ist das erste Mal, dass ich ihn von unten sehe, in seinem Schatten stehe. Wie viele Blätter wohl in diesen Ästen hängen? Unzählig viele. Im Herbst wird er sie alle abwerfen. Und im nächsten Frühjahr wird er neue austreiben. Jahrein, jahraus. Er wächst. Sein Stamm ist so dick, dass wir ihn nicht umarmen könnten, selbst dann nicht, wenn wir uns an den Händen hielten.
    .Das machen doch nur esoterische Freaks beim Sich-selbst-Finden.
    .Nur weil du es noch nicht ausprobiert hast, musst du es nicht gleich niedermachen.
    .Ich soll also allen Ernstes einen Baum umarmen? Und dann?
    .Dann kriegst du Energie.
    .So ein Schwachsinn.
    .Das ist kein Schwachsinn. Isabella und ich haben das immer als Kinder gemacht und danach konnten wir weiter springen und schneller laufen als die anderen aus der Bande. Komm. Stell dich auf die andere Seite und gib mir deine Hände.
    .Oh Mann. Aber nur dir zuliebe.
    .Du liebst mich also?
    .Das sagt man so. Dir zuliebe.
    .Du liebst mich.
    .Ja, ich liebe dich.
    .Jetzt brauche ich den Baum nicht mehr. Jetzt hab ich auch so einen Energieschub.
    Â»Hier entlang.«
    Ich folge ihm über die Wiese bis zu einem Schuppen. Die Tür ist verschlossen. Er schaut durch eins der Fenster und legt den Finger auf den Mund. Ich soll still sein. Mit einem Ruck reißt er die Tür auf und ruft: »Razzia. Drogenfahndung. Hände über den Kopf. An die Wand!«
    Eine Gestalt hechtet von einem völlig verdreckten Sofa, schleudert fahrig irgendwelches Zeug in Ecken und prallt gegen die Wand. Stöhnend hält

Weitere Kostenlose Bücher