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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
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Kinderklinik. An die Hauswand sind Clownsgesichter gemalt. Die können sie von drinnen gar nicht sehen.
    Der Rucksack ist schwer. Ich habe ihn von zu Hause bis hierher getragen. Dabei hätte ich sie auch hier auffüllen können. Im Besucherklo.
    Er lässt die Flügel hängen. Ich habe ihn vernachlässigt. Die Blätter haben sich nach innen gerollt, die Erde an seinem Fuß ist hart und trocken. Ich gieße alle Flaschen leer. Setze mich vor ihn. Starre ihn an. Aber die Blätter bleiben, wie sie sind.
    Es macht wohl keinen Sinn, darauf zu warten, dass sie sich aufrichten.
    * * *
    Weißt du noch, mein Geburtstag? Du wecktest mich mit Küssen. Stelltest den Stuhl unter die Klinke. Legtest Musik auf. Kamst, mit eine roten Rose zwischen den Zähnen auf mich zugekrochen. Ganz nackt. Die Rose roch gut. Sie hatte keine Stacheln.
    Â»Dein anderes Geschenk kommt noch«, sagtest du.
    Ich sah an dir herab. »Ist es das? Es sieht aus, als wollte es noch kommen.«
    Erinnerst du dich, ich wollte dich küssen, aber du nahmst den Kopf zurück. Du wolltest mich anschauen. Mein verschlafenes Ich. Mit diesem Blick, dem neuen, den du in den letzten Wochen immer öfter draufhattest. Ich konnte ihm nicht standhalten. Große braune Dackelaugen, in denen tausend Fragezeichen tanzten. Du fragtest nie. Aber dir fehlten so viele Antworten.
    Ich zog dich an mich, küsste dich doch. Mit geschlossenen Augen. Unsere Hände krallten sich in den Körper des anderen, als hätten sie Angst, etwas zu verlieren. Du wolltest in mich, ich wollte dich in mir. Wir wollten uns ganz nah sein. Eins sein.
    Aber das Timing meiner Mutter kam dazwischen. »Frühstück ist fertig!«, rief sie.
    Du weißt das nicht, aber so einen Geburtstag hatte ich noch nie zuvor erlebt. Dieser Anblick, der sich bot, als wir in die Küche kamen. Diese Happy Birthday -Girlande. Das Konfetti auf dem Tisch. Die Servietten. Snoopy. Passende Luftballons. Und der Kuchen. Mit Guss. Mit Schrift. Elena 17 . Mit Kerzen.
    Meine Mutter in einem Kleid, das ich nicht kannte. Sie sang. Und du mit ihr. Ich sollte die Kerzen auspusten. Alle auf einmal. Du musstest helfen. Und meine Mutter auch. Ich wünschte mir, dass alles so blieb wie in diesem Moment.
    Du nahmst meine Mutter in den Arm und gratuliertest auch ihr. »Danke, dass du vor achtzehn Jahren diese Höllenqualen auf dich genommen hast, um dieses Meisterwerk auf die Welt zu bringen.«
    Meine Mutter schnitt den Kuchen an. »Selbst gebacken«, sagte sie. Er schmeckte gut. Sie überreichte mir ein Geschenk, eingepackt mit Blumenpapier und Schleife. »Pack aus, mach schon.« Sie war ganz aufgeregt. So stolz, dass sie meinen Geburtstag nicht vergessen hatte. »Wir waren in der Stadt, wir zwei«, sagte sie und schaute dich an. »Das haben wir für dich besorgt. Und mein neues Kleid.«
    In dem Blumenpapier war eine Jeans. Eine teure. »Zieh an. Na los!« Sie passte wie angegossen. »Siehst du«, sagte meine Mutter. »Doch Größe 30.«
    Und du sagtest: »Du kennst dich bei deiner Tochter besser aus als ich.«
    Dein Geschenk war dieses unsäglich hässliche Kissen in Herzform. Dein Herz, das du dir zu gern aus der Brust und mir vor die Füße legen wolltest.
    Ich fand es scheußlich.
    Ich liebte es.
    * * *
    Er kommt genau auf mich zu, schiebt den Wagen, mit dem er mir den Weg abschneiden kann. Er hat mich nicht gesehen. Und ich will nicht gesehen werden.
    Ich öffne die Tür, die am nächsten ist. Ich höre seine Schritte, das Geräusch der Gummiräder auf dem Linoleumboden, dann ist es still und ich drehe mich um.
    Sie sitzt am Fenster, in einem Sessel, die Beine in eine Decke gehüllt, und schaut mich mit großen Augen an.
    Â»Entschuldigung«, sage ich. »Ich habe mich in der Tür geirrt.«
    Â»Unsinn.« Sie lallt wie eine Betrunkene.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Unsinn.« Sie ist kaum zu verstehen. »Du hast dich versteckt. Vor wem?«
    Â»Vor niemandem.«
    Sie lacht. Mit einer Gesichtshälfte. Es sieht aus wie die Fratze von irgendeinem Bösewicht bei Batman. »Würde ich auch manchmal gerne.«
    Â»Verstecken?«
    Sie nickt. Und macht eine Bewegung mit dem Kopf, die mich zu ihr lockt. »Komm.«
    Â»Ich hab es eilig.«
    Â»Ja ja. Komm trotzdem.«
    Jetzt sehe ich, dass sie ihre Hände nicht gebrauchen kann. Sie liegen wie zusammengerollte Blätter auf ihrem

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